Digitale Exzellenz
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Metaverse: Nichts Genaues weiß man nicht…

, 15. November 2021

Lesezeit: 6 Minuten

Metaverse: Nichts Genaues weiß man nicht…

Mark Zuckerberg gab kürzlich die Umbenennung seiner Firma Facebook in Meta bekannt und hat damit gleich einen Ausblick in die Zukunft des Unternehmens gegeben. Es geht um die Erschließung des „Metaverse“. Und Meta ist nicht das einzige Unternehmen, das auf diese mögliche Weiterentwicklung des Internets setzt. Aber was ist dieses Metaverse – und wenn ja, wie viele? Wir finden, eine Zusammenfassung zum Stand der Dinge hilft.

Das Metaverse gilt für einige als die nächste technologische Evolution – nach Internet und mobiler Kommunikation. Für andere dagegen, zum Beispiel für den „netzpolitischen Beobachter“ Public Torsten auf Twitter, ist es „nicht in erster Linie eine technische Weiterentwicklung, (…sondern) primär ein Geschäftsmodell“.

Im Findungsprozess wenig hilfreich ist das, was Mark Zuckerberg in einem Interview dazu ergänzt hat: Ein ‚Killer-Anwendungsfall‘ des Metaversums sei das Tragen einer Augmented-Reality-Brille, „wenn man mit Menschen im realen Leben interagiert. Die AR-Brille mache es möglich, „weiterhin Textnachrichten zu senden, ohne dass die Menschen im realen Leben dies bemerken“. Nun ja…

Viel Gemunkel

Unterm Strich bleibt nach ein paar Wochen des öffentlichen Nachdenkens über das Metaverse: Nichts Genaues weiß man nicht, man munkelt nur. Zum Beispiel darüber, dass im Metaverse virtuelle und physische Realität zusammenfließen, um den Menschen eine völlig neue Art von Erlebnis bieten zu können: Der künftige Meta-CTO und Vordenker Andrew Bosworth spricht in einem Interview mit FAZ.net von einem „immersiveren, körperlicheren Internet“. Und sein Chef Zuckerberg ergänzt: „Man kann sich das Metaversum als ein verkörpertes Internet vorstellen, in dem man Inhalte nicht nur anschaut, sondern in ihnen steckt.“

Meta-CEO Mark Zuckerberg hat noch 2019 verkündet, die Zukunft sei privat. Inwieweit die Aussage für das Metaverse-Konzept noch gelten kann, ist unklar. (Bild: Facebook)

Im Ungefähren bleibt auch die Frage, wann das Metaverse Realität sein wird: „Wir sind bestenfalls fünf bis zehn Jahre von einem vollwertigen Meta-Produkt oder -Dienst entfernt”, freut sich Tim Derdenger, Professor an der Tepper School of Business der Carnegie Mellon University in der New York Times. Aus den Reihen der Hardware-Entwickler bei Meta wird dagegen von Mike Isaac kolportiert, dass die Entwicklung noch sehr lange dauern werde, weil es echte Durchbrüche in der Physik braucht.

Das Metaverse wirft seinen Schatten voraus

Dessen ungeachtet, wirft das virtuelle Metaverse schon jetzt, also noch bevor es in echt existiert, seinen Schatten voraus und verspricht Einnahmen in der echten Welt, wie etwa das Wall Street Journal (Paywall) erläutert: Nicht nur beim Verkauf von Hard- und Software winken demnach neue Ertragsquellen, sondern auch über den Handel mit virtuellen Gütern, Diensten – und natürlich Werbeeinnahmen.

Kein Wunder daher, dass zum Beispiel der CEO von Nvidia frohlockt, weil er leistungsfähige Grafikkarten für das virtuelle Universum verkaufen kann: „Das Metaverse wird eine neue Ökonomie hervorbringen, die größer sein wird als die jetzige“, sagte Jensen Huang dem Wallstreet Journal (WSJ). Und auch wenn sich dort die Experten mit Schätzungen über mögliche Umsätze noch zurückhalten: Der Verweis auf die virtuellen Güter, die bereits jetzt in Spielen verhökert werden, gibt schon mal eine Hausnummer vor: Dort belaufen sich die jährlichen Umsätze schon heute auf rund 80 Milliarden US-Dollar.

Die ersten Ausläufer des Metaverses am Horizont

Die ersten Ausläufer des Metaverses als Kombination von realer und virtueller Welt sind auch andernorts schon zu erkennen:  So hat beispielweise Microsoft auf seiner Digitalkonferenz Ignite vor wenigen Wochen angekündigt, seine Videosoftware Teams mit Avataren anzureichern, die die Grenzen zwischen virtuellen und realen Meetings verwischen werden. Der Spielehersteller Epic Games bietet mit dem Multiplayer-Spiel „Fortnite“ ein Produkt an, in dem die Nutzer miteinander agieren und eigene Welten bauen können. Auch das ist nicht weit weg von Metaverse-Szenarien. Und natürlich sind da VR- und AR-Brillen wie die Oculus, die übrigens schon zu Meta gehört, oder die HoloLens von Microsoft, die schon jetzt virtuelle Erlebnisse, teils in Form von Hologrammen auch bereits eingebettet in den realen Raum, versprechen.

Dionysus, aber in virtuell

Die Luxusmodemarke Gucci bietet auf der Spieleplattform Roblox für 4.000 US-Dollar eine virtuelle Tasche an: Die Dionysus-Tasche (nur echt mit der Biene von Gucci) wurde im virtuellen „Gucci-Garden“ für mehr Geld verkauft, als die reale Version eingebracht hätte. In dem Garten konnten sich Besucher treffen und Avatare ihrer selbst Artikel anprobieren und kaufen lassen. Und sogar die Möglichkeit, diese Avatare einzukleiden, ist nicht wirklich neu: Die Plattform Roblox ist bereits 15 Jahre alt und gilt heute schon als eine Metaverse-Plattform für Spiele.

Sind wir nicht schon alle ein bisschen metaverse?

Es zeigt sich auch beim Metaverse: Ein Universum entsteht nicht an einem einzigen Tag, nicht einmal an sieben. Aber es fällt auch nicht vom Himmel, sondern kündigt sich an und manifestiert sich in seinen Vorläufern, die uns heute schon ganz normal vorkommen: Viele von uns kennen In-App-Käufe in Anwendungen und vor allem in Spielen; virtuelle Güter, die uns stärker oder erfolgreicher machen oder unseren Alltag besser. Wir sind heute schon bereit dafür zu zahlen, und damit sind wir heute bereits alle ein bisschen metaverse.

Das schließt übrigens die Geschäfts- und Unternehmenswelt ein: Digital Twins etwa, die wir seit einigen Jahren schon als digital identische Abbilder realer Maschinen und Anlagen kennen, gelten in der Industrie längst als anerkannt probates Mittel, um Entwicklungskosten sowie die Ausgaben für Reparatur und Wartung signifikant zu senken. In der Kombination mit ihren realen Vorbildern sind sie nichts anderes als das, was uns auch im Metaverse erwarten wird.

Schöne neue Welt? Für ein endgültiges, Ja schon für ein vorläufiges Urteil ist es sicher viel zu früh; Was Meta und andere Unternehmen als Visionen und Geschäftsmodelle ausrufen, kann auch als Hype verpuffen. Aber vielleicht ist die Welt 18 Jahre nach Second Life nun reif für ein Metaversum. Für Strategieabteilungen lohnt es sich somit, das Metaverse auf dem technologischen und geschäftlichen Radarschirm zu haben und sich schon ein paar Prototypen in die F&E-Schublade zu legen – gleich neben die von Quantencomputing.


Bild: Meta