In diesen Tagen heißt es wieder: Alle Lichter an und die Heizung aufgedreht. Die dunkle Jahreszeit beginnt. Höchste Zeit, auf Smart-Home-Technologie umzustellen, sollte man meinen. Mit der Energiespar-App des Energieversorgers seines Vertrauens kein Problem – theoretisch. Doch die digitale und vernetzte Strom- und Gaspraxis sieht ein wenig anders aus.
Die Idee von Smart Energy ist super. Eine App verspricht Echtzeitinformationen – Strom- und Gaszähler live auf dem Smartphone. Dazu Verbrauchsanzeigen und Hochrechnungen in unterschiedlichen Zeitscheiben. Liegt der Stromverbrauch über dem Durchschnitt, gibt es eine Warnmeldung. Erzeugen die Solarmodule auf dem Hausdach mehr Strom als der Haushalt verbraucht, klingelt die Kasse. Diese Innovation schreit danach, installiert zu werden.
Rasche Digitalisierung zunächst nur für Stromschlucker
Doch wer es ausprobieren möchte, stößt auf Hindernisse. Das mit den Smart Metern ist so eine Sache, berichtet beispielsweise mein Energieversorger. Es liegt an einem Gesetzentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi), von dem man noch nicht wisse, ob er komme und welche Standards gesetzt werden sollen. „Mit intelligenten Messsystemen soll die sichere und standardisierte Kommunikation in den Energienetzen der Zukunft ermöglicht werden. Ein Energieversorgungssystem, bei dem in erster Linie wetterabhängig erzeugter Strom aus erneuerbaren Energien verbraucht wird, muss flexibel reagieren können.“, heißt es in den BMWi-FAQs. Doch nicht Alle werden sofort profitieren. Die Einführung wird frühestens 2017 bei Großverbrauchern in der Wirtschaft beginnen. Verbraucher ab einem Jahresstromverbrauch von 6.000 Kilowattstunden können ab 2017 mit Messgeräten ausgestattet werden.
Da liegen Durchschnittsprivatkunden wie ich deutlich drunter. Gut für mich, schlecht für die Digitalisierung meines Haushalts. Ich werde wohl frühestens ab 2020 in den Genuss von Smart Meter kommen. Das Einsparpotenzial soll eh gering sein, schreibt die Frankfurter Rundschau: Ein durchschnittlicher Drei-Personen-Haushalt mit einem Verbrauch von 3.500 Kilowattstunden Strom wird Berechnungen des Ministeriums zufolge mit einem klugen Messsystem, das etwa die Waschmaschine im günstigen Nachtstromtarif laufen lässt, aber nur etwa 15 Euro im Jahr sparen. Das wären gerade einmal 1,25 Euro pro Monat. Macht nichts, als Digitalisierungs-Evangelist würde ich es trotzdem ausprobieren.
Blick in die smarte Zukunft
Angenommen wir befänden uns im Jahr 2020: eine gefühlte digitale Ewigkeit. Als Energieverbraucher könnte ich den Einbau intelligenter Messsysteme sofort haben. Nur theoretisch und wenn, dann als Selbstzahler. Mein Energieversorger spielt nicht mit. Vor der Auswahl und Vermarktung von Smart Metern sind zweierlei Zertifizierungsverfahren zu absolvieren: eines durch die zuständige Regulierungsbehörde im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens sowie einem weiteren beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) im Hinblick auf technische und organisatorische Anforderungen in Sachen Datenschutz und Datensicherheit. Beim Ringen um einheitliche Standards für die Messung und Abrechnung von Strom, Gas, Heiz- und Fernwärme bleibt der Verbraucher zunächst auf der Strecke. „Mit dem Messstellenbetriebsgesetz soll eine Technologie eingeführt werden, die diese Prozesse bündeln und dem Verbraucher auch Kosten sparen kann.“ heißt es weiter.
Digitalisierung mit den vorhandenen IT-Systemen beginnen
Dazu Katherina Reiche, Hauptgeschäftsführerin des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU): „Wichtig ist für die Stadtwerke jedoch, dass Aufwand und Nutzen für Kunden und Messstellenbetreiber stimmen müssen. Das bringt keine Akzeptanz beim Kunden und bringt unnötige Bürokratie auf allen Seiten.“ Der Kunde möchte neben seiner ständig steigenden Stromrechnung nicht noch eine weitere Rechnung für das Messen der digitalen Stromzähler bekommen.
Aber soweit muss es gar nicht kommen. Denn die für eine einfache Abrechnung notwendige digitale Datendrehscheibe ist bei den Verteilnetzbetreibern grundsätzlich vorhanden. In den Messstellen laufen schon heute wertvolle Verbrauchsdaten von Gas, Wasser, Fern- oder Heizwärme-Kunden zusammen. Und mit jedem digitalisierten Datensatz steigen die Chancen, das eigene Produkt noch besser zu machen und sich erfolgreich auf dem Markt behaupten zu können. Und kommunalen Unternehmen bietet sich zum Beispiel mit einer Bündelung des Messstellenbetriebs Potenzial für neue Geschäftsfelder. „Digitalisierung ist bares Geld wert, zunächst einmal für die „Stromschlucker“. Gerade jetzt, wenn es wieder heißt: Alle Lichter an und die Heizung aufgedreht.