Digitale Exzellenz
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Smart City: nervenschonendes Parken für Reisebusfahrer

, 1. Dezember 2020

Lesezeit: 7 Minuten

Smart City: nervenschonendes Parken für Reisebusfahrer

Städte wollen sich zukünftig intelligenter organisieren und managen. Unter dem begrifflichen Dach “Smart City” tüfteln Kommunen und Unternehmen an diversen digitalen Projekten. Mobilität ist dabei eines der Schlüsselthemen. Unser Ansatz eines intelligenten Parkraummanagements für Reisebusse hat das Ziel einer optimalen Nutzung begrenzter Kapazitäten. Internet of Things (IoT) und Künstliche Intelligenz sind hier die Wegbereiter.

Die Ausgangslage ist für das Gros der Städte ähnlich: Das Verkehrsaufkommen steigt, und damit werden Staus und Parkplatzsuche speziell in Städten und Metropolregionen zur Nervenprobe und Umweltbelastung. Desweilen wächst aber der Anspruch der Bewohner an die urbane Lebensqualität: Viele wollen nicht einen Großteil ihrer Zeit für das Suchen von Parkplätzen aufwenden; sie wollen schnell und vor allem flexibel den Verkehrsträger wechseln können – beispielsweise vom Auto aufs Rad – und sie wollen, dass ihre Kommunen trotz steigender Verkehrszahlen für saubere Luft und damit für ausreichend Grünflächen sorgen.

Wenn man von Verkehr spricht, wird zwischen dem motorisierten und nicht motorisierten Individualverkehr wie dem Pkw, Fahrrad oder Elektro-Roller, dem öffentlichen und dem privaten Personennah-, Regional- und Fernverkehr, dazu gehören U- und S-Bahn, Busse, Reisebusse und die Fernbahn, und dem Wirtschaftsverkehr per Lkw, Schiff und Güterzug differenziert. Für all diese Verkehrsträger gilt es Menschen und Waren schnell, komfortabel, sicher und klimaschonend durch die Städte und Speckgürtel zu befördern. Dafür reichen jedoch die bewährten Managementkonzepte lange nicht mehr aus: Der Ruf nach Smart Cities und neuen Mobilitätskonzepten wird somit immer lauter.


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Datengetriebene Verkehrsteuerung intensivieren

Eine intelligente Verkehrsplanung lässt sich durch drei zentrale Schritte erreichen:

  1. Transparenz
    Gemeint ist die zentrale Zusammenführung von Wissen und die aktivere Steuerung der verschiedenen Verkehre mithilfe neuer Technologien und digitaler Services. Das bedeutet zum Beispiel: Sensoren messen Verkehrsströme, Verfügbarkeiten von Parkräumen und anderen Flächen systematisch, fortlaufend und in Echtzeit. Die Daten werden im ersten Schritt zentral gesammelt und sowohl für die Verkehrsteilnehmer als auch der Verwaltung aufbereitet. Transparenz ist eine wesentliche Voraussetzung für eine operative Steuerung und strategische Planung der knappen Kapazitäten.
  2. Digitale Services
    Nachhaltigen Mehrwert – speziell für die Verkehrsteilnehmer – liefern digitale Services. Sie können Parkflächen reservieren, diese automatisch bezahlen und sich mit einer aktiven Routensteuerung navigieren lassen.
  3. Nachhaltige Weiterentwicklung
    Durch die ersten beiden Stufen entstehen Daten, beispielsweise fortlaufend erhobene Belegungs- und Buchungsdaten. Diese Daten bieten zusätzlich komplett neue Möglichkeiten für die Verwaltung für eine langfristige nachhaltige Weiterentwicklung und Planung der Parkräume. Denkbar ist die Vermietung temporärer Freiflächen, beispielsweise in Busdepots zu bestimmten Tageszeiten.

Diverse mögliche Anwendungsfelder

Für jeden dieser drei Schritte gibt es viele Einsatzszenarien: Ein Beispiel für die optimale Nutzung begrenzten Parkraums sind Reisebusse. Mithilfe von Sensoren und einer App können Städte Busfahrer aktiv bei deren Tourenplanung unterstützen und geeignete Parkplätzen anbieten. Ähnliche Services können Smart-City-Manager für viele Lieferanten und Zusteller anbieten: Mit gezielten Echtzeitauswertungen und den zugehörigen digitalen Services lassen sich zeitliche Zustellfenster und Parkmöglichkeiten optimieren, damit die Lieferverkehre zukünftig in Ruhe ihre Kunden bzw. Waren ausladen können, ohne dass sie gleich einen Stau oder ein Verkehrschaos auslösen.

Das Potenzial von Auswertungen zum Pendlerverkehr schöpfen Kommunen ebenfalls noch nicht aus. Multimodale Verkehrskonzepte mit dem Ziel der Verlagerung und somit Entzerrung des städtischen Individualverkehrs auf viele verschiedene Verkehrsträger entwickeln sich gerade erst. Hier ist wahrscheinlich das größte Maß an technologischer und planerischer Intelligenz gefragt, weil so viele unterschiedliche Interessen, Lebensgewohnheiten und Verhalten miteinander vereinbart und synchronisiert werden müssen.

Raum für Optimierung bietet außerdem die Nutzung der Flächen an den E-Auto-Ladesäulen. Auch hier können Städte als Informationsbroker mehr Transparenz schaffen, denn die Flächen lassen sich besser auslasten, wenn die Fahrerinnen und Fahrer jederzeit wissen, welche Ladestation frei und ein Fahrzeug „vollgetankt“ ist. Im Ergebnis könnten mehr Autos an den Ladestationen stehen und so Parkraum frei für andere Fahrzeuge machen.

Daten je nach Nutzergruppe aufbereiten, Wissen teilen

Städte haben verschiedene Möglichkeiten Daten aufzubereiten, zu kombinieren und zur Verfügung zu stellen. Der naheliegendste Anwendungsfall ist, die laufend aktualisierten Daten Verkehrsmanagern gebündelt in einem Dashboard anzuzeigen, damit diese die unterschiedlichen Verkehre besser überwachen und steuern können. Im Falle einer sich schnell verändernden Datenlage, lassen sich beispielsweise so verkehrsbauliche Maßnahmen flexibler anpassen. Mit Langfristdaten gefütterte Algorithmen können Städte besser vorhersagen, wann wie viele unterschiedliche Verkehrsteilnehmer wo mit welchem Gefährt unterwegs sind und was passiert, wenn sich Situationen ändern.

Alternativ oder zusätzlich können Städte und Kommunen diese Wissensschätze mit unterschiedlichen Verkehrsnutzergruppen teilen und ihnen eigene Planungstools an die Hand geben. Denkbar sind eigene Ansichten für die KEP-Branche, für Bürgerinnen und Bürger, Reisebusveranstalter und Stadtwerke.

Beispiel: Live-Daten-optimiertes Parken für Reisebusse

Wir haben uns das Thema Parkraummanagement am Beispiel von Reisebussen näher angeschaut. Heraus kam ein AIoT-Ansatz (AI und IoT) für die Steuerung von Sonderparkflächen, unten grob skizziert:

Der Ansatz erfordert zunächst eine Ausstattung der Parkflächen mit Sensoren. Sie liefern Live-Daten für eine Übersicht über die Reisebusparkplatzsituation, heruntergebrochen auf einzelne Plätze. Eine KI-unterstützte Analyselösung gibt Verkehrsplanern zudem Hinweise darüber, welche Parkflächen im Durchschnitt stark oder weniger frequentiert werden. Sie liefert zudem Prognosen für die zukünftige Entwicklung. Städte können so ihre Investitionen in Parkflächen genauer steuern. Gelder für neue Flächen können beispielsweise genau dort bereitgestellt werden, wo Engpässe auftreten oder auftreten werden.

Die Informationen aus den Sensordaten lassen sich darüber hinaus von den Reisebusunternehmen nutzen. Kombiniert mit weiteren Verkehrs- und Geodaten können Städte folgenden Service anbieten:

  1. Disponenten eines Reisbusunternehmens informieren sich online über die Parkraumsituation am Zielort und können danach ihre Planung ausrichten. Auskünfte über Kapazitäten Belegungsverläufe, Art und Beschränkungen sowie Gebühren – aktuell oder als Prognose für das Reisedatum – schaffen Transparenz.
  2. Der Fahrer startet die Navigation zum Ziel – entweder über das Navi im Fahrzeug oder die Smartphone App und erhält die geschätzte Ankunftszeit.
  3. Unterwegs liefert die städtische Verkehrsplanung Live-Daten zur Belegungssituation auf dem Ziel-Reisebusparkplatz auf das Dashboard der Fahrer. Ändert sich die Belegung, funkt das System einen möglichen Ausweichparkplatz. Sind Haltebuchten am Zielort belegt, wird der Bus so navigiert, dass er genau zum passenden Zeitpunkt ankommt. Dadurch entsteht kein Parken in zweiter Reihe.
  4. Nach der Ankunft am touristischen Ziel und dem Ausstieg der Fahrgäste, informiert sich der Fahrer über die Belegsituation an Langzeitparkplätzen und wird zum freien Stellplatz geleitet.
  5. Dort parkt der Reisebus, und der Fahrer wird informiert, wann er aufgrund der Verkehrslage losfahren muss, um Fahrgäste abzuholen.

Gute Reise, gute Besserung (der Verkehrslage in den Städten)

Im Gesamtergebnis wären Reisebusse weniger Kilometer unterwegs, da die Fahrer nicht unnötig lange nach freien Stellplätzen suchen müssten und somit die Reisebusse nur noch zum eigentlichen Ein- und Aussteigen in engen, verkehrsreichen Innenstädten präsent wären. Für die Städte bedeutet das weniger Verkehr an Orten mit wenig Parkraum, weniger CO2-Ausstoß in den Innenstädten und mehr Lebensqualität für die Anwohnerinnen und Anwohner.

Für weitere Fragen zum Thema: Katrin Stroemer ist unsere fachliche Expertin und Co-Autorin für den Beitrag. Sie diskutiert gerne weitere Details. Kontaktaufnahme entweder per Kommentar hier im Blog oder direkt vernetzen.

Foto: Getty Images / urbancow