Digitale Exzellenz
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Innovationsrepublik Deutschland: Was New Work dazu beitragen kann

, 16. Dezember 2019

Lesezeit: 5 Minuten

Innovationsrepublik Deutschland: Was New Work dazu beitragen kann

Im Silicon Valley und in Fernost beweisen Start-ups und Tech-Firmen, dass sie das Innovationsmanagement beherrschen, indem sie im Eiltempo neue, digitale Lösungen entwickeln. Das muss doch auch in Deutschland möglich sein. Was Unternehmen hierzulande ein Stückweit helfen kann, hat viel mit New Work und Führungskultur zu tun.

Innovationskraft schöpfen Unternehmen zu einem nicht zu unterschätzenden Teil aus ihrer Führungs- als auch Fehlerkultur. Die Neugier der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Zusammenarbeit in einer Organisation und der Spielraum für kreative Ideen bestimmen den Output entscheidend mit. Nur wenn Ideen und Vorschläge hierarchieunabhängig generiert, bewertet und verfolgt werden, ergibt sich Freiraum für Innovation. Dieser Raum verlangt eine moderne Form der Zusammenarbeit sowie eine zeitgemäße Führungskultur: offen für Fehler, frei von Politik, miteinander auf Augenhöhe. Wenn die Mentalität von Führungskräften und Mitarbeitenden jedoch nicht zu der neuen Definition der Zusammenarbeit passt, kann auch keine Innovationskraft freigesetzt werden.

Motivationsquelle New Work

Unter dem Begriff New Work wird diskutiert, wie Führung das Potenzial der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausschöpfen und die Innovationskraft steigern kann. Ausgangspunkt dieser Gedanken ist die Annahme, dass Menschen dann am besten arbeiten, wenn sie Aufgaben erledigen, hinter denen sie zu 100 Prozent stehen oder die sie sich am besten selbst ausgesucht haben – sie also intrinsisch motiviert sind. Die Rolle der Führungskraft wird als Unterstützung verstanden, die den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den Weg ebnet und sie bestärkt, sich auszuprobieren. So entstehen Räume für Ideen, Diskussionen und Scheitern und damit ein Nährboden für Innovationen.

Zugang zu diesen Räumen können Führungskräfte gewähren, die die Idee von New Work verinnerlicht haben und Ausprobieren und Scheitern als Teil des Erfolgs werten. Gleichzeitig sollten sie Teil einer Hierarchie sein, die sich den Luxus von Trial and Error erlaubt. Diese Mentalität findet sich vor allem in Start-ups wieder. Doch auch hier verschwindet sie in der Regel mit jeder weiteren Iterationsstufe auf dem Weg zum Großunternehmen – zugunsten von Sicherheit, Altbewährtem und gefestigten Strukturen. Zalando und Paypal – längst aus dem Start-ups-Status herausgewachsen – kämpfen beispielsweise mit dieser Herausforderung, sich nicht zur sehr in den geschaffenen Strukturen einzurichten und sich parallel zum Streben nach Profitabilität und Sicherheit Räume für Probieren und Scheitern zu bewahren.

Renommierte Weltkonzerne müssen diese Räume meist neu schaffen: Die New-Work-Mentalität sollte dabei dementsprechend behutsam kultiviert werden. Das passiert in Ansätzen: Großunternehmen wie BMW, Daimler und die DKB Bank machen in Deutschland mithilfe von örtlich und zeitlich flexiblem Arbeiten oder dem Umdrehen von Hierarchien erste zaghafte Schritte in Richtung neues Arbeiten. Ein Beispiel: So genannte FuckUp-Nights, in denen offen über das Scheitern gesprochen wird, werden immer beliebter.

Innovation made in Germany

Um Offenheit, Motivation und Innovation in die Organisation zu bringen, werden häufig agile Arbeitsweisen und Modelle flacher Hierarchien herangezogen. Diese Ansätze fruchten allerdings nicht, solange Vorgesetzte trotzdem an limitierenden Faktoren wie starren Deadlines oder Micromanagement festhalten, die eine Fehlerkultur behindern.

Drei zentrale Punkte sollten Unternehmen beachten, wenn sie New-Work-Konzepte in ihrer Organisation etablieren wollen:

  1. Führungskräfte sollten nach ihrer Mentalität und Offenheit ausgewählt und befördert werden. Diese Eigenschaften sind nötig, um mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Aufgaben zu definieren, hinter denen diese wirklich stehen.
  2. Vorstände und Geschäftsführer wiederum sollten ihren Führungskräften im mittleren Management das nötige Vertrauen und die Freiheit geben, in ihrem Verantwortungsbereich einen geschützten Raum zum Ausprobieren, Scheitern und Weiterentwickeln von Ideen zu ermöglichen.
  3. Organisationen müssen ihre etablierten Strukturen und die Innenpolitik überwinden, um vom Teammitglied bis zur Unternehmensführung neue Lösungen zuzulassen, ohne sofort nach dem Output zu fragen.

Eine solche New-Work-Arbeitsumgebung hilft Unternehmen, die Jahrzehnte lang zu den Weltmarktführern zählten und die Marke Made in Germany geprägt haben, sich nicht mit dem Erreichten zufriedenzugeben, sondern sich zu erneuern, wenn sich die Bedingungen so radikal ändern, wie derzeit:

New-Work-Begründer Bergmann formuliert es entsprechend radikal „Nicht wir sollten der Arbeit dienen, sondern die Arbeit sollte uns dienen. Die Arbeit (…) sollte uns mehr Kraft und Energie verleihen.“

Er will damit sagen: Entsprechend geförderte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die aus ihrer Arbeit Kraft schöpfen, trauen sich neue Ideen und Lösungen zu und schaffen – fast schon ganz nebenbei – die Innovationen, die dringend gebraucht werden. Traditionsunternehmen sowie die öffentliche Verwaltung in Deutschland können dadurch Räume schaffen, die es ihnen ermöglichen, (digitale) Lösungen schneller zu entwickeln, zu optimieren und auf den Markt zu bringen – für Innovationen Made in Germany.

Wer das Thema New Work vertiefen möchte: Die 100. Folge des Podcasts „On the way to new work“ mit Frithjof Bergmann, dem Urvater der New-Work-Bewegung (ab 1:11:00) liefert weitere Erkenntnisse: https://soundcloud.com/onthewaytonewwork/100-mit-frithjof-bergmann-godfather-of-new-work

Foto: Getty Images/Kelly Sillaste