Digitale Exzellenz
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5G: Punktlandung im schnellen Funknetz

, 30. September 2020

Lesezeit: 5 Minuten

5G: Punktlandung im schnellen Funknetz

Fünf Jahre Blog Digitale Exzellenz sind eine gute Gelegenheit, auf die Themen der Vergangenheit zurückzuschauen. Schon 2016 haben wir über den Start des schnellen Internet mit 5G im Jahr 2020 geschrieben. Also quasi jetzt. Grund genug für einen Blick zurück nach vorn.

„Nach LTE und LTE-advanced steht nun 5G vor der Tür“, schrieb Peter Beckerle, Sopra-Steria-Berater für Telekommunikation, schon 2016. Den Zeitpunkt dafür hat Beckerle präzise vorhergesagt: „Der kommerzielle Start von 5G ist für 2020 vorgesehen.“ Damit hat er eine Punktlandung hingelegt – obwohl die Verantwortlichen in Wirtschaft und Politik reichlich organisatorische, technische und nicht zuletzt auch politische Fragen zu klären hatten. Darunter zum Beispiel die nach dem verpflichtenden Netzausbau, möglichen „national Roaming“, bei dem insbesondere neue Anbieter für die Versorgung des ländlichen Raumes bestehende Netze der Konkurrenten nutzen wollen. Natürlich war auch die Versteigerung der Frequenzen ein Politikum, genauso wie die möglichen Gesundheitsfolgen, die Sicherheit oder auch der Energiebedarf der neuen Technologie.

Tatsächlich starteten die vier deutschen 5G-Anbieter Telekom, Vodafone, o2 sowie 1&1 Drillisch allerdings schon 2019 mit der ersten kommerziellen Vermarktung, und so wird es einen echten Starttermin, bei dem – wie seinerzeit Willy Brandt bei der Einführung des Farbfernsehens jemand auf einen Knopf drückt – bei 5G nicht geben. Dennoch wird 2020 das Jahr sein, in dem die Provider nicht nur Netze, sondern auch Endgeräte für das schnelle Internet anbieten können. Bis Ende 2020, versprechen die Anbieter, wird 5G in den 20 größten deutschen Städten nutzbar sein.

In Freiburg schon auf Sendung, am Chiemsee aber leider gesundheitlich bedenklich

„In Freiburg ist 5G schon auf Sendung“, schrieb die Badische Zeitung vor ein paar Tagen, aber die Stadt gehört nur in Baden-Württemberg zu den größten 20. Trotzdem: „Das Rathaus ist überrascht“, und wir sind es auch. Unterdessen verrät mit O2 nämlich ein 5G-Anbieter erst noch „Details zum Start“, wie T-Online meldet. Die Bürgerinitiative „Lebenswertes Chieming – 5G frei“ stemmt sich unterdessen eigenen Angaben zufolge noch gegen den geplanten 5G-Netz-Aufbau am schönen Chiemsee, weil es angeblich „gesundheitlich bedenklich“ sei. Nun denn, diese Fläche, so steht damit zu fürchten, könnte also auch in Zukunft ohne schnelles mobiles Internet bleiben.

Dieser kleine Ritt durch den aktuellen Stand der Dinge zeigt: 5G ist keine Vision mehr, sondern (fast) schon lokale Realität – allerdings noch mit Netzabdeckungen jenseits der von der Politik geforderten 98 Prozent. 5G startet im 4. Quartal, die ersten Mobiltelefone mit dieser Technologie existieren und die ersten Endkundenverträge werden längst frei gehandelt.

So schnell ist 5G

Übertragungsraten bis zu 10 Gigabit pro Sekunde und Latenzzeiten mit weniger als einigen Millisekunden machen 5G zum echten Turbonetz. Die neue Technologie ist bis zu 100-mal schneller als LTE. Demnächst können wir damit zum Beispiel Filme in Hochauflösung und Echtzeit auf das Smartphone streamen. Profitieren werden von der höheren Bandbreite bei eMBB – Enhanced Mobile Broadband auch Anwendungen für Virtual und Augmented Reality.

5G aber ist vor allem für die vernetzte Industrie 4.0 ein großer Fortschritt: Es wird zu einem massiven Anstieg der mMTC – Massive Machine Type Communications kommen, also der gerätebezogenen Kommunikation im Internet der Dinge. 5G erlaubt nicht nur die rasend schnelle Kommunikation von Maschine zu Maschine und auch von Maschinen in die Cloud. Große Unternehmen können über lokale Frequenzen sogar eigene Netze aufbauen, um sich selbst oder ihr gesamtes Ökosystem auf ihrem Gelände zu vernetzen.

Die uRLLC – Ultra-Reliable and Low-Latency Communications wiederum gelten als notwendige Bedingung für zeitkritische Steuerungsaufgaben und für das autonome Fahren und die Kommunikation von Fahrzeug zu Fahrzeug. Die Selbstfahrer brauchen eine hohe Zuverlässigkeit und eine geringe Latenz bei der Datenübertragung zwischen einzelnen Fahrzeugen und zentralen Leitstellen, um in Echtzeit Entscheidungen treffen und umsetzen zu können.

Alles ok also?

Na ja, vielleicht nicht ganz. Denn wenn wir mal ehrlich sind, warten unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger im nördlichen Schleswig-Holstein, im ICE zwischen Hamburg und München oder <tragen Sie bitte hier Ihr Funkloch ein!> nicht wirklich auf 5G, sondern wären mehrheitlich schon mit einem stabilen 4G-Netz zufrieden, also mit einem durchschnittlich schnellen, aber immerhin verfügbaren Internet in der Fläche. Das gilt vor allem auch für viele Unternehmen, die in der Fläche sitzen und dort gerne ihre guten Ideen als Hidden Champions in die Welt tragen würden.

Deshalb ist die Vernetzung des ländlichen Raumes nach wie vor eine wichtige Aufgabe der Telekommunikations- und Infrastrukturanbieter. Und das lohnt sich aus vielerlei Hinsicht: für die Unternehmen genauso, wie für die Menschen dort, aber auch für das gesamte Land, unsere Volkswirtschaft und – aufgrund der vielen innovativen Ideen dieser Regionen – gerne auch für die gesamte Menschheit. Wer wollte darauf verzichten wollen?

Foto: Getty Images / nicholashan