Cloud Computing ist für viele Unternehmen die Schlüsseltechnologie auf dem Weg zu mehr Wachstum und Innovationskraft. Das zentrale Feature, das nicht fehlen darf, ist der Datenschutz. Entsprechend groß war schon vor dem jüngsten EuGH-Urteil der Ruf nach einer europäischen Cloud-Infrastruktur – und nach mehr Unabhängigkeit von US-Anbietern.
Für Unternehmen auf Wachstums- und Profitabilitätskurs führt inzwischen kein Weg mehr an der Cloud vorbei. Entscheider betrachten die Cloud-Infrastruktur und Cloud-Prozesse dabei nicht mehr nur als Sparinstrument und durch die IT-Brille, sondern zunehmend als Schienenwerk für ihren Weg in die Zukunft. Die Passagiere jedes Business-Zuges, der darauf rollt, wird ein schnelleres und angenehmeres Fahrgefühl wahrnehmen. Mit Hilfe dieser Schienen lassen sich Geschäftsprozesse wesentlich schlanker aufstellen, Produkte wesentlich schneller etablieren und Technologien wie KI und RPA umsetzen. Jeder zweite für unsere Potenzialanalyse Cloud in Europa befragte Entscheider will durch die Cloud innovativer werden.
Für die Masse ist derzeit IT-Skalierung noch das schlagende Argument, wenn es um den Einsatz der Cloud geht – gefolgt von den Chancen, die die Technologie eröffnet, indem sie neue mobile Formen des Arbeitens ermöglicht. Im Prinzip zahlen allerdings alle Elemente letztlich auf die Innovationskraft und Flexibilität eines Unternehmens ein.
Cloud Computing bringt Ordnung ins Unternehmen und schont Nerven
Cloud Computing hat allerdings noch einen wichtigeren Effekt: Wenn ich von Deutschland aus nach London reise, benötige ich Orientierung darüber, welche Route ich mit welchem Verkehrsmittel wie und wann kombiniere, um am schnellsten oder komfortabelsten ans Ziel zu kommen. Ähnlich verhält es sich mit dem Einsatz der Cloud. Mit einer übersichtlichen Architektur, die zeigt, wie die Abhängigkeiten zwischen Prozessen, Anwendungen und der Infrastruktur aussehen, schaffe ich als Unternehmen eine Orientierung für alle weiteren Entscheidungen. Die Migration selbst bietet daher eine gewaltige Chance, in der eigenen Organisation und der Anwendungslandschaft kräftig aufzuräumen und als Enterprise-Architektur neu zu errichten – sofern ein solches Konstrukt zuvor überhaupt vorhanden war. Wenn ich weiß, wohin welche Daten fließen und was mit ihnen gemacht wird, kann ich ein Unternehmen deutlich schneller und zielsicherer steuern.
Das macht den Weg für mehr Effizienz frei, aber nicht nur. Als Entscheider schlafe ich angesichts strengerer regulatorischer Vorgaben im Datenschutz deutlich ruhiger, wenn im Unternehmen eine vollständige Abbildung der Geschäftsprozesse und der Anwendungslandschaft vorhanden ist, die zeigt, wo man ansetzen muss, um für Sicherheit zu sorgen.
Die Cloud-Anbieter müssen diesem Anspruch natürlich ebenfalls gerecht werden. Nicht ohne Grund ist Datenschutzkonformität nach EU-DSGVO für drei von vier Entscheidern das wichtigste Kriterium bei der Wahl der passenden Cloud. Das Urteil des EuGH zum „Privacy Shield“ hat diesen Aspekt jüngst nochmals in den Fokus gerückt.
EU-Cloud-Alternativen müssen nachlegen
Der Cloud Act der US-Regierung trieb viele Entscheider hierzulande schon vorher um, da sie sich in der Folge vor einem Datenzugriff amerikanischer Behörden fürchten. Entsprechend groß ist der Zuspruch vieler Entscheider zum Aufbau einer eigenen europäischen Cloud-Infrastruktur, für die im aktuellen Managementkompass unter anderem Karl-Heinz Streibich von Acatech – der Deutschen Akademie für Technikwissenschaften – plädiert. Dass eine Abkehr von den US-Hyperscalern allerdings ohne weiteres möglich ist, bleibt indes auch nach dem Urteil des EuGH zu bezweifeln. Doch Projekte wie Gaia-X könnten dazu beitragen, dass sich die Abhängigkeit von den ausländischen Anbietern verringert.
Diese Hoffnung teilt immerhin jeder zweite Entscheider. Voraussetzung ist allerdings, dass sich die EU-Clouds aus dem Versuchsstadium herausbewegen und sich in Sachen Performance und Handling ihrer Konkurrenz aus Übersee deutlich annähern. Signale aus Gesprächen zeigen derzeit in die Richtung, dass Unternehmen ihren Cloud-Initiativen mit großen Hyperscalern treu bleiben, dafür aber genauer auf das Kleingedruckte achten und härter um individuelle Vereinbarungen mit den Anbietern ringen werden.
Eines ist klar: Das Cloud-Rad werden die Wenigsten aufgrund des Urteils zurückdrehen. Die Frage, ob der Weg in die Cloud führt, stellt sich nicht mehr. Es geht allein noch um die Richtung. Die Antwort wird so individuell ausfallen, wie es die Bedarfe der Unternehmen sind. Und sie wird nicht dauerhaft bestehen, sondern sollte regelmäßig hinterfragt werden. Doch gerade die Flexibilität macht Cloud Computing als Vehikel in eine Zukunft mit mehr Effizienz und Innovationskraft so wertvoll.