Digitale Exzellenz
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Digitales Gedächtnis: Bitte dieses Thema nicht vergessen

, 1. November 2021

Lesezeit: 3 Minuten

Digitales Gedächtnis: Bitte dieses Thema nicht vergessen

Die Höhlenmalereien haben die Zeit überdauert. Die Hieroglyphen der alten Ägypter studieren wir noch heute. Doch was bleibt von all den Daten, die das digitale Zeitalter produziert? Wie sorgen wir überhaupt dafür, dass diese überdauern – unabhängig von der Frage, wie einzelne Unternehmen oder Datenträger den Test der Zeit bestehen? Dieses Fundstück geht diesen Fragen nach.

Die Digitalisierung erzeugt in sehr kurzer Zeit so große Mengen an Daten, die all das, was in der gesamten Kulturgeschichte der Menschheit erzeugt wurde, ganz locker und exponentiell übertrifft.

Diese Datenmengen könnten künftigen Generationen viel über uns erzählen – vorausgesetzt, sie überdauern die Zeiten. Genau das aber ist nicht sicher, wie diese Story, gefunden beim Standard aus Österreich, zeigt und dabei Jahrtausende alte Überlieferungen einerseits und die Verluste im digitalen Zeitalter andererseits benennt.

Ein paar Beispiele:

  • 2019 gingen bei der Plattform Myspace 50 Millionen Songs verloren, von denen nur ein Bruchteil wiederhergestellt werden konnte.
  • Der E-Mail-Dienst Gmail verlor nach einem Software-Update 2011 die E-Mails von 150.000 Nutzern und Nutzerinnen und konnte die Daten nur mithilfe eines Backups, das auf Magnetband (!) gespeichert war, wiederherstellen.
  • Das Problem von Datenverlusten ist uns allen bekannt – sei es bei auf CD-ROMs gespeicherten Bildern oder bei Dateien, die nur auf USB-Sticks gespeichert sind.
  • …weitere Beispiele gerne im Kommentarfeld ergänzen.

Beim generationsübergreifenden Speichern von Daten gibt es drei Herausforderungen:

  1. Was ist das geeignete Medium?
  2. Was brauchen wir, um von diesen Medien zu lesen?
  3. Wo speichern oder lagern wir die Informationen?

Eigene Festplatten, gar CD-ROMs oder USB-Sticks, taugen dafür nicht. Sie sind nicht lange genug haltbar, sind fehleranfällig, und es besteht die Gefahr, dass es irgendwann keine Geräte mehr gibt, um sie zu lesen. Hat euer Computer noch ein CD-Laufwerk?

Deshalb verlassen wir uns derzeit (und nicht zu Unrecht) auf zentrale Plattformen: YouTube speichert unsere Videos, Microsoft, Google, AWS oder SAP unsere Daten und (bei privater Nutzung) unsere Bilder, die auch in Facebook oder Instagram abgelegt sind.

Aber zentrale, privat organisierte Plattformen sind auch nicht per se zukunftssicher: Was ist, wenn sie ihre Bedingungen ändern, von kostenlos auf -pflichtig umstellen. Was ist, wenn sie bestimmte Inhalte oder Formate verbieten? Was ist, wenn – ok, unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich – auch dort mal Server ausfallen und kaputtgehen?

Wie lassen sich Datenverluste effektiv verhindern?

Um Datenverluste nachhaltig zu verhindern, werden Wirtschaft und Politik sowie die Wissenschaft dem Thema „Digitaler Nachlass“ mehr Aufmerksamkeit schenken. Museen und Archive werden beispielsweise statt spezieller Plattformen, die nur Fotos oder nur Videos speichern, spezielle Speicher und Wikis nutzen, die jede Form von Inhalten in speziell gesicherten Bereichen des Internet ablegen. Wer die verwaltet wie digital souverän sie sind, muss geklärt werden.

Das sind am Ende zwar auch Cloud-Speicher aber gute Aufräum- und Verwahrinstrumente. Cloud-Umgebungen sind so gut wie möglich gegen Datenverluste gesichert – über Redundanzen in der Datenspeicherung und bestmögliche Sicherheitsvorrichtungen. Und selbst wenn Teile solcher Daten verloren gehen sollten, sorgt die schiere Masse und Redundanz der Daten gegen das Vergessen vor.

Aber das Thema Digitales Gedächtnis wird die ganze Gesellschaft noch stärker beschäftigen, beispielsweise was passiert, wenn Anbieter von Cloud-Speichern insolvent gehen. Dafür braucht es Strategien, für private Daten, für die von Unternehmen und die von öffentlichen Einrichtungen. Sonst kann es passieren, dass unsere Nachfahren weniger von uns wissen als wir von den Neandertalern.


Foto: Getty Images / Ilias Katsouras jr