Digitale Exzellenz
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Chatbot und Softwareroboter – ein gutes Gespann

, 10. September 2018

Lesezeit: 3 Minuten

Chatbot und Softwareroboter – ein gutes Gespann

Robotic Process Automation (RPA) hat mittlerweile viele Anhänger. Vor allem im Finanzsektor wird ausgiebig getüftelt. Ein praktischer Anwendungsfall der IT der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) zeigt, wieviel Potenzial in einem Softwareroboter steckt, wenn man die Technologie mit künstlicher Intelligenz kombiniert.

Automatisierung und speziell der Einsatz von Softwarerobotern ist für die LBBW kein Neuland. Wie alle Banken sucht das Institut nach Kosteneinsparmöglichkeiten, um die Ertragslage aufgrund des Dauerniedrigzinsniveaus laufend zu verbessern. Die LBBW hat frühzeitig RPA-Erfahrung gesammelt. Mehrere Roboter befinden sich bereits im Einsatz.

Mit künstlicher Intelligenz (KI) gab es ebenfalls erste gute Erfahrungen. Ein Proof of Concept mit einem Chatbot wurde im Labor entwickelt. Hier entstand die Idee, beide Technologien zu verbinden und das Potenzial an einem typischen Anwendungsfall aus dem IT-Helpdesk-Alltag zu testen.

Das Rücksetzen des Passworts ist ein solcher Anwendungsfall und schreit förmlich danach, automatisiert zu werden. Der Prozess kommt viele tausend Male pro Jahr vor und erzeugt im IT-Helpdesk unnötige und teure manuelle Aufwände – und ist für Mitarbeiter zudem häufig mit Zeit in der Warteschlange verbunden. Ein vergessenes Passwort ist somit ein RPA-Paradebeispiel, wie der Ablauf zeigt:

Prozess ohne RPA und KI_original
Quelle: LBBW und Sopra Steria

KI als Übersetzer für RPA

Die Hürde bei der Umsetzung eines vollautomatischen Prozesses für das Zurücksetzen des Passworts besteht darin, dass ein Softwareroboter strukturierte Daten benötigt, um komplett selbständig arbeiten zu können. Die liegen allerdings in der Regel nicht vor. Wenn ein Mitarbeiter sein Passwort vergisst, greift er gern zum Hörer oder schreibt schnell eine Nachricht an den IT-Helpdesk.

Hier kommt die künstliche Intelligenz ins Spiel: Ein Chatbot – ausgestattet mit der nötigen Intelligenz zur semantischen Sprach- und Textanalyse – erfasst die in natürlicher Sprache gestellten Anfragen. Die KI-Lösung bringt die Informationen in die nötige Struktur, damit eine RPA-Lösung sie verarbeiten kann. Vereinfacht ausgedrückt: Ein Chatbot übersetzt die Informationen des Mitarbeiters in die Sprache des Softwareroboters.

https://youtu.be/emT096JYFOI

KI und RPA: Duo mit Potenzial für weitere Anwendungsfälle

Diese Kombination aus RPA und KI haben LBBW und Sopra Steria Consulting als Showcase umgesetzt, um die Mehrwerte zu analysieren und mögliche Fallstricke beim Roll-out zu erkennen. Technisch wurde ein Prototyp als App-Lösung für das Apple-Betriebssystem iOS entwickelt. Er lässt sich aber auch auf andere Kanäle wie eine Website und ein normales Telefon übertragen. Der Mitarbeiter nutzt für das Rücksetzen seines Passwortes die Apple-Spracherkennung Siri, als Dialogsystem und für die Text-to-Speech-Sprachausgabe kommt IBM Watson zum Einsatz.

Prozess mit RPA und KI
Quelle: LBBW und Sopra Steria 

Die Anwendung wurde fast komplett als On-Premises-Lösung mit lokaler Datenhaltung realisiert. Das Dialogsystem ist das einzige System, das Nachrichten in der Cloud ablegt. Diese werden allerdings vor der Übertragung transkribiert und anonymisiert. Die Lösung arbeitet damit komplett EU-DSGVO-konform.

Für die LBBW ist der Showcase ein gelungenes Projekt, um die Kombination von RPA und KI an einem alltäglichen Einsatzszenario mit großem Einsparpotenzial zu testen. Das Institut konnte viele Erkenntnisse zur künftigen Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen in der gesamten Bank gewinnen. Ein Mitarbeiter erhält beispielsweise sein neues Passwort innerhalb einer Minute, ohne dass ein Servicemitarbeiter beteiligt ist. Damit bleibt mehr Zeit für komplexe Anfragen an den IT-Helpdesk. Vorteil der App-Lösung: Der Anwender kann sein Anliegen direkt in das Sprach-Interface seines Smartphones formulieren. Das beschleunigt den Prozess zusätzlich.

Beide Technologien harmonieren gut miteinander, der Prototyp wurde in wenigen Wochen erstellt. Künftige Anwendungsgebiete in der Praxis sind damit gut vorstellbar.