Digitale Exzellenz
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Wie Kundenzentrierung als Wettbewerbsvorteil wirklich zu verstehen ist

, 28. Oktober 2020

Lesezeit: 6 Minuten

Wie Kundenzentrierung als Wettbewerbsvorteil wirklich zu verstehen ist

Kundenzentrierung ist als Schlagwort beliebt, wenn es um Unternehmensstrategien geht. Doch damit aus Kundenfokussierung ein echter Wettbewerbsvorteil wird, reicht es nicht, den Kunden nur zu beobachten und Daten zu sammeln. Stattdessen ist etwas anderes gefragt: echter Austausch.   

Der Kunde ist König.“ Diesen Satz haben wir alle schon unzählige Male gehört: „Ein Drittel der größeren Unternehmen sieht sich auf diesem Gebiet gut aufgestellt. Das ergibt eine Umfrage des Marktforschungsinstituts Civey bei Entscheidern in Deutschland, im Auftrag von Sopra Steria. Sie sehen das eigene Unternehmen bei der Kundenfokussierung gegenwärtig im Vorteil gegenüber dem Wettbewerb. Mit diesem USP wären diese Unternehmen auch für die kommenden drei bis fünf Jahre gut aufgestellt. Denn mehr als 40 Prozent der befragten Entscheider gehen davon aus, dass Kundenzentrierung als Wettbewerbsvorteil für ihr Unternehmen noch wichtiger sein wird. Bei Banken und Versicherungen glauben dies sogar rund 60 Prozent der Managerinnen und Manager.

Beschwörungsformel oder klare Strategie?

Die Ergebnisse der Umfrage werfen allerdings einige Fragen auf: Wie glänzen die Unternehmen, die bei der Kundenzentrierung eher blank sind? Welche konkreten Strategien verbergen sich derzeit hinter dem Wettbewerbsvorteil Kundenorientierung?  Oder ist Kundenfokussierung vielleicht nur eine Beschwörungsformel und nicht mit einem tatsächlichen Konzept verknüpft? Untersuchungen, die neben den Unternehmen auch deren Kunden fragen, ob sie sich verstanden fühlen, decken hier oft große Unterschiede der Wahrnehmung auf. Von wem können Unternehmen lernen, wenn der Kundenfokus künftig noch wichtiger sein wird, weil andere Differenzierungen wie Produktqualität oder digitale Prozesse wegfallen, weil sie für Kunden selbstverständlich geworden sind?

In einem Beitrag verwies Christoph Kull, Vice President bei Adobe Europe, kürzlich auf die Händler der alten Seidenstraße und was Unternehmen von ihnen lernen können, wenn es darum geht, Kundenerlebnisse zu gestalten. Anders als heute, hatten die Händler damals keine große Möglichkeit, ihre Kunden auf allen Kanälen zu beobachten oder schnell auf Nachfragen zu reagieren. Dafür waren die Wege zu weit und zu beschwerlich. Dennoch fanden Händler und Kunden auch damals zusammen und machten die Seidenstraße zu einer der wirtschaftlichen Schlagadern früherer Jahrhunderte. Wie konnte das gelingen?

Kulls Fazit: Es sind die Gespräche. Es muss ein echter Austausch stattfinden – und das in beide Richtungen und auch übertragen auf die Online-Geschäftswelt. Das geht einher mit einem radikalen Blickwechsel – durch den das Unternehmen nicht mehr länger nur auf den Kunden schaut, sondern auch als Kunde auf das Unternehmen, also sich selbst.

3 Stufen der Kundenorientierung

Dieses Verständnis von Kundenfokus als Dialog mit einem systematischen Konzept dahinter ist längst nicht überall verankert: In Praxis erleben wir, dass sich Unternehmen mit ihrer Kundenfokussierung auf einer der folgenden drei Stufen befinden:

  • Stufe 1: Kundenfokussierung ist ein (Marketing-)Versprechen, eine Absichtserklärung, die aber nicht mit konkreten Strategien oder Handlungsschritten des Unternehmens verknüpft ist.
  • Stufe 2: Die Kundenfokussierung stellt den Kunden zwar in den Mittelpunkt des Geschehens, doch die Unternehmen reagieren lediglich auf Wünsche und Bedürfnisse. In vielen Fällen sammeln Unternehmen schon Daten und ziehen rudimentäre Schlüsse, beispielsweise für ein Re-Targeting.
  • Stufe 3: Die Kundenfokussierung beschränkt sich nicht mehr nur auf das Beobachten und Reagieren. Unternehmen und Kunden interagieren. Die Kunden sind als Dauergäste in die täglichen Prozesse des Unternehmens eingebunden. Dies berücksichtigt der sogenannte Customer-Journey-Ansatz, bei dem Kunden die Möglichkeit haben, in den Prozessen selber zu bestimmen, über welchen Kanal sie interagieren und diesen auch noch im Prozess wechseln können. Kunden wissen, was beim Unternehmen gerade vor sich geht und umkehrt. Dank digitaler Technologien wie Künstlicher Intelligenz und Ansätzen wie Data Analytics funktioniert das auch auf der Online-Seidenstraße.

Kundenzentrierung bedeutet auch, neue Möglichkeiten aufzuzeigen

Für die Stufe 3 ist eine Erkenntnis besonders wichtig: Kunden denken im Rahmen dessen, was sie kennen, was aus ihrer Sicht möglich ist oder bislang möglich war. Dies kann jedoch auch das einschließen, was Kunden von anderen Unternehmen kennen, was dort schon möglich ist. Sie nutzen also ihre bisherigen Erfahrungen. Aufgabe der Unternehmen ist es somit, zu verstehen, für welches Problem der Kunde ein Produkt oder einen Service benötigt und was der Benefit ist, den sich der Kunde verspricht. Zudem ist es Aufgabe eines Unternehmens, aus diesen Erkenntnissen und Gesprächen heraus den eigenen Horizont und den der Kunden zu erweitern – ihnen somit auch neue Möglichkeiten aufzuzeigen.

Viele Unternehmen halten es derzeit lieber mit dem Zitat von Henry Ford – das wahrscheinlich frei erfunden ist: „If I had asked people what they wanted, they would have said faster horses. Das Zitat wird meist ins Feld geführt, um gegen Kundenorientierung zu argumentieren. Autobauer halten bis heute gerne an den Pferdestärken fest, um die Leistung ihrer neuesten Boliden zu beschreiben.

Doch es lässt sich auch anders lesen. Hätten die Kunden von Henry Ford nämlich gewusst, welche Autos gebaut werden können und was das für sie bedeutet, hätten sich viele womöglich nicht für die Pferde entschieden. Die Geschwindigkeit der Pferde dürfte nicht das wichtigste Anschaffungsargument für viele Kunden gewesen sein, auch wenn sie danach gefragt haben.

Entscheidend war doch eher, dass ein Auto einfacher zu unterhalten ist, als Pferde zu versorgen oder, dass man beim Autofahren nicht nass wird oder, dass ich im Auto mehr Dinge einfacher transportieren kann. Eine Kundenfokussierung, die allein reagiert, hätte versucht, mit immer schnelleren Autos zu überzeugen – aber damit das wahre Problem der Kunden im Erfolgsfall nur zufällig gelöst.

Es gibt ein anderes Zitat von Henry Ford, das bereits zu seinen Lebzeiten veröffentlicht wurde und als authentisch gilt:  „If there is any one secret of success, it lies in the ability to get the other person’s point of view and see things from that person’s angle as well as from your own.”

In diesem Zitat steckt eine Botschaft für die Gestaltung der Kundenreisen, dem sogenannten Customer Journey Management. Unternehmen sollten sich nicht auf die Analyse von Kundendaten fokussieren, sondern Strategien entwickeln, wie sie bei jedem Kontakt im Sinne der Kunden agieren und interagieren. Wem das gelingt, der wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit Vorteile im Wettbewerb verschaffen.


Safe the date: Livestreaming-Event zum Thema Wettbewerbsvorteile am 10. November

Kundenfokussierung ist als Schlagwort beliebt, wenn es um Unternehmensstrategien geht. Doch damit aus Kundenfokussierung ein echter Wettbewerbsvorteil wird, reicht es nicht, den Kunden nur zu beobachten und Daten zu sammeln. Stattdessen ist etwas anderes gefragt: echter Austausch.    Der Kunde ist König.“ Diesen Satz haben wir alle schon unzählige Male gehört: „Ein Drittel der größeren Unternehmen sieht sich auf diesem Gebiet gut aufgestellt. Das ergibt eine Umfrage des Marktforschungsinstituts Civey bei Entscheidern in Deutschland, im Auftrag von Sopra Steria. Sie sehen das eigene Unternehmen bei der Kundenfokussierung gegenwärtig im Vorteil gegenüber dem Wettbewerb. Mit diesem USP wären diese Unternehmen auch für die kommenden drei bis fünf Jahre gut aufgestellt. Denn mehr als 40 Prozent der befragten Entscheider gehen davon aus, dass Kundenzentrierung als Wettbewerbsvorteil für ihr Unternehmen noch wichtiger sein wird. Bei Banken und Versicherungen glauben dies sogar rund 60 Prozent der Managerinnen und Manager. Beschwörungsformel oder klare Strategie?  Die Ergebnisse der Umfrage werfen allerdings einige Fragen auf: Wie glänzen die Unternehmen, die bei der Customer Experience eher blank sind? Welche konkreten Strategien verbergen sich derzeit hinter dem Wettbewerbsvorteil Kundenorientierung?  Oder ist Kundenfokussierung vielleicht nur eine Beschwörungsformel und nicht mit einem tatsächlichen Konzept verknüpft? Untersuchungen, die neben den Unternehmen auch deren Kunden fragen, ob sie sich verstanden fühlen, decken hier oft große Unterschiede der Wahrnehmung auf. Von wem können Unternehmen lernen, wenn der Kundenfokus künftig noch wichtiger sein wird, weil andere Differenzierungen wie Produktqualität oder digitale Prozesse wegfallen, weil sie für Kunden selbstverständlich geworden sind? In einem Beitrag verwies Christoph Kull, Vice President bei Adobe Europe, kürzlich auf die Händler der alten Seidenstraße und was Unternehmen von ihnen lernen können, wenn es darum geht, Kundenerlebnisse zu gestalten. Anders als heute, hatten die Händler damals keine große Möglichkeit, ihre Kunden auf allen Kanälen zu beobachten oder schnell auf Nachfragen zu reagieren. Dafür waren die Wege zu weit und zu beschwerlich. Dennoch fanden Händler und Kunden auch damals zusammen und machten die Seidenstraße zu einer der wirtschaftlichen Schlagadern früherer Jahrhunderte. Wie konnte das gelingen?  Kulls Fazit: Es sind die Gespräche. Es muss ein echter Austausch stattfinden – und das in beide Richtungen und auch übertragen auf die Online-Geschäftswelt. Das geht einher mit einem radikalen Blickwechsel – durch den das Unternehmen nicht mehr länger nur auf den Kunden schaut, sondern auch als Kunde auf das Unternehmen, also sich selbst.  3 Stufen der Kundenorientierung Dieses Verständnis von Kundenfokus als Dialog mit einem systematischen Konzept dahinter ist längst nicht überall verankert: In Praxis erleben wir, dass sich Unternehmen mit ihrer Kundenfokussierung auf einer der folgenden drei Stufen befinden:  •	Stufe 1: Kundenfokussierung ist ein (Marketing-)Versprechen, eine Absichtserklärung, die aber nicht mit konkreten Strategien oder Handlungsschritten des Unternehmens verknüpft ist.  •	Stufe 2: Die Kundenfokussierung stellt den Kunden zwar in den Mittelpunkt des Geschehens, doch die Unternehmen reagieren lediglich auf Wünsche und Bedürfnisse. In vielen Fällen sammeln Unternehmen schon Daten und ziehen rudimentäre Schlüsse, beispielsweise für ein Re-Targeting.  •	Stufe 3: Die Kundenfokussierung beschränkt sich nicht mehr nur auf das Beobachten und Reagieren. Unternehmen und Kunden interagieren. Die Kunden sind als Dauergäste in die täglichen Prozesse des Unternehmens eingebunden. Dies berücksichtigt der sogenannte Customer-Journey-Ansatz, bei dem Kunden die Möglichkeit haben, in den Prozessen selber zu bestimmen, über welchen Kanal sie interagieren und diesen auch noch im Prozess wechseln können. Kunden wissen, was beim Unternehmen gerade vor sich geht und umkehrt. Dank digitaler Technologien wie Künstlicher Intelligenz und Ansätzen wie Data Analytics funktioniert das auch auf der Online-Seidenstraße.  Kundenzentrierung bedeutet auch, neue Möglichkeiten aufzuzeigen Für die Stufe 3 ist eine Erkenntnis besonders wichtig: Kunden denken im Rahmen dessen, was sie kennen, was aus ihrer Sicht möglich ist oder bislang möglich war. Dies kann jedoch auch das einschließen, was Kunden von anderen Unternehmen kennen, was dort schon möglich ist. Sie nutzen also ihre bisherigen Erfahrungen. Aufgabe der Unternehmen ist es somit, zu verstehen, für welches Problem der Kunde ein Produkt oder einen Service benötigt und was der Benefit ist, den sich der Kunde verspricht. Zudem ist es Aufgabe eines Unternehmens, aus diesen Erkenntnissen und Gesprächen heraus den eigenen Horizont und den der Kunden zu erweitern – ihnen somit auch neue Möglichkeiten aufzuzeigen. Viele Unternehmen halten es derzeit lieber mit dem Zitat von Henry Ford – das wahrscheinlich frei erfunden ist: „If I had asked people what they wanted, they would have said faster horses. Das Zitat wird meist ins Feld geführt, um gegen Kundenorientierung zu argumentieren. Autobauer halten bis heute gerne an den Pferdestärken fest, um die Leistung ihrer neuesten Boliden zu beschreiben.  Doch es lässt sich auch anders lesen. Hätten die Kunden von Henry Ford nämlich gewusst, welche Autos gebaut werden können und was das für sie bedeutet, hätten sich viele womöglich nicht für die Pferde entschieden. Die Geschwindigkeit der Pferde dürfte nicht das wichtigste Anschaffungsargument für viele Kunden gewesen sein, auch wenn sie danach gefragt haben.  Entscheidend war doch eher, dass ein Auto einfacher zu unterhalten ist, als Pferde zu versorgen oder, dass man beim Autofahren nicht nass wird oder, dass ich im Auto mehr Dinge einfacher transportieren kann. Eine Kundenfokussierung, die allein reagiert, hätte versucht, mit immer schnelleren Autos zu überzeugen – aber damit das wahre Problem der Kunden im Erfolgsfall nur zufällig gelöst.  Es gibt ein anderes Zitat von Henry Ford, das bereits zu seinen Lebzeiten veröffentlicht wurde und als authentisch gilt:  „If there is any one secret of success, it lies in the ability to get the other person’s point of view and see things from that person’s angle as well as from your own.”  In diesem Zitat steckt eine Botschaft für die Gestaltung der Kundenreisen, dem sogenannten Customer Journey Management. Unternehmen sollten sich nicht auf die Analyse von Kundendaten fokussieren, sondern Strategien entwickeln, wie sie bei jedem Kontakt im Sinne der Kunden agieren und interagieren. Wem das gelingt, der wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit Vorteile im Wettbewerb verschaffen.  _____________________________ Safe the date: Livestreaming-Event zum Thema Wettbewerbsvorteile am 10. November    Wenn Sie mögen: Diskutieren Sie mit uns über Wettbewerbsvorteile. Bei einem Livestreaming-Event am 10. November 2020 debattieren das Handelsblatt und Sopra Steria mit namhaften Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik darüber, welche Fähigkeiten den Unterschied ausmachen. => Auf dieser Website können Sie sich anmelden. Wir freuen uns auf die Diskussion mit Ihnen sowie auf viele spannende Antworten auf die Frage „What’s Your Edge?“

Wenn Sie mögen: Diskutieren Sie mit uns über Wettbewerbsvorteile. Bei einem Livestreaming-Event am 10. November 2020 debattieren das Handelsblatt und Sopra Steria mit namhaften Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik darüber, welche Fähigkeiten den Unterschied ausmachen.

=> Auf dieser Website können Sie sich anmelden.

Wir freuen uns auf die Diskussion mit Ihnen sowie auf viele spannende Antworten auf die Frage „What’s Your Edge?“


Foto: Getty Images / Dimitri Otis