Digitale Exzellenz
Digitale Exzellenz

Versicherungen und ihr eigenes „kleines“ Fintech-Problem

, 14. Dezember 2015

Lesezeit: 4 Minuten

Versicherungen und ihr eigenes „kleines“ Fintech-Problem

Ähnlich der Bankenbranche sind auch die Versicherungen mit neuen und veränderten Kundenanforderungen und zunehmender Kundenmacht im Internet konfrontiert. Neue und auf Technologie fokussierte Wettbewerber sind in den Markt eingetreten, die jetzt die etablierten Geschäftsmodelle der Versicherer angreifen. Doch die Erfahrungen und Erfolge der Banken-Fintechs sind nicht einfach auf die Versicherungswelt übertragbar, trotz der gleichen Herausforderung der Digitalen Transformation ist eine differenzierte Betrachtung erforderlich.

Fintechs im Versicherungsvertrieb

Die FinTechs bieten den Onlinekunden die Vertragsverwaltung in einem einheitlichen digitalen Ordner und präsentieren sich als Innovation in allen Versicherungsangelegenheiten. Zielgruppe sind junge Leute, die es gewohnt sind, online zu leben. Clark, Knip, Getsafe und Moneymeets heißen die Anbieter dieser Services, die dabei die Besonderheit der Branche ausnutzen: Für bereits bestehende Verträge bei Versicherungen wird für die Betreuung eine laufende Provisionen bezahlt. Das gilt auch die Onlinebetreuung. Damit sind die Anbieter unabhängig vom Abschluss neuer Verträge. Bereits durch die reine Nutzung generieren die Geschäftsprozesse der Startup-Unternehmen realen Umsatz.

Mehrwerte für den Kunden

Deckungen und Bedingungen werden den Kunden bei Bedarf online erklärt. Der FinTech-Anbieter stellt eine Mischung aus Beratung und Technologie dar. Produktverkauf und Beratung erfolgen nur dann, wenn der Kunde es ausdrücklich wünscht, der aktive Verkauf ist Vergangenheit. Aber trotz Digital Leaderships sind und bleibt Versicherungsschutz ein Low-Interest Produkt. Kein Mensch konfiguriert sich freiwillig einen möglichst passgenauen Versicherungsvertrag. Darin liegt der wesentliche Unterschied zur Nutzung von Banken-FinTechs, die beispielsweise einen günstigen Konsumkredit für ein neues Traumauto oder die Urlaubsreise aus dem Onlinekatalog vermitteln. Trotzdem erhebt der Kunde Anspruch auf Onlinedienste, auch von der Assekuranz. Für den Versicherer ist es zielführender im Sinne der eigenen Positionierung, etablierten Vermittlern Webservices bereitzustellen. Diese können damit Onlinedienste und Apps für die Verbraucher anbieten, die ergänzend zum aktiven Verkauf einen Mehrwert bieten.

Digitalisierung bei Versicherungen

Die Versicherungsbranche hat die Digitalisierung praktisch erfunden, allerdings schon zur Zeit der IBM-Großrechner vor 60 Jahren. Heute leidet man unter veralteten Backendsystemen und den damit verbundenen IT- und Organisation-Silos. Der direkte Kontakt zu den Endkunden oblag früher ausschließlich den Versicherungsvertretern, hohe Kosten und verkrustete Strukturen verlangen heute nach dem digitalen Wandel. Die Digitalisierung in der Versicherungsbranche umschreibt dabei nicht nur die Einführung von serviceorientierten IT-Architekturen (SOA), sondern insbesondere eine Veränderung der Unternehmenskultur –insbesondere im Umgang mit dem Kunden.

Schnittstelle zum Kunden

Die FinTechs haben die Branche aufgeschreckt, die disruptive Wirkung auf die klassischen Vermittler erfahren die Führungskräfte täglich, Tendenz stark zunehmend. Die Branche kämpft mit der starken Dynamik der Veränderungsprozesse. Nicht nur das Verhalten und die Erwartung der Kunden, sondern die gesamte Ökonomie der alten Welt verändert sich. Da ist es nicht mehr ausreichend, sich mit einer einfachen Schaden-App in der digitalen Welt zu präsentieren. Große Häuser wie AXA und ERGO haben eigene Inkubatoren in Berlin und Silicon Valley gegründet. Aber auch kleinere Unternehmen zeigen, wie man sich der neuen Business Logik der digitalen Herausforderer erfolgreich stellen kann.

Fazit

Fintechs, die als Onlinemakler auftreten und Aufträge beim Kunden generieren, dabei eine Beratung ausschließen und dafür Bestandsprovisionen geltend machen und sogar Provision an den Kunden weiterreichen, werden keinen Bestand haben. Sie konterkarieren die ursprüngliche Aufgabe eines Maklers und schaffen langfristig Nachteile für den Kunden, zudem entwerten sie die erbrachten klassischen Beratungsleistungen. Aber die technischen Services können helfen, den erheblichen Kostendruck in der analogen Welt abzumildern, indem Verwaltungsvorgänge online unterstützt werden. Der Weg zur digitalen Exzellenz der Versicherung ist ein langer Weg, auf dem die derzeitigen FinTechs nur eine evolutionäre Zwischenstation darstellen.