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Greenwashing: Diese 6 Schritte vermindern das Risiko

, 17. August 2022

Fotocredit: Getty Images /LightFieldStudios

Lesezeit: 8 Minuten

Greenwashing: Diese 6 Schritte vermindern das Risiko

Geht es um Nachhaltigkeit, ist der Vorwurf des Greenwashings meist nicht weit. Doch wie können Unternehmen sich davor schützen und die Weichen von vornherein konsequent in Richtung mehr Umwelt- und Klimaschutz stellen? Eine Anleitung in sechs Schritten, die hilft, das Risiko zu beherrschen.

Nachhaltigkeit steht als gesellschaftliche Notwendigkeit weit oben auf der Agenda vieler Unternehmen. Die Nachfrage der Kunden zählt zu den treibenden Kräften. In die Erfolge der Wirtschaft auf dem Weg hin zu mehr Nachhaltigkeit mischen sich aber immer wieder auch jene Fälle, in denen sich Maßnahmen und verheißungsvolle Versprechen als Greenwashing entpuppen. Greenwashing meint dabei alle Versuche eines Unternehmens, die eigenen Produkte und Lösungen als besonders umweltfreundlich darzustellen – obwohl es an Beweisen für die jeweiligen Ökoversprechen mangelt oder beispielsweise die Einsparungen von CO2 schlichtweg in keinem Verhältnis zu den Gesamtemissionen des Unternehmens stehen.

Für Unternehmen stellt sich damit jedoch auch die Frage: Wie lässt sich Greenwashing von vornherein vermeiden oder verhindern? Welche Kontrollmechanismen und Strukturen braucht es, damit die verschiedenen Bereiche eines Unternehmens tatsächlich zu positiven Veränderungen kommen und Greenwashing-Maßnahmen gar nicht erst erwogen werden? Diese sechs Schritte liefern die Antwort:

Schritt 1: Die Strategie

Eigentlich eine Binsenweisheit, aber am Anfang sollten Unternehmen zunächst einmal eine Nachhaltigkeitsstrategie entwickeln und im eigenen Unternehmen implementieren. Dass die häufig immer noch fehlt, zeigt der Managementkompass Survey „Nachhaltigkeit durch Digitalisierung“: 44 Prozent der Befragten bemängeln die fehlende Strategie als zentrale Hürde bei der Umsetzung von Maßnahmen. Mit der Strategie entscheidet sich, ob einzelne Maßnahmen aufeinander einzahlen oder nur als Aktionismus daherkommen, der schnell als Greenwashing verstanden werden kann.

Um eine solche Strategie zu entwickeln, müssen sich die Unternehmen konkret mit der Frage auseinandersetzen, was Nachhaltigkeit in ihrem Falle eigentlich bedeutet. Wie sieht der Status quo aus? Wo befinden sich im Unternehmen die wesentlichen Stellschrauben? Und es geht um den Scope: Bei Nachhaltigkeit denken viele zunächst an das Einsparen von CO2-Emissionen und damit an den Umwelt- und Klimaschutz. Tatsächlich ist das jedoch nur ein kleiner Ausschnitt.

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Eine hohe Fluktuation unter den Beschäftigten trägt beispielsweise nicht zur Nachhaltigkeit eines Unternehmens bei. Im Gesamtgefüge sind die Zufriedenheit und die Bindung der Beschäftigten genauso wichtig wie das Erreichen von Klimazielen. Ein Drittel der Unternehmen verweist auf Bewerberinnen und Bewerber sowie Kunden als treibende Faktoren ihres Engagements für mehr Nachhaltigkeit.

Für die Nachhaltigkeitsstrategie sollten Unternehmen somit ganzheitlich denken und über das eigene Werks- und Unternehmensgelände hinaus. Nachhaltig wirtschaftende Unternehmen beziehen Lieferketten, Partner und Kunden in ihre Strategie ein (Stichwort: Scope 1, Scope 2, Scope 3). Die eigene Logistik beispielsweise an einen externen Dienstleister mit schlechter Ökobilanz und fehlenden sozialen Standards auszulagern, macht das Unternehmen nicht nachhaltiger, auch wenn es für sich selbst durch diesen Schritt nun geringere CO2-Emissionen ausweisen kann.

Schritt 2: Die Organisation

Ist die Nachhaltigkeitsstrategie erarbeitet, sind die Ziele einmal festgelegt und die Maßnahmen definiert, mit deren Hilfe die Ziele erreicht werden sollen, stellt sich die Frage: Wie lässt sich eine solche Strategie effektiv und erfolgreich umsetzen? Die Organisation eines Unternehmens hat daran einen entscheidenden Anteil. Zunächst sollte – Binsenweisheit Nummer zwei – das Nachhaltigkeitsmanagement zur Chefsache erklärt und das Thema in der Unternehmensführung verankert werden.

Ob Unternehmen einen eigenen Chief Sustainability Officer in den Vorstand berufen sollten? Das ist nicht zwingend erforderlich, solange jemand in der Geschäftsleitung das Thema auf die persönliche Agenda nimmt und sich auch am Erreichen der Ziele messen lässt. Fast die Hälfte der Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten, die für den Managementkompass Survey befragt worden sind, betrachtet Nachhaltigkeit als Möglichkeit, Risiken zu minimieren und die Resilienz zu stärken. Gleichzeitig zeigte der Index-Anbieter S&P Global bereits vor zwei Jahren in einer Erhebung, dass von den Gütern, Grundstücken und Anlagen der Unternehmen aus dem S&P 500 rund 60 Prozent vom Klimawandel bedroht sind. Wenn also existenzielle Risiken eines Unternehmens die Sache des Vorstandes sind, dann gilt das auch für die Nachhaltigkeit.

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Entscheidend ist aber ohnehin etwas anderes: Nämlich das klare Commitment der Führungsebene, dass Nachhaltigkeit kein Marketing- und kein Grüne-Farben-, sondern ein strategisches Thema ist, für dessen Durchsetzung und Priorisierung die jeweiligen Beauftragten ein starkes Mandat benötigen. Ein Nachhaltigkeitsmanager sollte in alle relevanten Entscheidungsprozesse mit eingebunden werden. Er braucht idealerweise ein Vetorecht, die Möglichkeit durchzugreifen, um Probleme im Unternehmen nicht nur adressieren, sondern auch konkret unterbinden und Lösungen direkt angehen zu können. Im besten Fall kann er oder sie damit auch das Greenwashing einzelner Abteilungen von vornherein verhindern.

Schritt 3: Die Informationen

Entscheidend ist, dass Organisationen keine hermetisch verschlossenen Silos sind und Informationen fließen können. Hierarchien sind Filter für Informationen. Jede Ebene trägt nur das weiter, was die nächsthöhere Ebene unbedingt wissen muss und wissen sollte. Für ein Management ist es daher gerade in besonders hierarchisch organisierten Unternehmen schwierig, sich einen ganzheitlichen Überblick zu verschaffen. Das gilt auch für das Thema Nachhaltigkeit. Um Greenwashing vorzubeugen und sich erfolgreich nachhaltig aufzustellen, ist es unerlässlich, eine Vielzahl von Daten aus dem eigenen Unternehmen sowie entlang der Wertschöpfungsketten verfügbar zu machen.

Wie ist es um die CO2-Emissionen einzelner Abteilungen bestellt? Wie verhält es sich mit dem Anteil von Männern und Frauen? Welche Mengen an Wasser verbrauchen bestimmte Unternehmensteile? Wie hoch ist die Personalfluktuation? Wie sehr stiftet eine bestimmte Produktlinie einen gesellschaftlichen Nutzen? Das ist nur ein kleiner Ausschnitt an Fragen, die sich mithilfe von Daten aus den verschiedenen Unternehmensteilen beantworten lassen, wenn es gelingt, Silostrukturen zu überwinden. Das Ergebnis hilft, passgenaue Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit zu entwickeln und zu implementieren. Es sorgt für Transparenz – und damit für den bestmöglichen Schutz vor Greenwashing-Ansätzen und entsprechenden Vorwürfen.

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Ein effektives Nachhaltigkeitsmanagement geht daher Hand in Hand mit einem konsequenten Datenmanagement. Daten sind die Voraussetzung für Transparenz, die wiederum möglichem Greenwashing entgegenwirkt. Die verschiedenen Daten helfen obendrein, einen umfassenden Blick auf das eigene Unternehmen zu entwickeln, der über das Nachhaltigkeitsmanagement hinaus sowohl für das Personalwesen wie auch für das Risikomanagement, das Controlling oder die strategische Unternehmensführung von enormem Wert ist.

Schritt 4: Das Feedback

Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Diese Formel gilt auch für das Thema Nachhaltigkeit. In vielen Fällen ist Greenwashing leicht zu erkennen. Anstatt das eigene klimaschädliche Geschäftsmodell zu transformieren, pflanzen die entsprechenden Unternehmen beispielsweise Bäume und belassen ansonsten alles so, wie es ist. Doch längst nicht immer ist der Fall so eindeutig. Daher ist eine ausgeprägte Feedback-Kultur wichtig, sowohl intern als auch extern, die auf mögliche Fehlentwicklungen frühzeitig hinweisen kann.

Ein nachhaltiges Unternehmen ist letztlich immer ein lernbereites Unternehmen, das sich im ständigen Dialog mit seinen Stakeholdern befinden sollte – übrigens nicht nur bei Fragen des Klima- und Umweltschutzes. Entspricht der Umgang mit den eigenen Beschäftigten tatsächlich einer nachhaltigen Unternehmenskultur? Wieso steigt die Fluktuation trotz einer Vielzahl neuer Angebote, die die Bedürfnisse der Beschäftigten adressieren sollen?

Das Management sollte tief in die Organisation und das Steakholder-Netzwerk hineinhorchen können, um die Wirkung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen zu monitoren. Die passenden Gesprächsformate und Kommunikationskanäle helfen letztlich nicht nur dabei, Greenwashing zu verhindern, sondern bringen die Nachhaltigkeitsbemühungen eines Unternehmens insgesamt voran.

Schritt 5: Die Dokumentation

Seine Nachhaltigkeitsbemühungen sollte ein Unternehmen dann auch dokumentieren. Es sind also KPIs gefragt, die die eigenen Fortschritte aufzeigen und messbar machen, wo noch weiterer Handlungsbedarf besteht. Das bringt zwei positive Effekte mit sich:

  1. Undifferenzierten Greenwashing-Vorwürfen lässt sich mit objektiven Zahlen begegnen.
  2. Allein schon die zunehmenden regulatorischen Vorgaben machen es notwendig, dass Unternehmen den eigenen Status quo in Sachen Nachhaltigkeit kennen.

Schritt 6: Das Verständnis

Nachhaltigkeit hat nicht nur Wirkung nach außen, es hat auch eine Wirkung nach innen. Ein tiefgehendes Verständnis für Nachhaltigkeit in sämtlichen Prozessen zu etablieren, ist eine Frage des passenden Human-Resource-Ansatzes. So lässt sich sicherstellen, dass alle Beschäftigten ausreichend sensibilisiert sind und effektive Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit nicht mit Greenwashing verwechseln.

Für Unternehmen, die diese sechs Schritte beherzigen und sie konsequent umsetzen, dürfte Greenwashing deutlich seltener ein Thema sein. Stattdessen richten sie sich nachhaltig aus und sorgen für Transparenz in der eigenen Organisation – davon wiederum profitiert nicht nur die Umwelt.


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