Digitale Exzellenz
Digitale Exzellenz

Von der Not zur digital exzellenten Tugend

, 14. September 2015

Lesezeit: 3 Minuten

Von der Not zur digital exzellenten Tugend

Die Idee war denkbar simpel. Die technischen Überkapazitäten für Stoßzeiten im Weihnachtsgeschäft sollten im Rest des Jahres vermietet werden. So entstand der Cloud-Provider Amazon Web Services (AWS). Aus der Not des US-Online-Versandhändlers entstand eine digital exzellente Tugend. Heute stuft Gartner in der Publikation „2015 Magic Quadrant for Cloud Infrastructure as a Service, Worldwide“ Amazon Web Services im Quadranten „Leaders“ ein. TechRepublic meint, dass das Cloud-Volumen von AWS mittlerweile zehn Mal größer ist als das der nachfolgenden Konkurrenten.

Das Beispiel AWS zeigt: Die Digitalisierung setzt Unternehmen nicht nur unter Druck, Digitalisierung und Wettbewerb lösen immer eine Evolution der Geschäftsmodelle aus. Wenngleich auch bei Amazon nicht jede Idee gleich erfolgreich war. Mit dem “Fire Phone“ erlitt Amazon Schiffbruch. Es blieb ein Ladenhüter, und rund 170 Millionen Dollar mussten abgeschrieben werden.

Wie der „Allesverkäufer“ zum Kunden kommt

Diese Art Evolution bedeutet für Unternehmen, ihre Geschäftsmodelle ständig auf Digitalisierungspotenziale zu untersuchen. Wer sich wie Amazon als „Allesverkäufer“ in den Alltag der Kunden integrieren möchte, experimentiert schon mal mit Ideen, die wie Aprilscherze klingen. Beispielsweise mit batteriegetriebenen, mit dem heimischen WLAN verbundenen Knöpfen zum Nachbestellen von Haushaltsartikeln. Der Ideengeber: Amazon.

Die sogenannten „Dash Buttons“ sind so groß wie Klingelknöpfe an der Haustür. Die Idee ist, dass man sie mit Aufklebern für die Artikel versieht, die per Knopfdruck nachbestellt werden können. So bedeutet zum Beispiel der an der Waschmaschine angebrachte Knopf, dass Weichspüler oder Waschmittel nur noch für einen Waschgang ausreichen werden. Der Nachschub sollte in 24 Stunden da sein. Besser noch: Die Knöpfe in der Küche zeigen an, dass vor der Zubereitung des Abendessens noch der Kühlschrank gefüllt und Getränke geliefert werden müssen.

https://youtu.be/EHMXXOB6qPA

Verrückte Idee auf Cloud-Basis

„Manche Leute werden denken, dass Knöpfe eine dumme Idee sind“, erklärte eine Amazon-Sprecherin im März 2015 dem Wall Street Journal. „Aber für häufig bestellte Artikel könne das sinnvoll sein.“ Auch die verrückteste Digitalisierungsidee kommt nicht ohne Beachtung elementarer betriebswirtschaftlicher Prinzipien. Jeff Bezos besticht als Digital Leader nicht nur mit einer endlosen Flut neuer Ideen, er vertritt zudem das Prinzip einer rigorosen Sparsamkeit. Daher läuft die Amazon-Haushaltslogistik auf einer digitalen Plattform in der AWS-Cloud. Dort sind auch die am Test beteiligten Markenhersteller integriert.
Die Kunden und Partner von Amazon werden als Treiber der digitalen Transformation entscheiden, ob diese Idee sich zu einem neuen Geschäftsmodell entwickeln wird. Wir sind gespannt. Übrigens: Vor 20 Jahren hat Amazon sein erstes Buch an einen externen Kunden verkauft, ein über 500 Seiten dickes Fachbuch über das Denken. Heute steht ein Exemplar von „Fluid Concepts and Creative Analogies: Computer Models of the Fundamental Mechanisms of Thought“ in einer Glasvitrine am Eingang des Amazon-Hauptgebäudes in Seattle. Ein Nachweis dafür, wie Amazon schon sehr früh begann, Digitale Leadership zu leben.

Was können Unternehmen am Beispiel des digital exzellenten Unternehmens Amazon lernen? Transformation und Digitalisierung erfordern ein klares Bekenntnis der Unternehmensleitung. Digitalisierungsinitiativen und Kreativität allein der Chefetage zuzuweisen reicht nicht. Die Führungskräfte müssen selbst von der Notwendigkeit der Digitalisierung überzeugt sein. Nur so können sie ihre Mitarbeiter dazu ermutigen, auch ungewöhnliche Ideen einzubringen und die Kollegen für die Umsetzung zu begeistern. Dies kann etwa durch Ausloben von Innovations-Awards oder der Aufbau eines DigiLabs in die Praxis übertragen werden.