Die Energiewirtschaft verändert sich derzeit massiv. Endkunden werden beispielsweise vom reinen Konsumenten zum Prosumenten, weil sie immer häufiger selbst Strom durch Blockheizkraftwerke und Solaranlagen erzeugen und anderen Marktteilnehmern anbieten. Traditionelle Energieversorgungsunternehmen (EVU) sind hierdurch gefordert, die Wertschöpfung zwischen Kraftwerk und Kunde neu zu managen und neue Services anzubieten. Die Digitalisierung schafft hierfür facettenreiche Möglichkeiten, um beispielsweise die Direktvermarktung zu fördern, Erzeugungsprognosen zu verbessern und die IT-Vernetzung voranzutreiben.
Trotz der Relevanz der digitalen Energiewende scheinen die etablierten EVU keinen Königsweg und keinen systematischen Ansatz zur Entwicklung eines kundenorientierten digitalen Geschäftsmodells gefunden zu haben. Die Energieversorger überprüfen noch ihr aktuelles Geschäftsmodell auf seine Digitalisierbarkeit. Das gilt sowohl für die internen Abläufe als auch für die externen Leistungen für die Kunden. Um nicht den Anschluss zu verlieren, sollten sich die klassischen Energieunternehmen nicht zu viel Zeit lassen. Wie im Finanzsektor, drängen branchenfremde Unternehmen vermehrt auf den Energiemarkt.
Digitalisierung in der Energiewirtschaft
Die Marktteilnehmer in der Energiewirtschaft reagieren unterschiedlich auf die neuen Gegebenheiten. Während die namenhaften großen EVU-Player e.on und RWE mit einer Aufspaltung ihrer Geschäftsaktivitäten reagieren (e.on lässt das konventionelle Geschäft in der Tochtergesellschaft Uniper aufgehen, die RWE lagert u.a. das Geschäft mit den erneuerbaren Energien in die Tochter Innogy aus), fokussieren sich andere Versorger auf ihr bestehendes Geschäft. So versucht EnBW zum Beispiel einen sukzessiven Ausstieg aus ihrem Geschäftskundenbereich.
Parallel stürmen jedoch zahlreiche innovative und spezialisierte Startups und branchenfremde Unternehmen auf den tradierten Markt. Diese Unternehmen verfügen teilweise vollständig über digitale Geschäftsmodelle. So bietet die Plattform buzzn ein Netzwerk, in dem sich die Marktteilnehmer Strom gegenseitig direkt zur Verfügung stellen und abnehmen können. Bei großflächiger Verbreitung dieses Ansatzes würden traditionelle EVU überflüssig werden, da der benötigte Strom vollständig dezentral generiert und gehandelt werden kann.
Als Antwort versuchen sich die etablierten EVU ebenfalls in der innovativen Startup-Welt. MVV war beispielsweise mit an der Gründung des Unternehmens beegy beteiligt, das einen ähnlichen, jedoch noch weitergefassten, Ansatz wie buzzn fährt. Er umfasst zum Beispiel den Verkauf von Photovoltaik-Anlagen und Speicherlösungen.
Digitale Energiekonzepte beim BDSU-Herbstkongress in Berlin
Aber welcher Weg bzw. welches Geschäftsmodell passt optimal zu welchem EVU?
Mögliche Antworten auf die Frage entwickelten Young Professionals beim Herbstkongress des Bundesverbands Studentischer Unternehmensberatungen (BDSU) in Berlin. Sopra Steria hatte Anfang November 2016 Studentinnen und Studenten aller Studiengänge zu einem Consulting-Workshop geladen.
17 studentische Berater nahmen an der herausfordernden Fallstudie teil und erarbeiteten mit unterschiedlichen Methoden verschiedene denkbare Transformationswege für Energieversorger. Von einer digitalen Befähigung der Netzinfrastruktur bis hin zu digitalen intelligenten Produkten (z.B. digitalen Stromtarifen) entstanden differenzierte Konzepte und Wege, wie das klassische EVU-Geschäftsmodell angepasst und die Wertschöpfungskette verlängert werden kann. Neben der Produktseite wurden auch die internen Variablen wie Prozessabläufe als auch die Befähigung der Mitarbeiter berücksichtigt.
Sowohl die studentischen Berater als auch die Berater von Sopra Steria nahmen wertvolle Erfahrungen und Erkenntnisse mit, wie sich die Consultants von morgen die digitale Transformation der Energiebranche vorstellen. Wir freuen uns auf den nächsten gemeinsamen Kongress mit einem konstruktiven, belebenden Austausch.
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