Digitale Exzellenz
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Digitale Extra-Services: Was Bankkunden (nicht) wollen

, 13. Januar 2023

Fotocredit: Getty Images

Lesezeit: 6 Minuten

Digitale Extra-Services: Was Bankkunden (nicht) wollen

Digitale Zusatz-Services sind für Banken eine Möglichkeit, sich im Wettbewerb mit der direkten Konkurrenz und Tech-Unternehmen besser aufzustellen. Doch nicht alles, was sich online anbieten lässt, ist deshalb automatisch eine neue sprudelnde Ertragsquelle. Nicht die Bank für jede Lebenslage ist gefragt – ein digital exzellentes Banking dagegen sehr wohl.

In den vergangenen Jahren waren Deutschlands Banken keineswegs untätig, was die Digitalisierung betrifft. Sie haben eine Vielzahl von Services unter dem Stichwort Beyond Banking entwickelt, um neue Kundengruppen anzusprechen und bestehende Kunden bis weit hinein in den Alltag begleiten zu können. Doch so richtig scheint dieses Service-Feuerwerk nicht gezündet zu haben: Unser Digital Banking Experience Report belegt, dass sich die Begeisterung vieler Bankkunden in Deutschland eher in Grenzen hält. Es gibt keinen Bedarf für die Bank in jeder Lebenslage – zumindest noch nicht. Um das zu verstehen, hilft es, drei Beispiele mit Blick auf die Ergebnisse des Reports einmal genauer zu betrachten:

Beispiel 1: Reisevermittlung und Mobilfunktarife

Sparkassen bieten ihren Kunden mit dem Portal S-Reisewelt an, Urlaubsreisen zu buchen und dabei zu sparen. In der Vergangenheit konnten Sparkassenkunden zudem eigene Mobilfunktarife abschließen und ähnliche Non-Banking-Services nutzen. Ziel der Sparkassen ist, darüber die Kunden stärker an die Finanzgruppe zu binden.

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Spannend wird es zu beobachten sein, wie viel Zusatzerträge Sparkassen mit ihrem Online-Reisebüro erzielen. Denn die allgemeine Offenheit für diesen Service fällt in der Fläche eher bescheiden aus. Die Ergebnisse im Digital Banking Experience Report zeigen, dass sich Kunden mehrheitlich weder Reisen noch Mobilfunktarife von der eigenen Bank erwarten – ebenso wenig wie beispielsweise Lösungen zum Managen von Streamingdiensten wie Netflix und Amazon Prime.

Ein wesentlicher Grund dürfte sein: Derartige Non-Banking-Lösungen haben Non-Banking-Anbieter bereits auf den Weg gebracht. Um hier einmal die Blickrichtung zu wechseln: Nur ein Viertel (27 Prozent) der Deutschen kann sich vorstellen, ein Konto beim eigenen Mobilfunkanbieter zu eröffnen. Warum sollte es umgekehrt anders sein? Es gilt also der Ratschlag: Schuster, bleib bei deinen Leisten! Zumindest vorerst.

Beispiel 2: Carbon-Tracking für Privatkunden

Rankings zur Nachhaltigkeit von Banken honorieren Services wie das Carbon-Tracking positiv und sehen darin einen Beitrag zu einem grünen Geschäftsmodell. Die Deutsche Bank hatte bereits 2020 einen CO2-Indikator für seine Privatkunden in die eigene Mobile-Banking-App integriert. Ein halbes Jahr später sollen der Bank zufolge bereits mehr als 100.000 Nutzer den Service freigeschaltet haben. Zum Vorbild für andere Banken taugt das Beispiel dennoch nicht – zumindest nicht in Deutschland. In unserer Befragung von 2.000 Bankkunden in Deutschland geben nämlich nur acht Prozent an, einen solchen Service zu nutzen. Zum Vergleich: Weltweit sind es 14 Prozent. Gleichzeitig ist mit 72 Prozent die Gruppe jener, die nicht interessiert sind, in Deutschland besonders groß. Die Gründe für die besonders große Zurückhaltung in Deutschland dürfte der fehlende Impuls sein, die Informationen konkret zu nutzen – beispielsweise für eine Verhaltensänderung. Zudem interessieren sich Kunden, geht es um die eigenen Finanzen, sehr viel weniger für Nachhaltigkeit als bisweilen angenommen. Weder spielt das Thema bei der Wahl des Investments für die Mehrheit eine Rolle, noch würde sie der Aussage zustimmen, dass Nachhaltigkeit vor der Profitabilität eines Investments kommt.

Beispiel 3: Handel mit Kryptowährungen

Die Jahre der Corona-Pandemie waren Boom-Jahre für die Kryptowährungen. Zuletzt wollten auch die klassischen Banken und Sparkassen von dem Hype profitieren – und Probleme der Kunden lösen, beispielsweise bei der Aufbewahrung von Bitcoin. Bei der Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte können Kunden eine VR-BitcoinGoCard nutzen, um ihre digitalen Assets zu verwahren, und diese über das Portal BitcoinGo auch kaufen oder verkaufen. Solche Angebote scheinen naheliegend, erweitern sie doch als Next-Banking-Leistung das bereits bestehende Leistungsportfolio. Der Bedarf ist aber vergleichsweise gering, wie die Ipsos-Umfrage zeigt. Nur gut ein Fünftel wünscht sich, dass die klassischen Banken Lösungen für den Kryptohandel bereitstellen, gerade einmal acht Prozent der Befragten nutzen entsprechende Dienste bereits. Dass die jüngsten Vorkommnisse rund um die Kryptobörse FTX nun einen Run auf die Banken und Sparkassen als Bitcoin-Verwalter auslösen, ist auch nicht anzunehmen.

Lektionen für die Service-Welt im Finanzsektor

Non-Banking- und Far-Banking-Services mögen dazu beitragen, dass Kunden häufiger einen Blick in ihre Banking-App werfen oder die Marke ihres jeweiligen Kreditinstituts positiver bewerten. Doch daraus wird nur eine ökonomisch nachhaltige Strategie, wenn das Fundament stimmt. Sollten Banken deshalb in Zukunft auf solche Services verzichten? Nein, doch das Augenmerk sollte zunächst auf den Kernleistungen liegen. Banken sollten sich darauf konzentrieren, Bank zu sein, und zwar eine digital exzellente. Dazu gehört, dass sie ihr klassisches Leistungsportfolio zunächst einmal anhand dreier Fragen digitalisieren, um später weitere Dienstleistungen und Produkte folgen zu lassen:

  1. Wie lässt sich der jeweilige Service digital abbilden? Dabei gilt es, die Customer Journey im Blick zu haben, schließlich muss der digitale Service nahtlos über alle Touchpoints hinweg funktionieren. Services, die nur in der App, der Website oder womöglich exklusiv auf Smartphones mit bestimmten Betriebssystemen verfügbar sind, tragen nicht zur Begeisterung der eigenen Kundschaft bei.
  2. Wie lässt sich der jeweilige Service digital kundenfreundlicher gestalten? Kaum ein digitaler Service – ob nun im Banking oder in anderen Branchen – ist von vornherein perfekt abgestimmt auf das Nutzerverhalten. Daher gilt: Try, Test, Learn.
  3. Wie lässt sich der digitale Service weiterentwickeln und sinnvoll ergänzen? Ein Analysetool für das eigene Konto, eine flexible Lösung für Rückzahlungen von Krediten oder das Aufbauen von Sparguthaben sind gut gedacht. Die aktuellen Finanzmanager lassen Kunden jedoch mit ihrem Wissen allein. Strategisch gute Weiterentwicklungen sind Services, die Kunden direkt in Mehrwerte ummünzen können.

Eine Bank, die diese drei Fragen abschließend für ihr Leistungsportfolio beantwortet, schafft damit die Grundlage für die Welt der Beyond-Banking-Dienste. Sie entwickelt ein Service-Portfolio, das die Bedürfnisse der eigenen Kunden befriedigt, das Prozesse vereinfacht und Nutzern effektiv dabei hilft, das eigene Geld zu mehren.

Im Unterschied zu sämtlichen Non-Banking-Services dürfte es Banken dann auch leichter fallen, dieses Portfolio zu monetarisieren. Eine Dienstleistung, die große Tech-Akteure aus Verbrauchersicht kostenlos bereitstellen, lässt sich schließlich nicht von Kreditinstituten bepreisen. Bei Dienstleistungen, die sich so nur bei der eigenen Bank finden, verhält sich das anders. Von daher: Banken, traut euch Bank zu sein! Die Kunden werden es zu schätzen wissen.

Für den Report wurden 12.500 Bankkunden in neun Ländern online durch Ipsos befragt. Der Report steht hier zum Download bereit.