Digitale Exzellenz
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Small is beautiful – Wie Digitalisierung der Konzentration der Banken entgegenwirken kann

, 5. März 2018

Lesezeit: 5 Minuten

Small is beautiful – Wie Digitalisierung der Konzentration der Banken entgegenwirken kann

Unlängst erschienen in der Tagespresse zwei besorgniserregende Nachrichten: Zum einen soll eine stetige Konzentration die Anzahl der Banken auf 150 Institute drücken, zum anderen droht die Digitalisierung 3,4 Millionen Arbeitsplätze zu vernichten. Ein dystopisches Szenario, aber nicht ohne Alternative.

Während noch heute die Gründung neuer kleiner und kleinster Banken mit wenigen Mitarbeitern abwegig klingt, könnte dies mit den Mitteln der Digitalisierung bald möglich sein. Wie sagte schon Albert Einstein: Wenn eine Idee am Anfang nicht absurd klingt, dann gibt es keine Hoffnung für sie.

Muss eine Bank groß sein?

Fragt man Banken aktuell nach den großen Herausforderungen, sind die Erfüllung regulatorischer Anforderungen und die Ertragsschwäche aufgrund des niedrigen Zinsniveaus häufig ganz oben auf der Liste. Und beide Gründe sind dann auch gerne die Begründung für eine fortschreitende Bankenkonzentration. Um Kosten zu sparen, braucht es große Institute. Nur durch steigende Skalenerträge besteht die Chance, überhaupt noch profitabel zu sein. Sieht man sich allerdings die Profitabilität verschiedener Bankengruppen an, fällt dabei auf, dass die durchschnittlich kleinsten Institute, also die Volks- und Raiffeisenbanken sowie die Sparkassen die höchsten Renditen einfahren. Big is beautiful? Ganz offensichtlich nicht!

Die Bank als Wüste der Selbstverwirklichung

Ich habe keine Kenntnis genauer Statistiken, aber zweifelsohne werden noch immer die meisten Start-ups keine weltumspannenden Konzerne. Egal ob es um die Entwicklung von Apps oder um den Vertrieb selbstgehäkelter Kaffeewärmer in Häschen-Form geht: Der Antrieb für Unternehmensgründer der Generationen Y und Z ist selten das Streben nach Macht und Reichtum, sondern eher die Selbstverwirklichung und die Anerkennung in den sozialen Netzwerken. Diese Abkehr von der Gier schuf in den Metropolen vor Jahren unwahrscheinliche Mikrokosmen. Sie bestehen aus Craft-Beer-Brauereien, Hipster-Bart-Bürsten-Manufakturen und Kreativagenturen, die in Schaufenstern ehemaliger Ladenlokale mit weniger zukunftsträchtigen Geschäftsmodellen residieren. Die wenigsten kommen auf die Idee, mit dem eigenen Geschäftsmodell in die Fußstapfen der Gates, Ortegas oder Buffets dieser Welt zu steigen.

Interessanterweise gibt es in den In-Vierteln in Berlin, Tallin und Guangzhou trotzdem bestenfalls Bankfilialen von Instituten sehr konventioneller Bauart. Selbstverständlich bedient sich die digitale Elite möglichst der Dienste der Fintechs. Der normale Anwohner aber, der sein Gemüse in dem kleinen Bio-Laden um die Ecke kauft und an seinen Rechner nur die fair und nachhaltig produzierte Maus stöpselt, hat sein Konto bestenfalls bei einer durch Fusionen immer größer werdenden Sparkasse oder Genossenschaftsbank. Möglicherweise sogar bei einem anonymen Konzern, der vermutlich nicht die eigenen Werte verkörpert. Warum eigentlich? Warum gibt es keine Tante-Emma-Bank, die sich zur Aufgabe gesetzt hat, den eigenen Kiez mit klassischen Bankdienstleistungen zu versorgen?

Kann eine Bank klein sein?

Vor einiger Zeit traf ich mich mit einem Mitarbeiter eines IT-Dienstleisters, der mir mitteilte, dass es bereits heute kein Problem ist, eine Bank, die nur Standardgeschäft betreibt, vollständig von einem eigenen Controlling oder Meldewesen zu befreien. Diese Bereiche sind bereits vollständig automatisiert und als Service verfügbar. Grandios! Die digitale Transformation von Geschäftsprozessen bereitet einem neuen Typus kleiner Banken also bereits den Weg. Stellt sich noch die Frage, wie es eine kleine Drei-Mitarbeiter-Bank an der Ecke schafft, Geld zu verdienen.

Meiner persönlichen Meinung nach sollten die zwei, drei oder vier Mitarbeiter genauso wenig nach Macht und Reichtum streben wie der Hipster-Bart-Bürsten-Hersteller auf der gegenüberliegenden Straßenseite, den die Mikrobank mit Liquidität versorgt. Aber ist es nicht gerade das Talent der Generationen Y und Z, kreative Geschäftsmodelle zu entwickeln? In einer Renaissance des Genossenschaftsgedankens und mit dem Willen des auf einen Stadtteil beschränkten Regionalitätsprinzips könnte doch aus dem Vollen der digitalen Möglichkeiten geschöpft werden.

Wie wäre es mit der Vernetzung von Privat- und Firmenkunden zur schnelleren und effizienteren Geschäftsanbahnung: „Du brauchst eine Finanzierung für die Renovierung Deiner Altbauwohnung? Hier habe ich den passenden Stuckateur und eine richtig coole Smart-Home-Lösung! Und dazu vielleicht das Angebot von Crowdfunding in Form selbstaufgelegter Fonds für Projekte im eigenen Stadtteil.“

Zusätzlich ist davon auszugehen, dass auch beim Angebot von Bankgeschäften das Abschöpfen einer Konsumentenrente möglich ist. Wer für einen verschrumpelten, dafür aber politisch makellosen Apfel mehr als für eine optisch perfekte Frucht von der Großplantage zahlt, ist möglicherweise auch weniger preissensibel bei Gebühren und Zinsen, wenn das Image des Anbieters dem eigenen Lifestyle entspricht. Ein beeindruckendes Beispiel hierfür ist der Erfolg der GLS-Bank.

Herausforderungen für einen neuen Typus Bank

Bleibt die Frage, warum es dennoch nicht zur Gründung von Klein- und Kleinstbanken im Frankfurter Bahnhofsviertel, in Plagwitz oder Hamburg-Wilhelmsburg kommt? Die regulatorischen Hürden bleiben hoch, hier wird sicherlich Beratungsbedarf und auch die Unterstützung der Bankenaufsicht erforderlich sein. Da eine Reduktion der Bankenkonzentration zur Stabilisierung einer Volkswirtschaft führt, wäre eine positive Einstellung von EZB und nationalen Zentralbanken wünschenswert. Hinzu kommt, dass vermutlich einfach noch niemand die Idee dazu hatte. Weil die Idee absurd klingt. Aber wenn man die Bedrohung als Chance einstuft und sich die Digitalisierung zum Verbündeten macht, kann es gerade deswegen Hoffnung für sie geben.