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CSRD-Berichtspflichten sind eine Daueraufgabe

, 3. Juli 2024

Lesezeit: 6 Minuten

CSRD-Berichtspflichten sind eine Daueraufgabe

Nachhaltigkeit ist eines der großen gesellschaftlichen und politischen Themen. Getrieben von EU-Taxonomie und Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) stehen Unternehmen verschiedener Branchen vor einem Berg von Arbeit – und häufig vor Herausforderungen in der Datenbeschaffung und -aufbereitung. Sandra Hutter und Niklas Schwermann von Sopra Steria Next erläutern, wie sie Unternehmen helfen, die Berichtsinhalte zu generieren.

Durch die CSRD-Berichtspflicht müssen künftig noch mehr Unternehmen eine nichtfinanzielle Erklärung abgeben. Wie sind sie darauf vorbereitet?

Niklas Schwermann: Schrittweise fallen zirka 15.000 statt zuvor rund 500 Unternehmen mit Sitz in Deutschland unter die CSRD-Berichtspflicht. Die ersten müssen schon für das Geschäftsjahr 2024 einen Nachhaltigkeitsbericht abgeben. Viele Unternehmen sind mit der nichtfinanziellen Berichterstattung noch nicht so vertraut wie beispielsweise börsennotierte Konzerne oder Banken, die bereits nach der Non-Financial Reporting Directive (NFRD) berichten mussten.

Die Mehrheit der Firmen ist zwar für das Thema bereits sensibilisiert, doch stellt es für viele Unternehmen eine große Herausforderung dar. Denn sie sind, gemessen an den Schwellenwerten für Umsatz, Bilanz oder Mitarbeiteranzahl, groß genug, um unter die Berichtspflicht zu fallen. Gleichzeitig fehlen ihnen aber die Strukturen für eine Nachhaltigkeitsberichterstattung im Ausmaß von CSRD und EU-Taxonomie. Sowohl in fachlicher und organisatorischer Hinsicht als auch systemseitig betreten sie Neuland.

Sandra Hutter: Dazu kommt: Die CSRD erweitert nicht nur den Kreis der Betroffenen, sondern auch den Inhalt der Nachhaltigkeitsberichterstattung erheblich. Die Faktoren Zeit, Know-how und Fachkräfte spielen hierbei eine ganz wesentliche Rolle. Die Umsetzungsfristen sind knapp, und die Unternehmen müssen ihre Berichterstattung rasch anpassen. Gleichzeitig ist es wichtig, die regulatorischen Anforderungen in ihrer Gesamtheit zu erfassen. Betroffene müssen nicht nur ihre eigenen spezifischen Themen verstehen, sondern auch den übergreifenden Zusammenhang aller Nachhaltigkeitsaspekte. Dies erfordert ein tiefes Verständnis der Materie, Zeit und Ressourcen. Außerdem verändern sich die Regularien und neue kommen hinzu. Es ist also viel im Wandel.

Was ist so kompliziert an der Berichterstattung nach CSRD und EU-Taxonomie?

Niklas Schwermann: Hinsichtlich der CSRD sind der methodische Teil zur Definition der Berichtsinhalte und das Verständnis, was genau berichtet werden muss, komplex. Zunächst gilt es, per Wesentlichkeitsanalyse zu bestimmen, welche Datenpunkte aus den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) offengelegt werden müssen. Allein der Prozess der Wesentlichkeitsanalyse zur Bestimmung und Bewertung der Impacts, Risks & Opportunities (IROs) ist sehr individuell und kann aufwendig sein.

Nach dieser Analyse gilt es, die Berichtsinhalte zu generieren. Die Schwierigkeit liegt darin, dass viele Daten noch nicht oder nur in Teilen vorhanden sind – gerade bei Themen wie Biodiversität sind Kennzahlen kompliziert zu bilden. Vor dem Hintergrund, dass Unternehmen ihre vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette sowie alle konsolidierten Firmen wie Töchter und Beteiligungen in die Erhebung einbeziehen müssen, steigt die Komplexität je Datenpunkt massiv an. Zudem sind die eingeforderten Datenpunkte qualitativ – es müssen beispielsweise Risiken, Strategien und Maßnahmen angegeben werden.

Sandra Hutter: Die CSRD zwingt die Finanzbranche und die Realwirtschaft somit dazu, sich ernsthaft mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen. Es wird durch die CSRD-Berichterstattung nicht mehr nur als Compliance-Aufgabe betrachtet, sondern als strategischer Faktor für den langfristigen Erfolg. Unternehmen wie Banken und Sparkassen sind verpflichtet, transparent über ihre Nachhaltigkeitsziele und -maßnahmen zu berichten sowie ihre Nachhaltigkeitsstrategien zu konkretisieren. Sie müssen darstellen, wie stark sie sich in ihrer Nachhaltigkeitsverantwortung engagieren. Welche konkreten Maßnahmen planen sie, um diese Ziele zu erreichen? Das ist ein enorm wichtiger Schritt in Richtung einer nachhaltigeren Wirtschaft und Gesellschaft – auch wenn das natürlich viele Herausforderungen mit sich bringt.


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Welche Branchen sind besonders stark betroffen?

Niklas Schwermann: Die Komplexität der CSRD trifft insbesondere Unternehmen mit umfangreicher Infrastruktur und Anlagen, Firmen mit einer langen Wertschöpfungskette und mit weit verzweigten Unternehmensbeteiligungen. Dazu zählt beispielsweise der Energie- und Versorgungssektor. Hier haben wir eine starke Fragmentierung mit vielen Stadtwerken, Ver- und Entsorgungsunternehmen sowie Energieerzeugern. Sie haben besonders viel Infrastruktur wie Kraftwerke, Netze und eine Wertschöpfungskette mit Tochterunternehmen und Partnern – beispielsweise Netzbetreibern, Speicherunternehmen und E-Mobility-Ladesäulen. Die Datenerhebung ist hier besonders aufwendig, und der Anspruch ist durch eine intrinsische Nachhaltigkeitsmotivation sehr hoch.

Sandra Hutter: Finanzinstitute wie Banken und Sparkassen sind ebenfalls stark betroffen. Um ihre eigenen Berichtspflichten erfüllen zu können, sind sie unter anderem auf Zahlen der Realwirtschaft angewiesen. Die Herausforderung dabei ist die Gleichzeitigkeit des erstmaligen Betroffenseins und der dadurch bestehenden Datenlücke. Ein Beispiel hierfür ist die Berechnung der finanzierten Emissionen. Sie hängt von den kundenspezifischen Emissionsdaten ab, die zum großen Teil noch nicht vorliegen.

Wie können Unternehmen diese Daten sammeln und ihre Berichtspflichten erfüllen?

Niklas Schwermann: Wichtig ist, nicht blind loszulaufen. Zunächst einmal sollten die Berichtsanforderungen verstanden werden. Erst dann sollten die Daten im Unternehmen, bei Töchtern sowie Zulieferern erhoben und zusammengetragen werden. Es ist ein großer Vorteil, standardisierte Vorlagen und Methoden zu haben, um der vielen Datenquellen je geforderten Datenpunkt Herr zu werden. Den Prozess sollten die Unternehmen so digital wie möglich gestalten, Templates bauen und teilautomatisieren. Die IT-Abteilung muss von Anfang an mit im Boot sitzen. Zudem muss die Kommunikation alle Abteilungen und Mitarbeitenden ansprechen, damit sie diese Daueraufgabe im Blick haben. In den ersten Jahren wird es für die Wirtschaftsprüfer vor allem darum gehen, zu prüfen, ob die Daten plausibel sind, deren Herkunft sauber dokumentiert ist und ob der Prozess von der Wesentlichkeitsanalyse bis hin zum finalen Bericht nachvollziehbar begründet ist.

Sandra Hutter: Die IT-Systeme sollten flexibel genug sein, um mit der Geschwindigkeit, mit der sich Nachhaltigkeitsanforderungen ändern, mithalten zu können. Banken und Unternehmen sind noch immer von zahlreichen Excel-Tabellen und unterschiedlichen Datenquellen abhängig. Die Vielzahl von Insellösungen erschwert die Datenkonsolidierung und -analyse. Dies führt zu Ineffizienzen, Dateninkonsistenzen und erhöhtem manuellem Aufwand. Eine einheitliche Plattform, die verschiedene Systeme miteinander verknüpft, ist perspektivisch zwingend erforderlich, um die Effizienz zu steigern und fundierte Entscheidungen zu treffen. Nur so sind die Daten valide und können vergleichbar und steuernd genutzt werden. In diesem Zusammenhang gilt es allerdings, noch mehrere Hürden zu bewältigen.

Wie profitieren Unternehmen von der CSRD-Berichtspflicht?

Niklas Schwermann: Die Berichterstattung ist sehr aufwendig und kostet Geld. Doch sie befähigt Unternehmen zu einer Steuerung nach ESG-Kriterien. Nachhaltigkeit erschließt langfristig neue Märkte, sorgt für mehr Effizienz und Resilienz. Trotzdem müssen jetzt die Weichen gestellt werden.

Sandra Hutter: Wenn perspektivisch diese ersten Weichen gestellt sind und das fachliche Know-how, die internen Prozesse und das IT-System besser ineinandergreifen, werden Betroffene sicher wieder mehr zur qualitativen Nachhaltigkeitsarbeit übergehen können. Durch die Berichtspflichten und die bessere Vergleichbarkeit steigt der Druck, seinen eigenen Weg einzuhalten, sich stets weiterzuentwickeln und das Unternehmen zukunftsfähig zu gestalten.

Wie kann Sopra Steria Banken und Realwirtschaft bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung helfen? 

Niklas Schwermann: Wir haben bei Sopra Steria Next ein kompetentes ESG-Team mit einem großen Erfahrungsschatz zusammengestellt und bauen es derzeit noch weiter aus. So können wir Unternehmen helfen, Wissenslücken zu schließen und den genauen Umfang der Berichterstattung zu verstehen. Das ist notwendig, um anschließend gemeinsam die technische Basis für die Berichterstattung zu legen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Maya Engelmann, Redaktion Digitale Exzellenz.