Digitale Exzellenz
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Blackberry-Aus: Der Schritt zum echten Smartphone war wohl zu groß

, 27. April 2020

Lesezeit: 4 Minuten

Blackberry-Aus: Der Schritt zum echten Smartphone war wohl zu groß

Im Sommer soll nun doch Schluss sein: Blackberry, Smartphone-Pionier aus Kanada und Standardausrüstung für Unternehmensberater, Manager sowie das Liebling-Handy der Kanzlerin, stellt seinen Dienst als Marke ein. So liest man es bei Mobile Geeks, wiwo.de und anderen Medien. Am Ende ist die Produktstory dann doch auserzählt, und eine Neuerfindung war wohl ein zu krasser Schritt.

Als Datum für das diesmalige Ende hat Blackberry den 31. August 2020 notiert. Blackberry, eigentlich „Blackberry Limited“, wurde 1984 in Waterloo in Kanada von Mike Lazaridis gegründet, einem ehemaligen Studenten mit griechischen Wurzeln. Zuerst hieß die Firma „Research In Motion“. Bekannt wurde sie unter ihrem Kürzel „RIM“, und das wichtigste Produkt ist das Blackberry, das aber seit 2016 nicht mehr vom Unternehmen selbst, sondern in Lizenz durch das chinesische Unternehmen TCL gefertigt wird. Genau diese Partnerschaft, so viel zu den Fakten, endet im Sommer 2020. Wie es weitergeht? Das weiß, zumindest öffentlich, bisher niemand.

Ein wenig Resthoffnung besteht nur bei den eingefleischten Fans der Smartphone-Legende. Das Aus für den Blackberry wurde ja schon häufiger verkündet: 2012, 2013, 2016, 2019, um nur mal ein paar Jahre zu nennen. Allerdings hat die Ankündigung von TCL und BlackBerry, die gemeinsame Partnerschaft enden zu lassen, eine andere Substanz als die vielen falschen Prophezeiungen der Vergangenheit.

Ein Rückblick mit Wehmut

Die nüchternen Fakten helfen mir ehrlich gesagt dabei, meine nostalgischen Gefühle ein wenig zu kompensieren. Denn tatsächlich bin ich ein bisschen traurig darüber, dass das Blackberry jetzt wirklich, also wahrscheinlich, nun endgültig vom Markt verschwinden wird. Immerhin begann mit dem ersten Blackberry meine Ära des mobilen Arbeitens. Es muss so kurz nach der Jahrtausendwende gewesen sein, als ein seltsames Telefon auf den Markt kam, mit winzig kleinen Tasten, die wir schnell scherzhaft „Mäuseklaviatur“ nannten, und einem nicht viel größeren Display. Das Gerät hörte auf den Namen „Blackberry 850“, hat damals definiert, was heute als „Smartphone“ bekannt ist und galt schlechthin als das Manager-Tool.

Das oder der Blackberry konnte im Vergleich zu modernen Smartphones lächerlich wenig, gemessen an den damals modernen Mobiltelefonen aber sensationell viel: Termine und Kontakte verwalten, mobil kommunizieren, E-Mails empfangen und verschicken und einen mobilen Internetzugang bieten. Telefonieren ging auch. Damit hatte das Gerät auf bis dato unproduktiven Dienstreisen mobiles Arbeiten in einer Weise möglich gemacht, wie wir es bis dahin noch nicht kannten.

Ich erinnere mich gut an das unendlich schnelle Tippen und wie ich so noch spät abends meine Kinder beim Einschlafen zuschauen und dennoch alle E-Mail des Tages bearbeiten konnte. Das wird aus meiner Sicht auf ewig der Verdienst dieses kleinen, aus heutiger Sicht etwas seltsam anmutenden Geräts bleiben.

Touchscreen? Wer will denn sowas?

Zur Geschichte gehört aber auch, dass genau das, was das Blackberry dereinst so erfolgreich gemacht hat, später seinen Niedergang einläutete: eben diese Tastatur.

Als Steve Jobs im Jahr 2007 das erste iPhone mit Touchscreen präsentierte, trompetete der damalige Co-Chef von RIM, Jim Balsillie, etwas wie „die beruflichen Smartphone-Nutzer wollten eine Tastatur mit echten Tasten statt mit Touchscreens“. Wir alle wissen heute, wie die Geschichte ausging.

R.I.P. RIM, sag ich also an dieser Stelle, auch wenn der final-finale Abgesang auf das Blackberry möglicherweise noch ein wenig zu früh kommt. Aber wenn wir ehrlich sind, ist das Gerät ja längst schon weg. Bei mir persönlich kam der Umstieg 2012 – auf ein iPhone. Das raue Gefühl des Trackballs und der damals schon unglaublich schwer zu bedienende Browser des Blackberry sind sicher zwei Features, denen ich nicht nachtrauere.

Aus unternehmensstrategischer Sicht ist das Beispiel Blackberry ein Leerstück für disruptive Effekte. Es zeigt: Nicht alles, was produktiver ist, gewinnt bis in alle Ewigkeit. Das iPhone besticht durch seine Einfachheit, durch seine Haptik und Design und durch das Appstore-Ökosystem, das Apple darum herumgebaut hat. Dem hatte RIM nichts entgegenzusetzen. Derartige Nachrufe auf wirtschaftliche Erfolgsgeschichten werden wir somit wieder lesen, aber auch Gegenbeispiele von Unternehmen, die sich früh genug verändert oder neu erfunden haben. Die deutsche Automobilindustrie befindet sich derzeit beispielsweise in einer Phase, in der die Branche genau dafür die Weichen stellt und stellen sollte.

Foto: Getty Images / Alexandra C. Ribeiro