Es wird gerade viel über die technische Digitalisierung wie Internet of Things und Virtual Reality geschrieben. Dabei findet die eigentliche digitale Revolution am Arbeitsplatz statt. Unternehmen merken, dass sich das „Wie“ der Zusammenarbeit in einer digitalen Wirtschaft ändern muss. Ein zentraler Teil der Überlegungen ist das technische Umstellen auf einen digitalen Arbeitsplatz (Digital Workplace).
Gartner sieht im digitalen Arbeitsplatz der Zukunft keine Revolution, sondern „ein Zusammenführen von vielen einzelnen Wünschen und Zielsetzungen in einem Unternehmen, die bereits jetzt bestehen.“ Um zu verstehen was Digital Workplace bedeutet, was ein digitaler Arbeitsplatz leistet und warum eine Einführung für jedes Unternehmen sinnvoll ist, eignet sich ein systematisches Herangehen an das Thema.
Quelle: Gartner
Die Basics
Folgende Fragen sollten sich Unternehmen beim Einstieg in das Thema Digital Workplace stellen :
- Was muss ich heute tun, was sind meine täglichen Arbeiten?
- Und was ist wichtig für mich?
- Wie finde ich schnell und zuverlässig Informationen, wenn ich sie brauche?
- Wie kann ich mich effizient mit meinen Kollegen vernetzen?
- Wie kann ich meinen Kunden und Partnern sicher mit den richtigen Informationen versorgen?
Der Büroarbeitstag beginnt in der Regel damit, ein digitales Gerät einzuschalten. Einige rufen bereits direkt nach dem Aufstehen ihre E-Mails ab, andere schalten den PC am Arbeitsplatz an, wieder andere haben ein Tablet und sind auf dem Weg zu Kunden.
Jedes Gerät ist ein Teil des digitalen Arbeitsplatzes. Der Anspruch muss sein, Informationen unabhängig vom Gerät jederzeit abrufen und zwischen einzelnen Kanälen austauschen zu können. War es lange Zeit die E-Mail, die einen sehr großen Teil der geschäftlichen Kommunikation ausmachte, sind es heute deutlich mehr. Die E-Mail als ausschließliches Kommunikationsmedium reicht nicht aus, um ganze Arbeitsprozesse abzubilden. Ja, es ist sogar keine gute Idee, seine Arbeit ausschließlich über E-Mails zu organisieren und zwar aus diesen Gründen:
- E-Mails haben keine Beweiskraft.
- E-Mails sind ohne entsprechende Software nicht in regulatorische Prozesse eingebunden.
- Durch unklare Regelungen (wer steht in „CC“; wer ist aufgefordert etwas zu tun etc.) entstehen Zeit- und Verantwortungslöcher.
- E-Mails werden häufig persönlich und nicht zentral verwaltet.
- E-Mails können den Hang zu Beliebigkeit erhöhen.
- E-Mails schaffen keine Transparenz.
- E-Mails werden häufig zu leichtfertig eingesetzt.
Von der digitalen Kommunikation zum digitalen Arbeiten
Die E-Mail ist und bleibt zwar ein Bestandteil der digitalen Kommunikation. Fortschrittliche Unternehmen koppeln diesen Kanal allerdings mittlerweile vom Arbeitsprozess und der Wertschöpfungskette ab. Hier setzt der digitale Arbeitsplatz an: Der Mitarbeiter wird bestmöglich in die Prozesse eingebunden. Alle Abläufe und Werkzeuge zum Erledigen von Aufgaben lassen sich über den Browser ansteuern. Unternehmen mit einer Mobilstrategie stellen ihren Mitarbeitern sämtliche Arbeitsprozesse zusätzlich über eine Unternehmens-App für Smartphone und Tablet zur Verfügung.
Vier Rollenbeispiele zeigen, wie ein digitaler Arbeitsplatz typische Arbeiten unterstützen wird:
Beispiel 1: Vertriebsmitarbeiter
Welche Kundentermine stehen heute an? Jeder Termin ist mit der elektronischen Kundenakte verbunden, der Verlauf der Kundenbeziehung ist mit wenigen Klicks abrufbar.
Gibt es Neuigkeiten zu den Produkten, die verkauft werden sollen? Der Newsfeed zeigt die neueste Veröffentlichung des Produktmanagers an.
Welche Aufgaben sind heute fällig? Ein Tool zeigt an, dass das interne Budget freigegeben werden muss. Die Aufgabe ist rot markiert und wird eskaliert, wenn heute keine Aktion vorgenommen wird.
Beim Kunden wird die Akte über das Tablet aufgerufen. Ein Formular steht bereit, um den Termin digital zu erfassen.
Beispiel 2: Produktmanager
Die Aufgaben im wichtigen Scrum-Projekt sind aktualisiert worden. Um den täglichen Scrum-Termin zu ordnen, zeigt eine Reporting-Übersicht auf der Startseite des digitalen Arbeitsplatzes den Fortschritt der Arbeitspakete an.
Im Newsfeed laufen die Neuigkeiten der Kollegen aus den USA ein. Eine Präsentation wird als wichtig markiert und damit automatisch in die Leseliste verschoben.
Ein Mitarbeiter hat Stunden falsch eingetragen, hier leuchtet eine rote Ampel auf. Der Punkt kann direkt im Chat gesprochen und die Zahlen korrigiert werden.
Beispiel 3: Marketingkommunikation-Mitarbeiterin
Der Newsfeed ist mit Social-Media-Inhalten gefüllt: Die Mitarbeiterin weiß auf einen Blick, was auf Twitter zur Firma gesagt wird, was in Facebook läuft und welche Google News es über das Unternehmen gibt.
Im Arbeitsraum zur neuen Unternehmenspräsentation hat die Agentur einen neuen Entwurf abgelegt. Das wird sofort hervorgehoben.
Heute ist ein wichtiges Meeting mit dem Produktvorstand. Weil in der Nacht neue Informationen aus Übersee eingetroffen sind, muss ein spontanes Meeting organisiert werden. Über die Video- und Chatfunktion des digitalen Arbeitsplatzes kommen schnell die richtigen Kollegen zusammen. Über die Bildschirmfreigabe wird die Präsentation gemeinsam aktualisiert.
Beispiel 4: Vorstandssekretariat
Die Terminplanung steht hier im Fokus, der Kalender ist zugleich das Organisationstool. Heute steht ein wichtiger Kundentermin an. Der Vorstand muss einen Überblick über den aktuellen Status der Geschäftsbeziehung bekommen. Die Kundenakte ist aktuell und hat eine Berichtsfunktion.
Der Produktvorstand hat angerufen und möchte Informationen über die aktuelle Marktentwicklung des Konkurrenzprodukts. Schnell wird über die Expertensuche der zuständige Mitarbeiter gefunden und über einen Klick in den Organisationsbrowser auch dessen Vorgesetzter. Mit wenigen Klicks wird eine Anfrage ausgelöst, die eine Aufgabe mit höchster Priorität bei beiden Kollegen einstellt.
Beispiele dieser Art können an jeder Position in jedem Unternehmen festgemacht werden. Aufgabe des digitalen Arbeitsplatzes ist es nun, flexibel auf die Bedürfnisse eines Unternehmens reagieren zu können. Dazu ist es ratsam, zunächst zu analysieren, wie weit das Unternehmen bereits ist auf dem Weg zu einem digitalen Arbeitsplatz.
Der Newsfeed als sozialer, digitaler Mittelpunkt
In Workshops zum Thema Digital Workplace tauchen allerdings immer wieder skeptische Fragen und Widerstände gegenüber dem Einsatz eines Newsfeed auf. Es gibt häufig Bedenken, ob Mitarbeiter sich, ähnlich wie bei Twitter und Facebook, nur noch berieseln lassen, anstatt produktiv zu arbeiten.
Wichtig ist deshalb zu verdeutlichen, dass der Newsfeed als Arbeitsinstrument in Unternehmen elementarer Bestandteil eines digitalen Arbeitsplatzes ist. Ein Newsfeed – mein Newsfeed – ist nichts anderes als eine technische Lösung zur Aggregation von Daten nach Schlagworten, Rollen oder Prozessen. Aktivitäten und Nachrichten werden über diesen einen Kanal gesendet. Es ist nicht mehr notwendig, mehrere Webseiten oder interne Tools zu öffnen, um sich über den Tag zu informieren. Damit das nicht zu einer Informationsflut führt, werden intelligente Filter und Sortierkriterien sowie eine auf die Rolle abgestimmte Usability eingesetzt. Der Newsfeed wird damit zur Operationszentrale des Informationsarbeiters, der die Produktivität fördert und nicht gefährdet.
Quelle: Microsoft
Einführung des digitalen Arbeitsplatzes
Um Digital Workplace einzuführen, braucht es eine langfristige Strategie. Dieser Schritt ist notwendig, damit sich die Digitalisierung des Unternehmens im Ergebnis auszahlt. Und es ist kein IT-Projekt im klassischen Sinn. Der digitale Arbeitsplatz erfordert die Mitarbeit aller: der Fachabteilungen, der Kommunikationsabteilung und vor allem des Managements. Erfolgreiche Digitalisierung beginnt immer von „oben“. Vorbildfunktion für den Mitarbeiter haben immer auch die Führungskräfte in einem Unternehmen.
Diese drei Punkte sollten Verantwortliche vor der Einführung von Digital Workplace berücksichtigen:
- Die Einführung eines digitalen Arbeitsplatzes ist vor allem ein organisatorisches Projekt.
- Neben dem digitalen Arbeitsplatz als Softwarelösung, sollten auch Konzepte der direkten Arbeitsplatzgestaltung mitgedacht werden (Collaborative Workplace).
- Der beste digital Arbeitsplatz nutzt nichts, wenn nicht auch die Kommunikationskultur im Unternehmen analysiert und angepasst wird.
Die wichtigsten Erfolgsfaktoren als Zusammenfassung
- Bewusstsein, dass die Einführung eines digitalen Arbeitsplatzes kein IT-Projekt ist, sondern ein übergreifendes Organisationsprojekt, das die Art der Arbeit und der Zusammenarbeit grundlegend ändert
- Nachhaltige Stakeholder-Kommunikation („Alle mit ins Boot holen“, Mehrwerte darstellen)
- Schlanke und effektive Projektorganisation, Overhead vermeiden, klare Rollenverteilung
- Von Beginn an abgestimmte Governance und Informationsarchitektur
- Agile Methoden im Umgang mit Anforderungen – so weit als möglich und nötig
- Projektleiter, der über die einzusetzenden Ressourcen möglichst ganzheitlich entscheidet
- Feste Lessons Learned Sessions
- Roll-out-Planung mit integrierter unternehmensweiter Kommunikationsstrategie
- Früh implementiertes Schulungskonzept und Hilfestellungen
- Früher Beginn der Migrationskonzeption, Einplanung von Zeitpuffern für die Mitarbeiter
Foto: Getty Images / StockFinland