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Autonomes Fahren: Viel Vision und ein wenig Tesla

, 7. September 2020

Lesezeit: 4 Minuten

Autonomes Fahren: Viel Vision und ein wenig Tesla

Fünf Jahre Blog Digitale Exzellenz sind eine gute Gelegenheit, auf die Themen der Vergangenheit zurückzuschauen. Welche Hype-Themen sind heute noch relevant, welche Schnee von gestern? Heute blicken wir auf ein Vorhaben, das die Art der Fortbewegung schon bald komplett verändern soll: autonomes Fahren.

Lenkst Du noch – oder fährst Du schon? Mit viel Optimismus blickten vor fünf Jahren viele von uns beim Thema autonomes Fahren in die Zukunft. Daimler schickte damals einen autonom fahrenden Lkw über die Autobahn A8. Zu dem Zeitpunkt experimentierte der Suchmaschinen-Riese Google schon seit einigen Jahren mit Roboterautos, die zunächst 2017, später dann 2020 bereit für den Massenmarkt sein sollten. Doch dann verabschiedete sich das Unternehmen gänzlich von der Entwicklung eigener Fahrzeuge, konzentrierte sich stattdessen auf die Entwicklung der zugehörigen Technologie und ging Partnerschaften mit etablierten Autobauern ein. Diese bauen seitdem Prototypen und verbessern Fahrassistenzsysteme.

Regulatorische, ethische und technologische Probleme

Mit den Ankündigungen völlig autonom fahrender Fahrzeuge sind viele Hersteller in den vergangenen Jahren vorsichtiger geworden. Inzwischen fällt vor allem noch der Autohersteller Tesla – wie schon in der Vergangenheit – mit vollmundigen Versprechen zum Thema auf.  Allerdings beschäftigten diese Werbeversprechen der Amerikaner im Zusammenhang mit Autopiloten und dem autonomen Fahren zuletzt sogar die Gerichte. Dennoch zeigte sich Tesla-CEO Elon Musk noch im Juli überzeugt, dass der Hersteller bis Ende des Jahres die sogenannte Stufe 5 beim autonomen Fahren erreichen werde. Damit ist gemeint, dass das Fahrzeug alle Funktionen eigenständig steuert.

https://www.youtube.com/watch?v=xBysm4_OceI
Quelle: Youtube

Das Problem: Selbst Tesla-Fahrzeuge sind bislang offiziell nur mit einem Level-2-System unterwegs. Audi beerdigte seine Pläne zur Einführung von Stufe 3 für den aktuellen A8. Ein Gemeinschaftsprojekt von Daimler und BMW wurde auf Eis gelegt. Zulassungsfähig ist in rund 60 Staaten derzeit ohnehin nur ein System, dessen Betrieb „zunächst auf kreuzungsfreie Straßen ohne Fußgänger und Radfahrer sowie ein Höchsttempo von 60 km/h beschränkt” wird. Das ist der regulatorische Rahmen für Level 3, auf den sich rund 60 Staaten der UNECE kürzlich einigten, als es darum ging, technische Regeln für den internationalen Straßenverkehr neu zu formulieren. Es hatte Jahre gebraucht, dies zu erarbeiten.

Autonomes Fahren mit dem Lastkraftwagen

Doch zurück zur A8. Seine Lkw-Pläne treibt Daimler unbeirrt weiter voran. Anfang des vergangenen Jahres kündigte das Unternehmen an, rund eine halbe Milliarde Euro in weitestgehend selbstfahrende Lastkraftwagen investieren zu wollen. Gemeint ist damit ein Fahrzeug, das mit der Automatisierungsstufe 4 unterwegs ist. Während ein vollständig autonom fahrender Pkw derzeit also noch auf sich warten lässt, sieht es beim autonomen Lkw schon anders aus. In Schweden erhielt im vergangenen Jahr der T-Pod eine Straßenzulassung. Die Skandinavier sorgten damit für eine Weltpremiere. Unterwegs ist das Gefährt – das ohne Fahrer an Bord auskommt – für den Spediteur DB Schenker. Der Versuch soll bis Ende 2020 laufen.

Schwedens Behörden haben strenge Vorgaben für den T-Pod-Versuch gemacht. So fährt er derzeit mit gerade einmal fünf Stundenkilometern durch die Lande. Gibt es Probleme, muss auch beim T-Pod ein Mensch eingreifen – dies allerdings per Joystick aus einer Zentrale.

https://www.youtube.com/watch?v=xr7sC9zPWDc
Quelle: Youtube

Das Start-up Enride, das hinter dem T-Pod steht, hofft darauf, dass künftig ein Kontrolleur mehrere solcher LKW im Blick behalten und so den Spediteuren die Fahrer ersparen kann. Genutzt wird der T-Pod für das Pendeln zwischen zwei verschiedenen Lagern – komplexere Streckenverläufe oder ein unübersichtliches Verkehrsgeschehen in der Innenstadt muss er nicht bewältigen können. Im Oktober will der Handelskonzern Lidl damit beginnen, die Technologie in Schweden zu nutzen und Mitarbeiter dort dann fragen lassen: „Lenkst Du noch – oder fährst Du schon?“

Zwischenfazit: Auf das Zeitalter “Autonomes Fahren” werden wir noch etwas länger warten als ursprünglich angedacht. Aber das Thema ist wirtschaftlich und gesellschaftlich zu bedeutend, als dass man es zu den Akten legen wird. Abwarten, wo wir in fünf Jahren stehen. Wir werden das Thema hier wieder aufgreifen – wenn es dann noch Blogs gibt.