Digitale Exzellenz
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Big Data für das Kinderzimmer

, 16. März 2016

Lesezeit: 3 Minuten

Big Data für das Kinderzimmer

Die Digitalisierung lauert überall. Die zerstörerische Kraft disruptiver Ideen macht selbst vor Monopolisten wie LEGO nicht halt. Und so manches Konzept der Kategorie Big Data ist so einfach, dass es sogar im Kinderzimmer entsteht.

So geschehen bei mir zuhause. Jede Woche dasselbe. Mein Sohn Matteo stellt seinen gesamten LEGO-Fundus auf den Kopf. Sein Ziel: Er sucht nach einem! bestimmten Steinchen für einen eigens entwickelten Raketen-Bauplan. Dafür breitet er tausende LEGO-Steine auf dem Fußboden seines Zimmers aus.

Keine leichte Aufgabe. LEGO hat bisher mehr als 2.000 unterschiedliche Basissteine entwickelt. Die Suche ganz ohne Hilfsmittel ist nahezu aussichtlos. Diesmal gibt Matteo die Suche bereits nach einer Stunde auf, mit Tränen in den Augen. Die Situation können wir nur noch durch einen kühnen Beschluss retten: „Wir programmieren eine App!“.

Big Data geht kinderleicht

Apps sind für ihn wie Magie. Die können einfach alles. Mit ein paar Fingergesten lassen sich Kindernachrichten, Stundenpläne und Fußballergebnisse in Sekundenschnelle auf Papa´s Smartphone zaubern. So ließe sich auch sein LEGO-Chaos ordnen, schlussfolgert er, und er versteht auch, dass eine App alleine nicht ausreichen wird. „Wir bauen eine Maschine!“, ergänzt er unseren soeben gefassten Beschluss. „Ich kippe alle Steine in die Maschine. Dann tippe ich in die App, was ich bauen möchte. Die App schlägt mir ein paar Bausätze vor, und wenn ich darauf klicke, spuckt mir die Box alle Steinchen einfach unten aus.“

Ein neuer Blick auf Daten schafft unverwechselbaren Kundennutzen

Ich bin sprachlos. Matteos Idee – eine Art digitaler Thermomix für Plastikbausteine – ist verblüffend einfach. Nur umgesetzt hat sie noch keiner. Weltweit gibt es unzählige LEGO-Recycling-Programme, aber keines davon ist hinreichend digitalisiert. Jedes Jahr werden viele Millionen Teile durch die Welt befördert nach Größe, Farbe und Zustand sortiert, nach Wunsch der Kunden zusammengestellt und wieder verschickt. Alles geschieht manuell. Das ist erstaunlich, da die Digitalisierung dieses Recycling-Geschäftsmodells nicht nur Zeit spart, sie ermöglicht auch eine Spezialisierung auf seltene Produktserien. Durch die Aufbereitung der riesigen Datenmenge (Big Data) in Verbindung mit den LEGO-Steinchen ließen sich neue individualisierte Baupläne entwickeln. Unternehmen bietet sich damit die Chance auf eine deutlich individuellere Kundenerfahrung, durch eine effizientere und kundenfreundlichere Berücksichtigung der Konsumentenwünsche.

Digitale Invasoren im Angriffsmodus

Dieser Denkansatz verdient durchaus das Attribut “disruptiv“. Er hat das Potenzial, das globale Geschäft mit den bunten Steinchen grundlegend zu verändern. Digitale Invasoren wie „Uber“ und „AirBnB“ klinken sich schon seit Längerem geschickt in die analoge Wertschöpfungskette etablierter Unternehmen ein, mit völlig unvorhersehbaren Folgen. Und dazu benötigt man nicht einmal eine High-Tech-Rechenleistung wie beim Hochfrequenzhandel von Banken, wo Millisekunden über Gewinn und Verlust entscheiden.

Grund genug für CxO´s, sich mit der „Uberisierung“ des eigenen Geschäftsmodells auseinanderzusetzen. Die zerstörerische Kraft smarter Ideen macht nicht vor Monopolisten halt. Auf diese Geschichte bezogen heißt das: LEGO muss sich warm anziehen. Eine Digitalisierung des Handels gebrauchter Steinchen – sprich die Analyse und Synthese der vorhandenen Baupläne und -materialien – bietet reichlich Fantasie für neue Geschäftsmodelle mit Produkten des dänischen Spielzeugriesen. Trotz oder gerade aufgrund eines ständig wechselnden Sortiments.

Übrigens: Ich habe Matteo versprochen, zu seinem nächsten Geburtstag einen Prototypen der ersten digitalen LEGO Recycling Box zu schenken. Ich bin viel zu spät dran, und noch etwas planlos…

Foto: iStockphoto.com/Ekaterina Minaeva