Digitale Exzellenz
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Warum Process Mining kein Business Intelligence Upgrade ist

, 4. Juni 2018

Lesezeit: 4 Minuten

Warum Process Mining kein Business Intelligence Upgrade ist

Nach Business Intelligence (BI) gibt es nun einen neuen Trend in der Datenanalytik: Process Mining. Der Ansatz visualisiert wesentliche KPIs und die tatsächlich in der Praxis gelebten Geschäftsprozesse anhand digitaler Spuren der hauseigenen Datenlandschaft. Die Technologien werden längst nicht mehr nur von der IT, sondern immer mehr von den Mitarbeitern der Fachabteilungen genutzt. Deshalb stellt sich die Frage, welche Disziplin am geeignetsten ist, um zu mehr Effizienz, Agilität und Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens beizutragen. Ein Vergleich beider Ansätze lohnt sich.

Unternehmen nutzen BI-Lösungen, um geschäftsrelevante Informationen zu aggregieren, aufzubereiten und auf Dashboards zu visualisieren. Hierbei werden nicht nur interne Daten verwendet, sondern auch externe Daten aus den Bereichen Social Media, Marketing oder Makroökonomik.

Es gibt verschiedene Arten von BI-Werkzeugen: Data Management Tools, Data Discovery Applications und Reporting Tools. Welche dieser BI-Lösungen für Unternehmen angemessen sind, hängt von den jeweiligen Erwartungen, der IT-Infrastruktur und der Datenqualität ab. Unternehmen, die Daten aus verschiedenen Quellen, aber noch keine geeignete Datenbank-Architektur besitzen, können auf Data Management Tools zugreifen. Mit deren Hilfe können Daten in eine einheitliche Struktur und Format in eine Data Warehouse Architektur gebracht werden.

Zukunftstrends mit Blick auf Produkte, Chargen, Zielgruppen und Endkunden können mit Hilfe von Data Discovery Applications identifiziert werden. Diese Art von BI-Lösung nutzen vorwiegend Fachwender, beispielsweise um Verkaufszahlen eines Produkts nach Standort und Jahr zu analysieren. Reporting Tools bieten wiederum eine einfache User Experience mit der Möglichkeit, verschiedene Visualisierungen, Dashboards, KPIs, benutzerdefinierte Reports und Scorecards zu erstellen.

Process Mining steigert die Leistung operativer Prozesse

Process Mining gilt als Grundlagentechnologie für die Analyse von Geschäftsprozessen. Hier ist der digitale Fußabdruck der Prozesse die Basis für die Visualisierung der tatsächlich gelebten Prozessabläufe. Die Lösung ermöglicht es, Ineffizienzen aufzudecken und hilft somit geschäftliche Risiken zu mindern. Unternehmen produzieren täglich massenhaft Daten. Verschiedene Prozesse, beispielsweise in der Buchhaltung, im Einkauf oder der Logistik, werden digital in einfachen Workflow-Systemen oder in komplexen betriebswirtschaftlichen Systemen wie SAP erfasst. Diese Daten verraten, ob die festgelegten Schritte im Prozess eingehalten werden. In der Realität gibt es oft hunderte Prozessvarianten, sodass sich der Prozess erheblich unterscheidet als zuvor angenommen.

Um einen Prozess im Process Mining Tool darzustellen, benötigen Unternehmen drei Datentypen: Eine eindeutige ID, wie eine Kunden- oder Rechnungsnummer, einen Zeitstempel und eine Bezeichnung für den jeweiligen Prozessschritt, wie zum Beispiel „Bestelleingang“ oder „Rechnungsversand“.

Anhand der Datenspuren und Process Mining Tools können Unternehmen viele Fragen analysieren : Welche Kunden begleichen die Rechnungen nicht rechtzeitig? Welche Produkte werden unnötigerweise mehrfach im Buchhaltungssystem erfasst? Gibt es Lieferanten, die die Termine nicht einhalten? Gibt es Rechnungen, die versendet werden, obwohl sie storniert wurden? Wo treten Compliance Verstöße auf? Warum gibt es manuelle Eingriffe in den idealerweise vollautomatischen Prozess der Rechnungsprüfung?

Process Mining hilft damit bei der Optimierung von Durchlaufzeiten im Prozess und führt im Ergebnis zu Effizienzgewinnen, unter anderem zur schnelleren Bearbeitung von Anfragen und anderen täglichen Arbeitsvorgängen im Unternehmen.

Das mögliche Anwendungsfeld reicht allerdings noch weiter: In der Automobilbranche ist beispielsweise die Harmonisierung von Finanzprozessen ein großes Thema. Alte Datensysteme sollen mit neuen in Einklang gebracht werden. Dazu wird ein gewünschtes Prozessmodell definiert, über einen so genannten Conformance Check mit dem tatsächlichen Prozess – jeweils mit alten und neuen Daten – abgeglichen und auf Übereinstimmung getestet. Das führt dazu, dass das Unternehmen nicht mehr von der alten Prozesslandschaft abhängig ist und letztendlich auch mit einer neuen arbeiten kann.

Process Mining integriert Business Intelligence Features

Immer mehr Process-Mining-Anbieter integrieren Dashboards mit unterschiedlichen KPIs, Reports und zusätzlichen Visualisierungen in ihr Tool. So werden noch mehr Informationen über Geschäftsprozesse herausgefiltert. Unternehmen können über diese Business Intelligence angeregten Features leichter Unternehmensprozesse analysieren, optimieren, harmonisieren und schließlich Zeit und Kosten sparen.

Sowohl bei BI als auch bei Process Mining ist es erforderlich, Daten vorab intelligent aufzubereiten. Ob das Tool überhaupt einen tatsächlichen Wertbeitrag leistet, muss über einen Testlauf mit einem kleinen Datenset geprüft werden. Für BI-Lösungen reichen aggregierte Daten aus dem Data Warehouse aus. Ein Datenpunkt pro Prozess ist notwendig. Für Process Mining sind dagegen mehrere Datenpunkte pro Prozess notwendig, um daraus die einzelnen Prozessschritte abzuleiten.

Es stellt sich die Frage, ob Process Mining Tools bald BI-Lösungen ersetzten können. Stand heute ist dies noch nicht der Fall. Process Mining ist primär eine Lösung für das Prozessmanagement. Business Intelligence versucht hauptsächlich den Stand und zukünftige Perspektiven des eigenen Unternehmens und des geschäftlichen Umfeldes aufzuzeigen. Bei der Wahl des richtigen Analyseansatzes kommt es also darauf an, welche Fragen das Unternehmen beantworten möchte und welche Daten für die Analyse zugrunde liegen.

Foto: Getty Images / RollingCamera