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Good Company: So funktioniert Tugend in der Wirtschaft

, 10. Januar 2024

Lesezeit: 6 Minuten

Good Company: So funktioniert Tugend in der Wirtschaft

Gutsein als Geschäftsprinzip. Unternehmen gewinnen dieser Strategie zunehmend etwas ab, allerdings werden sie derzeit noch vor allem durch Druck von außen dazu bewegt. Sopra Steria und das F.A.Z.-Institut haben untersucht, wie stark verankert sogenannte gute Prinzipien in Wirtschaft und Verwaltung sind. Frédéric Munch, Vorstand von Sopra Steria, verrät im Interview, wie Good Companies ticken und wie Unternehmen „gut“ werden. 

Frédéric, der Begriff Gutmensch ist in Deutschland verbreitet, Good Company hingegen weniger. Dabei geht es vor allem um den Ausdruck Tugend. Was bedeutet Tugend im unternehmerischen Sinne?  

Wir müssen klar trennen zwischen dem, was Unternehmen per se leisten, und dem, was wirklich als tugendhaft bezeichnet werden kann. Was immer schon galt: Unternehmen schaffen Werte in Form von Produkten und Dienstleistungen, sie generieren Arbeitsplätze und damit Einkommen und sie zahlen Steuern. Tugendhafte Unternehmen oder Good Companies machen all das auch, sie gehen allerdings noch mindestens einen Schritt weiter. Für sie bildet tugendhaftes Verhalten mit Werten wie Fairness, Respekt und Verantwortung den Kern, aus dem heraus alles andere entsteht. Durch die tiefe Verankerung dieser Werte laufen sie weniger Gefahr, dass die Akzeptanz ihrer Produkte und Dienstleistungen schwindet.  

Was machen die erfolgreichen Unternehmen und ihre Entscheiderinnen und Entscheider anders? 

Zunächst ist die Motivation eine andere. So lassen sie sich nicht von Regulatorik oder dem Zeitgeist treiben, wie es laut unserer Studie überwiegend der Fall ist. Dieses Ergebnis ist nicht verwunderlich, denn Gewinnmaximierung, Effizienz und das Erschließen von Märkten dominieren seit Jahrzehnten und länger das wirtschaftliche Handeln. Bei Good Companies ist die Situation anders: Bei ihnen sind Werte im Kern der Strategie verankert, und das ist in meinen Augen kein Gegensatz zur Performance beziehungsweise zum Shareholder Value. Im Gegenteil: Ich bin überzeugt davon, dass Good Companies langfristig solider wirtschaften und ihren Unternehmenswert steigern können, und zwar mit einer klaren Positionierung, mit ihrer Marke und mit einer stärkeren Wertschöpfungskette, die auf einem stabilen Wertegerüst basieren. Ihre Geschäftsmodelle sind so konzipiert, dass gerade durch verantwortungsvolles Handeln ein geschäftlicher Mehrwert entsteht und nicht trotz dieses Handelns.  

56% der Unternehmen sehen einen positiven Effekt

Good Companies schaffen es somit, sich auch bei prekären äußeren Bedingungen tugendhaft zu verhalten. Das Einhalten oder Übertreffen ethischer Regeln wird nicht geopfert. Wie gesagt: Werte sind wesentlicher Teil der Strategie, also dessen, weswegen es das Unternehmen überhaupt gibt. Unternehmen übersetzen damit gute Prinzipien in betriebswirtschaftlichen Erfolg. Durch diese strategischen Leitplanken sind sie vor potenzieller Verwässerung besser geschützt – vor Green-, Social oder Sportswashing zum Beispiel. 

Wie werden Unternehmen zu Good Companies? 

Es ist wichtig, wertebasierte Langfristziele zu erarbeiten und konsequent zu verfolgen. Diese langfristigen Ziele müssen sowohl in der Strategy Map verankert als auch in kurzfristigeren KPIs konkretisiert werden – entweder in der eigenen Balanced Scorecard oder in OKR. Dadurch macht das Top-Management klar, dass auch eine negative Auswirkung auf die Gewinn-und-Verlust-Rechnung in Kauf genommen und mit anderen Maßnahmen ausbalanciert wird. Lass mich das an einem Beispiel erläutern: Höhere Ausgaben, die durch die Beauftragung kleinerer, hochwertigerer, lokaler Zulieferer entstehen, werden etwa durch Preiserhöhungen, eine andere Marktpositionierung oder durch Effizienzmaßnahmen kompensiert. Dabei kann es auch helfen, die langfristigen Folgekosten eines nicht tugendhaften Verhaltens zu internalisieren.   

Welche Instrumente können Unternehmen hierfür nutzen? 

Zentrales Element sind hier – wie bereits angedeutet – die Erarbeitung, schriftliche Fixierung und laufende Überprüfung der langfristigen, wertebasierten Ziele. Ebenso relevant ist es, an der Firmenkultur zu arbeiten und dafür zu sorgen, den Faktor Tugend im Denken und Handeln in der Corporate Culture zu etablierten. Gerade dem mittleren Management kommt hier eine große Bedeutung zu, da die Führungskräfte in der Regel erster Ansprechpartner für die Mitarbeitenden sind und sich die Mitarbeitenden an deren Aussagen und Verhalten orientieren.  

Auch neue Technologien sollten nicht vernachlässigt werden: Die Möglichkeiten, Daten zu verknüpfen und gegenseitige Abhängigkeiten von Managemententscheidungen transparent zu machen, bieten ein enormes Potenzial. Datenbasiertes Entscheiden ist somit ein Treiber, dass eine Good-Company-Strategie transparent dargestellt wird und letztlich funktioniert. Gleichzeitig werden immer neue Technologien entwickelt, die gerade die ökologische Nachhaltigkeit verbessern und die Idee einer Good Company stärken. Wem es auf breiter Strecke gelingt, Digitalisierung für gesellschaftlich wichtige Aufgaben zu nutzen, wird sich Wettbewerbsvorteile verschaffen. So viel ist heute sicher!  

Lässt sich mit Tugend überhaupt Geld verdienen?  

Generell gilt: Good Companies haben nicht zwangsläufig höhere Kosten und müssen dementsprechend auch nicht zwangsläufig höhere Preise für ihre Produkte oder Services verlangen. Das kann etwa funktionieren, wenn diese Unternehmen ihr Effizienzpotenzial bei sämtlichen Prozessen ausreizen. Automatisierung und das Aufspüren von Ineffizienzen durch Ansätze wie Process Mining werden deshalb noch nützlicher, wenn es darum geht, Geschäft und Tugend in Einklang zu bringen. 

Sollten sie doch zu höheren Preisen gezwungen werden, müssen sie monetäre Nachteile adäquat durch andere Mehrwerte ersetzen. Viele Unternehmen mit Fair-Trade-Strategie zeichnen sich ähnlich wie Premiummarken durch überdurchschnittlichen Service aus. Und eines sollte auch nicht unter den Tisch fallen: Zur Kosten-Nutzen-Rechnung gehört auch, dass Nachhaltigkeitsstrategien Risiken und Langfristkosten senken. So stellt die Einhaltung von regulatorischen Rahmenwerken, die sich zum Beispiel mit den ESG-Risiken befassen, für Good Companies in der Regel keine Herausforderung mit Zusatzaufwänden für Personal oder Strafzahlungen dar. 

Bleibt die Frage: Gibt es überhaupt einen Markt für Tugend als Geschäftsmodell? Kaufen die Kunden lieber bei Good Companies oder gehen sie am Ende nicht doch zu dem Anbieter, der ihnen die gewünschte Qualität zum attraktivsten Preis bietet? 

Wie angedeutet, Good Company heißt nicht automatisch teurer. Gleichzeitig weist unsere Studie auf leise Signale hin, dass Kunden ausgewählter Branchen ihren guten Absichten auch Taten an der Kasse folgen lassen. Bei der verarbeitenden Industrie ist diese Entwicklung jedoch kaum ausgeprägt. B2B-Einkäuferinnen und -Einkäufer sind in puncto Nachhaltigkeit offenbar noch nicht so konsequent wie private Haushalte. Dennoch tut sich einiges bei den Lieferketten. Unternehmen verankern Beschaffungsprinzipien und bilden Werteallianzen. Sie zahlen ihren Lieferanten in ärmeren Regionen zum Beispiel Preise, die sich an den lokalen Lebensstandards orientieren, und sie streben Lieferketten mit Unternehmen mit vertrauenswürdigen und konsistenten Compliance-Informationen an. 

Es ist also viel in Bewegung. Mittelfristig kommt es darauf an, dass Wirtschaft und Public Sector die verschiedenen Nachhaltigkeitsstrategien wie Cradle-to-Cradle-Design, Sharing Economy, Fairtrade etc. zusammenführen. Der nächste Schritt ist der Aufbau von Sustainable-by-Design-Geschäftsmodellen und Good Companies mit eingebauter Nachhaltigkeit. Sopra Steria hat sein Portfolio bewusst über Dekaden hinweg für diese großen Transformations- und Redesign-Aufgaben geschärft. Wir führen für Kunden alle Faktoren einer Nachhaltigkeitsstrategie zusammen und helfen als strategischer Partner