Digitale Exzellenz
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Übertriebene Skepsis bei Smart Meter

, 5. Juli 2017

Lesezeit: 3 Minuten

Übertriebene Skepsis bei Smart Meter

Mit dem vor einem Jahr verabschiedeten Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende setzt die Bundesregierung nach eigenen Worten „das Startsignal für Smart Grid, Smart Meter und Smart Home in Deutschland“. Die Kosten „sollen den erwarteten Nutzen nicht übersteigen“, heißt es. Zudem seien Datenschutz und Datensicherheit gewährleistet, so das federführende Bundeswirtschaftsministerium. Bei beiden Punkten herrscht jedoch Skepsis.

So zitiert die Frankfurter Allgemeine Zeitung beispielsweise den Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Martin Weyand, mit der Sorge, dass entgegen der Beteuerung des Gesetzgebers die Kosten für den Einbau und Betrieb der intelligenten Messsysteme nicht gedeckt seien und am Ende die mit dem Einbau betrauten Versorger vor Ort auf den Kosten sitzen bleiben.

Zudem gibt es bei den Netzbetreibern Unmut über den Umgang mit Kundendaten, die sie als Basis künftiger Geschäfte lieber selbst sammeln und verarbeiten wollen, anstatt sie an die vier Betreiber des Übertragungsnetzes Amprion, 50Hertz, Tennet und Transnet-BW abzutreten. Dafür spricht auch der Schutz der Kunden- und Verbrauchsdaten, geben Verbraucherschützer zu bedenken: Hacker könnten vier Zentralserver potentiell leichter angreifen als 250 Server bei unterschiedlichen Verteilnetzbetreibern.

Vorteil Smart Meter

Ungeachtet dieser Kritikpunkte liegen Notwendigkeit und Nutzen intelligenter Digitaltechnologien im Energiesektor dennoch auf der Hand: Es gibt immer mehr kleine und dezentrale tätige Stromversorger. Dazu zählen zum Beispiel Windparks in Norddeutschland, großflächig angelegte thermische Solaranlagen in der Sahara sowie private Haushalte und Unternehmen mit Photovoltaikanlagen auf dem Dach für den Eigenverbrauch oder die Einspeisung in das öffentliche Stromnetz. Dieses diversifizierte Stromnetz kann mit traditionellen Technologien nicht mehr ökonomisch und effizient gesteuert und koordiniert werden.

Zudem können Verbraucher – von den unklaren Investitionskosten in Smart Meter mal abgesehen – über intelligente Energieverwaltung ihren Verbrauch optimieren und am Ende auch Geld einsparen. Anders als heute können sie über Smart Meter den Stromverbrauch künftig selbst kontrollieren – hilfreich in erster Linie, um einen bestimmten Kostenrahmen einzuhalten und den Stromverbrauch zu verringern.

Chancen auf neue Geschäftsmodelle bei den Anbietern

Im Gegensatz zu früher erlauben Smart Meter und intelligente Netze (Smart Grids) nicht nur Messungen des Gesamtenergieverbrauchs. Netzbetreiber können ihren Kunden heute (und vor allem morgen) auch detaillierte Übersichten sämtlicher Verbraucher (Haushaltsgeräte, Heizkörper, Wasser) bieten. Damit können die Kunden ihren Energieverbrauch individuell an ihre Gewohnheiten, aber auch an tagesaktuelle Preise anpassen. Stromanbieter können die Verbraucher auch beratend unterstützen, indem sie ihren Kunden eine Energieverbrauchsbewertung für jedes Gerät bereitstellen. Schließlich könnte im Zeitalter von Social Media eine Community entstehen, in der Themen wie Energieverbrauch oder Geräteeffizienz diskutiert werden.

Eine gute Idee kann es auch sein, als Stromanbieter mit den Herstellern von Geräten für das Smart Home zusammenzuarbeiten, deren Produkte direkt über die Plattform verwaltet werden können. Sie könnten sogar Komplettpakete schnüren und Leistungen wie den Bezug von Energie, Geräte, Wartung, Fernwartung und viele andere Dienste anbieten.

Energiesektor profitiert von neuen Anwendungsbereichen

Weitere potenzielle Anwendungsbereiche entstehen auch durch die Blockchain-Technologie, die zum Beispiel genutzt werden kann, um Geschäfte auch zwischen Privatpersonen im Energiehandel zu ermöglichen und zu vereinfachen. So könnten Erzeuger etwa von Solarstrom Überkapazitäten direkt an ihre Nachbarn verkaufen – anstatt freie Produktionskapazitäten in das nationale Stromnetz einspeisen zu müssen. Über den Einsatz intelligenter Stromzähler wissen Käufer und Verkäufer jederzeit, wie viel Energie sie erzeugen, und können ihre Bedarfsmengen exakt berechnen. Die Blockchain sorgt für die sichere Durchführung der Transaktionen.

Foto: Getty Images / marrio31