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Green Finance: wie Banken Kundinnen und Kunden für ESG begeistern

, 20. Juni 2023

Fotocredit: Getty Images / HbrH

Lesezeit: 5 Minuten

Green Finance: wie Banken Kundinnen und Kunden für ESG begeistern

Nachhaltigkeit ist für Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland prinzipiell eine feine Sache. Eindruck aus der persönlichen Bubble: Beim Einkaufen schauen viele inzwischen genauer hin. Bei der Geldanlage ist das allerdings nicht so, und das wirft die Frage auf: Hat der fehlende grüne Daumen bei den Sparerinnen und Sparern etwas damit zu tun, wie Banken hierzulande die Themen Nachhaltigkeit, ESG und Green Finance angehen?

Umwelt- und Klimaschutz ist das drängendste Problem, um das sich die Politik in Deutschland kümmern sollte. So lautete im April das Ergebnis des ARD-DeutschlandTrends. Auch die Bereitschaft, nachhaltig einzukaufen, ist laut GfK zuletzt wieder gestiegen. Geht es aber um Investitionen und die eigenen Ersparnisse, spielen Nachhaltigkeitskriterien wie ESG (Environmental, Social, Governance) für Verbraucherinnen und Verbraucher eine geringere Rolle – zumindest im internationalen Vergleich. Das geht aus unserem Digital Banking Experience Report hervor. Bei der Wahl der Bank hat in den neun untersuchten europäischen Ländern die Nachhaltigkeit nur in Belgien und den Niederlanden eine noch geringere Bedeutung als in Deutschland.

Ranking: Kampf gegen den Klimawandel ist ein wichtiges Kriterium fuer die persoenliche GeldanlageVertrauensbonus der Banken

Das ist schade, denn die Finanzbranche ist ein ziemlich wichtiges Zahnrad im Transformationsgetriebe für den grünen Wandel. Tatsächlich werden sich viele der ESG-Ziele der Vereinten Nationen nur dann erreichen lassen, wenn sich das Finance Gap von mehreren tausend Milliarden Euro im Jahr schließen lässt. Genau dafür braucht es jedoch eine Finanzindustrie, die die Gelder dafür bereitstellt und organisiert – sei es über Kredite oder über Investitionen.

Deshalb nützt es zu verstehen, warum es ESG-Investments in Deutschland schwer haben. Zwei Antwortoptionen sind plausibel:

  1. Deutschlands Verbraucherinnen und Verbraucher haben ein Wissensdefizit. Ihnen ist das ganze Thema Green Finance und der Zusammenhang zwischen dem Finanzsektor und der Nachhaltigkeit nicht ausreichend klar. Warum sollte mein Depot helfen, CO2-Emissionen zu senken oder Arbeitsschutz und Gleichstellung zu fördern?
  2. Die Banken haben ein Vertrauensdefizit – ausgerechnet –, weil einige Initiativen als Green Washing enttarnt wurden und Kundinnen und Kunden nun verunsichert sind, obwohl sie eigentlich ein grünes Gewissen haben.

Der Blick in den DBX Report deutet auf Option 2 hin. Nur zwölf Prozent der Befragten in Deutschland sind uneingeschränkt davon überzeugt, dass Banken ihnen tatsächlich Zugang zu ESG-konformen Anlageprodukten bieten. Demnach sind die Banken am Zug, glaubwürdige Green-Finance-Angebote zu unterbreiten. Können sie nicht liefern, wenden sich die Deutschen ab und verlieren das Interesse am Thema.

ESG raus aus den Marketing-Teams holen

Um dorthin zu kommen, benötigen Banken eine klare und konsequente ESG-Strategie. Halbherzigkeiten wirken vertrauensschädigend. Ein vertrauensstiftendes Element der Strategie ist Transparenz. Kundinnen und Kunden wollen sicher sein können, dass sich vermeintlich nachhaltige Anlagen dann nicht doch als faule Eier entpuppen.

Transparenz herzustellen ist nicht ohne. Banken müssen dafür viele Daten zusammentragen, verknüpfen, bewerten und für verschiedene Kanäle aufbereiten. Ansätze wie Sustainable KYC helfen Banken, die eigenen Firmenkunden und Anlageobjekte besser und effizienter kennenzulernen. Die ESG-Thematik muss daher auch raus aus den Marketing-Abteilungen und rein in die gesamte Organisation – mit dem Vorstand als Sponsor. Nachhaltigkeit ist wie Digitalisierung ein Querschnittsthema, das alle angeht und in allen Prozessen berücksichtigt werden muss. Nachhaltigkeit betrifft das Risikomanagement ebenso wie Wertpapierberatung und die Baufinanzierung und reicht vom Front- über das Middle- bis ins Backoffice.

ESG-Strategie aus einem Guss herstellen

Möchte eine Bank nachhaltige Leistungen und ESG-konforme Produkte anbieten, die ihre Kundinnen und Kunden begeistern, dann sollte auch das Changemanagement in Richtung Sustainable Finance nachhaltig angelegt sein und Priorität in der Geschäftsleitung genießen. Nur wenn Banken das Thema ernst nehmen, werden dies auch ihre Kundinnen und Kunden tun. Wie das gelingt, lässt sich in einem Gastbeitrag bei Tagesspiegel Background nachlesen.

Zu einer ESG-Strategie aus einem Guss gehören auch mehr Effizienz und Tempo. Banken haben mit einer Vielzahl von regulatorischen Anforderungen zu kämpfen, die sie priorisieren müssen. Dieser Druck der Regulierungsbehörden in Sachen Nachhaltigkeit wird in den kommenden Jahren nicht nachlassen. Im Gegenteil: Während die Taxonomie der Europäischen Union bislang die grüne Transformation der Unternehmen adressiert, sind die Arbeiten an der Social Taxonomy bereits in vollem Gange. Der Finanzsektor muss also nicht nur lernen, mit den Klimarisiken umzugehen und diese in seinen Analysen zu berücksichtigen, sondern auch soziale und Governance-Faktoren seiner Kundinnen und Kunden verlässlich zu bewerten.

Ein engeres Zusammenspiel von IT, Business Development und Fachabteilungen ist dafür unerlässlich. Das schreit förmlich nach einer automatisierten Datenversorgungsplattform, auf der alle Informationen und Prozesse zusammenlaufen (Anm. der Red.: Wer speziell zu der Plattform mehr wissen möchte, unsere Sopra-Steria-Next-Experten haben dazu ein Vorgehensmodell und eine Referenzarchitektur zur effektiven Steuerung von ESG-Programmen entwickelt.  Kontakt: Armin Rheinbay).

Sind diese strategischen Grundpfeiler eingesetzt und verankert, lassen sich auch Technologien wie Künstliche Intelligenz viel effektiver nutzen, beispielsweise für die Datenauswertung. In das Risikomanagement fließen dann beispielsweise Klima- und Umweltdaten ein, aus denen sich ableiten lässt, welche Assets infolge der Klimakrise von einem Wertverfall bedroht sind. Das reicht von Immobilien, die sprichwörtlich im Meer versinken, bis hin zu Unternehmen, die mit ihren Geschäftsmodellen zu sehr auf fossile Energie setzen und daher drohen, transitorischen Risiken anheimzufallen.

Ernsthaftigkeit gewinnt

Es sind somit nicht die schnell programmierten CO2-Verbrauchsrechner, die Kundinnen und Kunden zu ESG-Sparern machen. Die zentrale Empfehlung an die Banken ist der ernsthafte Angang. Wenn Banken selbst überzeugt sind, dass Nachhaltigkeit eine gute Sache ist – gut für die Gesellschaft und gut fürs Geschäft –, dann wird sich diese Überzeugung auf die Kundinnen und Kunden übertragen. Diese werden im Ergebnis an die Nachhaltigkeit der Hausbank glauben und dadurch auch bereit sind, selbst durch entsprechende Investments ihren Beitrag zum Erreichen von Nachhaltigkeit zu leisten.