Resilienz ist wichtig. Es ist für Unternehmen gut, wachsam zu sein, sich einen Schutzpanzer zuzulegen und die Reflexe zu trainieren. So lassen sich manche Krisen schadlos oder mit wenigen Schrammen überstehen – zumindest oberflächlich. Schutzschilde machen allerdings auch träge. Und jedes Ausweichen, verteidigen sowie ständige Beobachten der Außenwelt ist auch Ausdruck von Angst und eines fehlenden Bewusstseins über die eigenen Stärken. Resilienz nutzt nur dann, wenn sie auch innovatives, nach vorne gerichtetes Denken enthält.
49 Prozent der Manager von Unternehmen und öffentlichen Verwaltungen in Deutschland setzen Resilienz auf die strategische Todo-Liste, so das Ergebnis der Studie Potenzialanalyse Resilienz. Gut so. Von entscheidender Bedeutung wird dabei sein, wie die Führungsebene den Begriff auslegt und mit Leben füllt.
Die Gefahr besteht, dass Entscheiderinnen und Entscheider Resilienz mit Krisenmanagement verwechseln. Anzeichen dafür gibt es in der Studie: Die Euphorie über die positiven Erfahrungen mit Homeoffice, Videocalls und Co. hat in so manchem Unternehmen und so mancher Behörde dazu geführt, es bei operativen Sofortmaßnahmen zu belassen. 44 Prozent der Unternehmen in der verarbeitenden Industrie stellen beispielsweise Investitionen hinten an oder verzichten darauf.
Den Laden am Laufen zu halten, ist keine gute Resilienz-Strategie
Investitionen sind allerdings das Wachstum und die Profitabilität von morgen. Die kurzfristig geschnürten Hilfs- und Überbrückungspakete waren und sind überlebenswichtig. Sie dürfen jedoch nicht dazu führen, dass nötige Transformationen von Geschäftsmodellen und strukturelle Reformen auf die Zeiten verschieben werden, wenn es wieder rund läuft. Unternehmen müssen sich auch im Krisenmodus hinterfragen. Den Laden am Laufen zu halten, ist keine gesunde Resilienz-Strategie. Sie ist rein reaktiv und auf das ständige Abwenden des Scheiterns ausgelegt – vergleichbar mit einem ständigen Wechsel von Lockdown und Öffnung. Zunehmend wird heute bereits klar: Liquidität hilft kurzfristig, kann aber nicht wegbrechende Umsätze über einen längeren Zeitraum kompensieren.
Wer sich nur hinten rein stellt, ist auf die Fehler des Gegners angewiesen
Die gute Nachricht ist, dass weite Teile der Wirtschaft und der öffentlichen Verwaltung sich im großen Ganzen als robust in der Pandemie erweisen. Jedes zweite Unternehmen wird sogar gestärkt aus der Coronakrise hervorgehen, ergibt die die Potenzialanalyse Resilienz. Viele Finanzdienstleister, die verarbeitende Industrie und die Versorgungswirtschaft senden positive Resilienz-Signale – vor allem, was das Reagieren in Extremsituationen und die Risikovorausschau angeht.
Am stärksten hakt es beim Blick nach vorne und beim Erkennen und Nutzen sich bietender Chancen. Eine Strategie, die auf Resilienz abzielt, dabei aber nur Risiko-Vermeidung betreibt, ist problematisch, weil so auch Innovationen ausgebremst werden können. Im Fußball würde man sagen: Wer sich nur hinten reinstellt, ist stets auf die Fehler des Gegners angewiesen. Besser wäre eine Spielweise, bei der man das eigene Spiel schnell anpassen und sowohl mit als gegen den Ball seine Qualitäten ausspielen kann. So entsteht eine solidere, weniger stressige Form von Resilienz.
Bild: Getty Images / Richard Drury