Dass Verbraucher Verträge auch online oder mobil abschließen, ist schon lange Routine: Wir kaufen Tickets, bestellen beim Onlineversand oder schließen Versicherungen ab. Angebote sind rund um die Uhr verfügbar und das ohne viel Papierkram. Smart Contracts gehen einen Schritt weiter und automatisieren auch die Vertragsabwicklung. Der Vertragstext liegt in maschinenlesbarer Form vor, lässt sich wie ein Computerprogramm ausführen. Der Vorteil: Ein verteiltes Netzwerk von Computern wacht über die korrekte Abwicklung.
Im einfachsten Fall lösen Smart Contracts automatische Zahlungen aus. Eine mögliche Anwendung sind so genannte Microtransactions, also kleine und kleinste Zahlungen, die schnell und ohne viel Overhead abgewickelt werden. So will die Plattform UJO zum Beispiel einen alternativen Musikmarkt bieten, in dem Künstler ihre Songs auf einer Blockchain veröffentlichen, die dann auch die Zahlungen abwickelt. Dank Micropayments können selbst Centbeträge, die bei jedem Download anfallen, vertragsgemäß unter allen beteiligten Künstlern aufgeteilt werden. Statt Plattendeals mit großen Labels und der sperrigen Überwachung der Nutzung durch Einrichtungen wie die GEMA, kaufen die Nutzer direkt beim Künstler – der digitale Groschen im Geigenkasten. Als Vertiefung dazu helfen zwei Gastbeiträge von Gideon Gottfried.
Der Begriff „Smart Contracts“ wurde bereits in den 90-er Jahren von Nick Szabo geprägt. Die Idee, Vertragsinhalte in einer formalen Sprache festzuhalten, ist sogar noch älter. Damals ging es vor allem um die Automatisierbarkeit und darum, Differenzen in der Auslegung durch die Formalisierung zu vermeiden. Das volle Potential ergibt sich aber erst, wenn man Smart Contracts und die Distributed-Ledger-Technologie (wie etwa in Blockchains) verbindet: Wenn der Vertrag in einem dezentralen Netzwerk gespeichert und ausgeführt wird, entfällt die Möglichkeit der Manipulation.
Smart Contracts schaffen Vertrauen
Neben Zeit- und Kostenersparnis liegt also der wesentliche Vorteil der automatischen Abwicklung darin, dass sich die Vertragsparteien nicht vertrauen müssen. Die Frage, ob der Vertragspartner seinen Teil der Abmachung einhalten wird, wird vermieden durch den Automatismus des Netzwerks als unbestechlichen Beauftragten. Vertrauen müssen die Beteiligten damit nur noch der Technologie. Das ist gerade dann nützlich, wenn der Vertragspartner nicht rechtlich belangt werden kann, zum Beispiel weil er nicht namentlich bekannt ist, oder die Kosten für einen Rechtsstreit unverhältnismäßig hoch sind.
Ethereum ist die größte Plattform für Smart Contracts, die die Nutzer in einer speziellen Sprache, Solidity, selbst programmieren können. Dabei ist die Abwesenheit einer Hintertür eine bewusste Design-Entscheidung. Niemand soll die geschlossenen Verträge und deren Abwicklung beeinflussen können, damit wirklich das passiert, worauf man sich geeinigt hat. Dass allerdings selbst dieses System nicht risikofrei ist, hat der DAO-Hack im letzten Sommer gezeigt.
Ein anderes Problem des Ethereum-Netzwerks: Alle Verträge müssen öffentlich bekannt sein, damit sie von den Netzwerkknoten ausgeführt werden können. Als Gegenentwurf dazu arbeitet das Netzwerk Corda mit geheimen Verträgen, weshalb die Struktur komplizierter ist und so genannte Notare benötigt. Dahinter steht das internationale R3-Konsortium aus mehr als 80 Finanzinstituten, weshalb Corda von vornherein auf privatwirtschaftliche Bedürfnisse zugeschnitten ist.
Eine mächtige Kombination
Welche Netzwerke sich durchsetzen werden, bleibt abzuwarten. Sicher ist aber, dass die Kombination aus Smart Contracts und Distributed Ledger die Art und Weise revolutionieren kann, wie wir Geschäfte über das Internet erledigen. Gerade deswegen ist auch ein kritischer Blick auf die Risiken angebracht, die wir in einem der folgenden Beiträge hier im Blog Digitale Exzellenz aufgreifen werden.