Der strategische Ansatz Co-Creation wird in den kommenden zehn Jahren massiv an Bedeutung gewinnen. Dabei geht es um mehr, als dass Unternehmen ihre Kunden, Partner und Mitarbeitenden in den Innovationsprozess einbinden. Es geht darum, Rollen aufzuweichen, Branchenschubladendenken zu überwinden und neue Wertschöpfungsketten zu bilden.
Co-Creation lässt sich weiterdenken als bei Lego Ideas, Customer Innovation Workshops von DHL und dem MIUI-Forum von Xiaomi Die nächste Ausbaustufe wird die klassischen Rollen Kunde, Hersteller und Lieferant aufbrechen und mehr sein als ein überdimensionaler Hackathon. Zusammenarbeit und Wertschöpfung werden umgekrempelt.
Miteinander statt füreinander
Unternehmen, aber auch die öffentliche Verwaltung betrachten ihre Zielgruppen häufig als schwer erreichbar. Dieses Denken sollte sich umkehren in: „Unsere Produkte und Dienstleistungen sind schwer zu nutzen“, um dieses Problem dann anzugehen. Sobald der Nutzen im Zentrum steht, werden sich Unternehmen und Behörden davon wegbewegen, Dinge FÜR Zielgruppen zu entwickeln und Expertise, Bauteile und Einzellösungen VON Lieferanten zu erhalten. Stattdessen werden sie Mehrwerte MIT Partnern schaffen. Das Denken in Produkten und Dienstleistungen wird einem Denken in Werten und Nutzen weichen.
Die Zeit für mehr Co-Creation ist reif
Diese Entwicklung in Richtung einer neuen Form von Co-Creation und ihre Notwendigkeit sind das Ergebnis einer immer komplexeren, vernetzten und digitalisierten Gesellschaft. Externe Schocks häufen sich und lokale Ereignisse wirken sich global aus. Der Umgang mit dieser BANI-Welt erfordert mehr gemeinsames Handeln. Das Erreichen von Klimazielen wird nur gelingen, wenn Maßnahmen branchen- und standortübergreifend getrackt werden. Gemeinsame Ziele wie ein unbürokratisches Europa lassen sich nur realisieren, wenn es für Daten Reisefreiheit gibt, mindestens innerhalb der EU, am besten weltweit. Einzelne Dienstleister werden nur relevant bleiben, wenn sie sich in die Ökosysteme ihrer Kunden integrieren und die Nähe zu Wettbewerbern nicht scheuen.
Der technologische Fortschritt macht all das möglich. Cloud-Computing, APIfication, Künstliche Intelligenz und intelligente Geräte (Embedded Systems) sowie Blockchain bereiten den Weg. Die organisatorischen und technischen Hürden für eine Zusammenarbeit waren noch nie so niedrig und werden weiter fallen. Prozesse sind derart standardisiert und Know-how derart kompatibel, dass Unternehmen zu geringen Kosten kooperieren können. Informationen sind überall verfügbar und verknüpfbar. Open-Source-Daten lassen sich flexibel und maschinell weiterverwerten.
Unter diesen Bedingungen – und die Entwicklung ist ja nicht zu Ende – lassen sich auf B2B-Ebene Wertschöpfungsketten öffnen, verlängern und Partner sowie Kunden in die eigenen Innovationszyklen integrieren. Mehr noch: Es entsteht eine kooperative Wertschöpfung, bei der Partner jenseits klassischer Kunden-Lieferanten-Beziehungen neue Formen der Zusammenarbeit finden – unternehmens- und branchenübergreifend. Teams mehrerer Unternehmen arbeiten mit einem gemeinsamen Ziel an Lösungen, von denen alle profitieren.
Traditionelle Unternehmen mit einem etablierten Geschäftsmodell können zu Disruptoren in anverwandten Branchen werden, wenn sie die richtigen Partner an der Seite haben. Die wachsende Interoperabilität ermöglicht, dass mehr Behörden mit GovTechs und anderen Partnern an einer digitalen Verwaltung arbeiten, die nicht bloß Gesetze umsetzt, sondern Nutzen stiftet. Gerade in einem digitalen Europa mit seiner Diversität lassen sich so viele Synergien nutzen, dass ein resilienter, innovativer Wirtschaftsraum entsteht.
Co-Creation bedeutet mehr Risikoteilung und Machtverzicht
Diese Chancen müssen die Unternehmen allerdings auch nutzen. Für eine Co-Creation-Readiness sollten Organisation und Geschäftsmodelle adaptiver werden. IT und Geschäftsprozesse sollten über ein Fundament verfügen, das sich erweitern und wieder verschlanken lässt. Und Service-Provider sollten sich darauf vorbereiten, mehr Verantwortung und Risiken zu übernehmen. Klassische Outsourcer sollen dagegen in einem Co-Creation-Szenario Macht und Profit mit Partnern teilen.
Dieser Umbau passiert gerade – übrigens auch in der Consulting-Branche. Beratungsunternehmen – auch Sopra Steria – werden künftig immer stärker Teil der Wertschöpfungskette. Aus Auftragnehmern werden Systempartner – bis hin zum gemeinsam gegründeten Unternehmen. Das hat Gründe: Die Ehrfurcht vor dem allwissenden „Guide Michelin“ für Transformation schwindet. Kunden sind teilweise besser und schneller informiert als ihre Berater. Sie suchen die nächste und übernächste Stufe von Know-how: ein Sparring für die Frage „Was mache ich mit den Informationen?“. Sie suchen das Get-it-done in Kombination mit Co-Create. Wir wissen somit, vor welchem Transformationsumfang unsere Kunden stehen. Wir sitzen in einem Boot.