Digitale Exzellenz
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New Work erfordert New Healthcare, auch in den Unternehmen

, 29. März 2021

Lesezeit: 6 Minuten

New Work erfordert New Healthcare, auch in den Unternehmen

Gesundheitsexperten, Krankenkassen und Mediziner beschäftigen sich seit längerem mit der Frage, wie sich digitaler Fortschritt zur Verbesserung der Gesundheit nutzen lässt. Ziel dieser so genannten Gesundheit 4.0 ist es, mithilfe digitaler Technologien  Prävention, Diagnostik und Behandlung von Krankheiten zu verbessern. Unternehmen entdecken das Thema New Work gerade für das eigene betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM). Zwei Faktoren spielen für ein digitales BGM eine zentrale Rolle.

Die Arbeitswelt befindet sich nicht erst seit Beginn der Covid-19-Pandemie in einem disruptiven Wandel. Immer kürzer werdende Innovationszyklen, neue Arbeitsformen und agilere Strukturen prägen das Arbeiten in Unternehmen und der öffentlichen Verwaltung. Der Arbeitsplatz mit eindeutig definierten Tätigkeiten und klaren Strukturen ist ein Auslaufmodel.

Das bleibt nicht ohne Folgen: All diese Entwicklungen belasten die körperliche und mentale Gesundheit. Stress und unser bewegungsarmer Alltag gelten als wesentliche Treiber der physischen und psychischen Volkskrankheiten.

Eine Analyse der Techniker Krankenkasse aus dem Jahr 2018 belegt diese Entwicklung: Erkrankungen des Bewegungsapparats mit Schmerzen an Rücken, Schulter oder Knie sowie psychische Krankheiten sind Grund für die meisten Fehltage in Deutschland. Insbesondere die Fehlzeiten aufgrund psychischer Erkrankungen werden zu einem größeren Problem – seit 2006 haben sich diese um 92 Prozent erhöht.

Die Arbeitgeber sind sich dessen bewusst und wollen auf diesem Gebiet resilienter werden.  Maßnahmen, die die Gesundheit von Mitarbeitern fördern, entwickelt sich zu einem relevanten Wettbewerbsvorteil. Denn die Arbeitnehmer wählen ihre Arbeitgeber inzwischen auch nach dem Angebot betrieblicher Gesundheitsförderung aus. Die Mehrheit wünscht sich laut einer aktuellen Studie des Meinungsforschungsinstituts Forsa mehr gesundheitliche Unterstützung seitens ihres Arbeitgebers.

BGM im Zeitalter von Gesundheit 4.0

Arbeitgeber sind gefordert, ihr betriebliches Gesundheitsmanagement an die Arbeit 4.0 und New Work anzupassen. Digitalisierung ist hierbei nicht nur Auslöser neuer Herausforderungen, sondern auch Lösung. Gesundheits-Apps, Online-Gesundheitskurse und digitaler Content ermöglichen es Unternehmen, ihr BGM zu digitalisieren. Digitalisierung ermöglicht zwei Dinge, die ein klassisch analoges Gesundheitsmanagement so nicht konnte:

  1. Zugriff auf das Angebot, der unabhängig von Raum und Zeit erfolgen kann
  2. Personalisierbarkeit der Inhalte

Unabhängig von Ort und Zeit

Maßnahmen wie Betriebssport, das firmeninterne Fitness-Studio oder die wöchentliche Rückenschule sind spätestens mit Beginn der Covid-19-Pandemie kaum zu realisieren. Unternehmen sind mit dem Schritt ins Homeoffice gezwungen, klassische BGM-Konzepte weiterzudenken (New Work) und ein Angebot zu schaffen, das Mitarbeitende überall in Anspruch nehmen können.

Das Smartphone als quasi Büroersatz kann hier Dreh- und Angelpunkt des betrieblichen Gesundheitsmanagements werden. Arbeitgeber sollten das Handy zur Schaltzentrale ihres BGM machen. Herausforderung ist, die Angebote so zu konzipieren, dass jeder sie auch zuhause und unterwegs nutzen kann.  

Es gibt hierfür allerdings mittlerweile genügend Anbieter, die sich auf das Thema Online-Gesundheitsförderung spezialisiert haben. Plattformen aggregieren die unterschiedlichen Trainings-, Präventions- und Ratgeberservices. Arbeitgeber können sich aus einem breit gefächerten Portfolio unterschiedlicher Inhalte ihr Serviceangebot für ihre Mitarbeiter  zusammenstellen.

Per digitaler Gesundheits-App lassen sich die Inhalte nahtlos in den Arbeitsalltag integrieren. Wissen zu Ergonomie im Homeoffice oder Service-Angebote wie Rezepte für eine ausgewogene Ernährung können überall konsumiert werden. Trainings oder Online-Seminare lassen sich aufzeichnen, so dass Mitarbeitende sie auch vor oder nach der Arbeit nutzen können.

Personalisierbarkeit

Digitale Medien kämpfen mit aller Macht um die Aufmerksamkeit ihrer Nutzer. Aus diesem Grund werden digitale Gesundheitsangebote nur erfolgreich sein können, wenn auch sie den Mitarbeitern die nötige Nutzerfreundlichkeit und Relevanz bieten, die sie von anderen Apps gewohnt sind.

Diese Relevanz erzielen Unternehmen durch eine Personalisierung des Angebots. Ein Standard-BGM für alle funktioniert nicht. Unternehmen unterscheiden sich durch Faktoren wie Größe und der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Branche. Mitarbeitende sind aufgrund unterschiedlicher Kulturen und demographischer Merkmale diverser denn je. Dies erfordert ein flexibles Angebot, das sich auf Unternehmensebene als auch für jedes einzelne Individuum flexibel zuschneiden lässt.

Die Personalisierung sollte somit in zwei Schritten erfolgen:

  1. Unternehmen sollten zunächst evaluieren, welche Inhalte und Formate die Gesundheit der Mitarbeiter am besten fördert.

    Einzelcoachings und Team-Workshops erzielen bei Unternehmen mit einer kleineren Mitarbeiteranzahl große Wirkung. In Konzernen sind diese allerdings nur schwer umsetzbar. Tools, die eine Interaktion größerer Gruppen ermöglichen, eignen sich deutlich besser. Anbieter digitaler BGM-Instrumente unterstützen bei der Analyse, welche Formate letztlich die geeignesten für das Unternehmen sind.

    Im Bezug auf die Inhalte sollten Unternehmen branchenspezifische Belastungen berücksichtigen. Mitarbeiter der Logistikbranche sind oftmals stärkeren körperlichen Anstrengungen ausgesetzt, als beispielsweise Mitarbeiter der IT-Branche, die viel vor dem Computer sitzen. Letztere benötigen eher Trainings oder Schulungen, die helfen, Risiken des langens Sitzen entgegenzuwirken. Diese Belastungen und Risikofasktoren lassen sich durch Befragungen genau identifizieren und das Angebot demnach zuschneiden.
  2. Das Gute an der Digitalisierung ist die Möglichkeit zum Mass-Customizing. Das modulare Baukastenprinzip digitaler Plattformen ermöglicht es, Trainings auf die individuelle Person zuzuschneiden. Nutzer können zudem ihre Profile ändern, wenn sich die Tätigkeit oder ein gesundheitlicher Risikofaktor ändert.

    Deshalb sollten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Möglichkeit haben, aus Inhalten unterschiedlicher Themenbereiche, Zielsetzungen und Leistungsniveaus wählen zu können. Mögen manche Mitarbeiter speziell nach Hilfestellungen für das Thema Stress suchen, benötigen andere vielleicht mehr Unterstüzung in Sachen gesunde Ernährung. Digitale Gesundheitsplattformen müssen also den Nutzern die Möglichkeit geben, Inhalte basierend auf ihren Zielen auswählen zu können. Nur wenn die gesundheitsfördernde Maßnahme auch die nötige Relevanz bietet, wird sie letztlich auch den gewünschten Mehrwert liefern können.

BMG als Wettbewerbsvorteil

Ein digitales BGM räumt somit die vorherrschenden Schwächen des klassischen, analogen BGMs aus dem Weg. Es unterstützt Unternehmen zudem bei der Transformation in eine digitale Arbeitswelt (New Work). Es schafft eine Unternehmenskultur, die Mitarbeiter durch Eigenverantwortung und eine erweiterte Gesundheitskompetenz dazu befähigt, für ihre Gesundheit aktiv zu werden und den eigenen gesundheitlichen Bedürfnissen nachkommen zu können. So entwickelt sich ein digitales BGM auch zu einem Wettbewerbsvorteil: Krankheitsraten sinken, und die Attraktivität als Arbeitgeber für rar gesäte Fachkräfte steigt.

Fotos: Senseble Health, Getty Images: ZenShui/Alix Minde