Digitale Exzellenz
Digitale Exzellenz

Beratung ist für Banken kein Auslaufmodell

, vor 2 Wochen

Fotocredit: Getty Images

Lesezeit: 4 Minuten

Beratung ist für Banken kein Auslaufmodell

Von wegen Self-Service only: 62 Prozent der Bankkunden in Deutschland sehen ihre Bankberater als langfristige Begleiter. Diese Zahl aus unserer Studie „Digital Banking Experience Report“ lässt aufhorchen. Der Blick auf die Ergebnisse zeigt zudem, welche Lücken Banken bei der Beratung schließen sollten und womit. Hier einige Impulse.

Wäre Bankberatung eine Aktie, müsste die Empfehlung „Halten!“ lauten. Die Deutschen loben vor allem die Zuverlässigkeit. Ihre Beraterinnen und Berater sind ansprechbar und hören zu, sie geben persönliche Ratschläge zu Finanzfragen, und sie agieren im Kundeninteresse. Derartiges Lob verteilen immerhin mehr als zwei von drei Befragten. Angesichts solcher Zufriedenheitswerte sollten Banken vielleicht ihre KI- und Automatisierungsaktivitäten herunterpriorisieren und mehr in die fachliche und soziale Beratungskompetenz ihrer Angestellten investieren.

Andersherum wird allerdings ein Schuh daraus: Gerade die von Banken angestoßenen KI-Initiativen werden sie befähigen, besser zu beraten – wenn sie mit den Investitionen und konkreten KI-Anwendungen die vorhandenen Service-Lücken füllen.


DBX Report - Das sagen Kunden über ihre Bankberater.

Quelle: https://www.soprasteria.de/newsroom/publikationen/studien/free/digital-banking-experience-report-2023


Welche Lücken zu schließen sind, lässt sich ebenfalls aus der Studie ablesen. Eine lautet Kundenkenntnis: Jeder zweite Bankkunde kritisiert bei Bankberatern, wie wenig sie doch über die Lebensumstände ihrer Kunden und deren aktuellen Bedürfnisse wissen. Bei jedem Gespräch werden Dinge erneut abgefragt, die aus früheren Gesprächen oder E-Mail-Kontakten bereits bekannt sein müssten. Das sollten die Institute definitiv abstellen.

Bankberater sollten beispielsweise automatisch in Kenntnis gesetzt werden, wenn ihre Kunden Opfer von Phishing geworden sind und ihre Karten zwischenzeitlich sperren lassen mussten. Derartige Einzelheiten sind wichtig für das nächste reguläre Gespräch oder ein Anlass für einen Ad-hoc-Anruf, der zeigt, dass man sich kümmert. Voraussetzung ist, dass die Bankberater entsprechend informiert sind, was im Retail-Banking eine entsprechende Vernetzung zwischen Kunden- und Incident-Management erfordert.

Tech-Unterstützung und exzellentes Datenmanagement fördern auch die Beratung bei der nachhaltigen Geldanlage. Technologie beschleunigt Auswertung und Aufbereitung verschiedener Datenquellen; häufig ermöglicht sie erst eine umfassende Nachhaltigkeitsbewertung von Firmen und schafft eine Vergleichbarkeit. Generative KI wird hier bei der Kommunikation unterstützen.

Gute Beratung bedeutet zudem, sich mit den Kunden zu verändern. Banken müssen ihren Kunden zeigen: „Wir kennen dich und deine Umwelt – nicht nur jetzt, sondern auch morgen – und wir können dich als Ratgeber mit den passenden Angeboten versorgen.“ Dazu gehört, dass Banken auch bei ihren vielen Privatkunden häufiger aktiv mit guten Ideen um die Ecke kommen, ohne sie mit Wurfsendungen und generischen Newslettern zuzuspammen. Dafür sollten sie ihrem Vertrieb Produkte, Dienstleistungen und Kommunikationsmittel an die Hand geben, die weniger starr sind.

Daten für Ansprache und Geschäftsentwicklung besser nutzen

Im Retail-Banking fällt das schwer, weil Bankberater mit einem großen Kundenstamm selten alle Details über Kunden im Blick haben. Zudem ist es extrem aufwändig, Gespräche ausführlich vorzubereiten. Der Aufwand beißt sich häufig mit vertrieblichen Zielvorgaben wie der Zahl der monatlichen Kundenkontakte.

Dennoch ist Mass Customization kein Ding der Unmöglichkeit. Die Technologie ist reif genug, um zusammen mit klugen Geschäftsprozessen und der passenden Datenstrategie mehr als nur zu unterstützen. Banken müssen es schaffen, gute digitale Ad-hoc-Beratung zu bieten und die Übergänge von der Beratung zu den Folgeprozessen so reibungslos wie möglich zu gestalten. Sie können ihren Beratern zudem digitale Dienste wie die Echtzeit-Einschätzung von Verträgen für ihre Kunden zur Verfügung stellen, die wiederum Erkenntnisse für Gespräche oder personalisierte Angebote liefern.

Die dabei gesammelten Daten sollten zu den Beratern und in das Business Development zurückfließen – durch die digitale Verkaufsassistenz GenAI aufbereitet –, zum einen als verständliche Unterlage für das nächste persönliche Gespräch, zum anderen als Report für das Produktmanagement, der Angebotslücken im bestehenden Portfolio der Bank aufdeckt.

Wer Customer Centricity möchte, braucht auch Advisor Centricity

Beratung durch Menschen ist also gefragt. Banken müssen sich jedoch anstrengen, dass dieses Asset gefragt bleibt. 60 Prozent der Kunden könnten theoretisch auch ohne menschliche Berater auskommen, ergibt die Studie.

Wenn also die Kunden Beratung wertschätzen und für Banken im Zentrum stehen, sollten Bankberater als ihre Interessenvertreter ebenso ins Zentrum einer Bankstrategie rücken. Nur informierte und von Admin-Arbeiten befreite Bankberater sind zufriedene, kreative und damit motivierte Berater. Eigenschaften, die Kunden ebenfalls einfordern, zeigt der Digital Banking Experience Report. Eine Tech-or-People-Strategie sollte für Beraterbanken somit keine Option sein. Es geht vielmehr um die bestmögliche Tech-Unterstützung des Menschen, und zwar des Kunden wie des Beraters.