Digitale Exzellenz
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Mehr transformationale Führung wagen

, 11. Oktober 2023

Fotocredit: Getty Images / SvetaZi

Lesezeit: 6 Minuten

Mehr transformationale Führung wagen

Wer Mitarbeitende langfristig bindet, senkt die Fluktuationskosten und den Recruiting-Aufwand. Dreh- und Angelpunkt einer starken Mitarbeiterbindung sind die Vorgesetzten und ihre Art zu führen. Eine bewährte Methode ist ein transformationaler Führungsstil. Wir verraten, wie der aussieht, was ihn auszeichnet und wie man ihn umsetzt.

Die öffentliche Verwaltung in Deutschland treibt die digitale Transformation von externen wie internen Prozessen voran, vergisst allerdings viel zu häufig die dazu nötige Weiterentwicklung von Führung. Dabei ist diese mindestens genauso wichtig wie die Entwicklung von Online-Portalen, Apps und automatisierten Services. Denn digitale Transformation bringt einschneidende Veränderungen für das Personal mit sich, und gute Führung stärkt das Vertrauen in den Nutzen und die Notwendigkeit, sich zu verändern. Wer es schafft, dass die Mitarbeitenden bei dieser Transformation mitziehen, wird sein Personal nicht überfordern, sondern motivieren und damit langfristig binden.  

Mitarbeiterbindung in der öffentlichen Verwaltung ist ausbaufähig 

Und Mitarbeiterbindung ist für Verwaltungen quer durch die Republik eine zentrale Aufgabe als Antwort auf den Fachkräftemangel. Allein durch ein effektiveres und effizienteres Recruiting, beispielsweise durch Prozessautomatisierung, wird sich die sich auftuende Lücke nicht schließen lassen. Es braucht geeignete Maßnahmen, um die einmal gewonnenen Arbeitskräfte langfristig in den Dienststellen, Referaten und Ämtern zu halten. Wer Mitarbeitende bindet, vermeidet hohe Fluktuationskosten und kontinuierliches Einarbeiten.  

Die Krux ist: Nur knapp die Hälfte der Mitarbeitenden im öffentlichen Dienst fühlt sich durch den Arbeitgeber wertgeschätzt, was die Wechselbereitschaft erhöht. Hinzu kommt eine geringe gemessene Zufriedenheit mit der Feedback-Kultur im Public Sector.  

Verwaltungen investieren zwar in Mitarbeiterbindung, allerdings greifen die Maßnahmen meist zu kurz: Förderung, Imagebuilding für eine gute Arbeitgebermarke oder Motivation stärken sind edle Vorhaben, jedoch viel zu schwammig und unkonkret. Da ihre Wirksamkeit schwer messbar ist, wächst daher die Wahrscheinlichkeit, dass sie im Sande verlaufen. 

Transformationale Führung wirkt 

Der öffentliche Dienst sollte sich somit auf Instrumente zur Bindung von Fachkräften fokussieren, die erwiesenermaßen funktionieren. Eines dieser Rezepte setzt bei der Leitung an. Gute Führungskräfte werden in den Fachgebieten, Referaten und Abteilungen stärker denn je gebraucht. Sie sind gefordert, den Teams Transformation als Dauerzustand zu vermitteln und sie in ihren persönlichen Change-Phasen zu begleiten. Damit senken Verwaltungen das Risiko digitaler Überforderung, der Frustration und schlussendlich des Arbeitgeberwechsels. Der Beamtenstatus ist zwar eine starke Austrittshürde, aber längst nicht alle Mitarbeitenden sind verbeamtet. Zudem suchen gerade jüngere IT-Fachkräfte schnell das Weite, wenn ihnen die Perspektive fehlt.  

Umso wichtiger ist die Rolle der Vorgesetzten und dass sie ihren Führungsstil an den Transformationsmodus anpassen. Der aktuell am besten evaluierte und wirksamste Führungsstil ist die so genannte transformationale Führung. Eine Vielzahl von Studien wie diese hier belegt das: Sie fördert die Arbeitsmotivation, führt zu mehr Kreativität der Mitarbeitenden und stärkt das Engagement über den eigenen Tätigkeitsbereich hinaus. Darüber hinaus stärkt der Ansatz das Vertrauen in die Chefs, steigert die Zufriedenheit mit der Führungskraft und erhöht die Bindung an den Arbeitgeber. Dieser Stil bringt im Ergebnis ein größeres Commitment gegenüber dem Dienstherrn. 

Die vier Elemente transformationaler Führung  

Im Mittelpunkt transformationaler Führung steht, im Sinne des Wortes, die „Transformation“ – also eine Veränderung der Mitarbeitenden. Der Ansatz konzentriert sich nicht direkt auf klassische Ziele wie die Arbeitsleistung, sondern auf die Mitarbeitenden als Person und ihre Zufriedenheit. 

Transformationale Führungskräfte setzen an vier zentralen Stellhebeln an: 

Einfluss durch vorbildhafte Führung: Wir wissen aus der Forschung, dass die Zusammenarbeit mit der direkten Führungskraft den größten Einfluss auf die Mitarbeiterbindung hat. Durch vorbildliche Führung repräsentieren Leitungskräfte die Werte der jeweiligen Teams und können so starken Einfluss auf die Mitarbeitenden nehmen. Wichtig ist dabei, diese Werte nicht nur durch Schulungen und Sensibilisierung zu vermitteln, sondern jeden Tag vorzuleben. Führungskräfte in Bürgerbüros müssen beispielsweise Werte wie Kundenorientierung durch ihr Handeln verkörpern. Für Chefs in Stabsstellen geht es darum, ein Vorbild in strategischer Planung und Kommunikation mit vielen Beteiligten zu sein. Das Bewusstmachen der eigenen Vorbilder ist in Führungskräftetrainings ein häufiger Startpunkt, vorbildhafte Führung zu implementieren. 

Einfluss durch eine greifbare Vision: Moderne Führung hat eine Vision für die Organisation, die Abteilung und für sich selbst. Mitarbeitende, die die Vision ihrer eigenen Dienststelle, ihres eigenen Ministeriums und ihre persönliche Vision kennen, sind nachweisbar motivierter und loyaler gegenüber ihrem Arbeitgeber. Eine Führungskraft kann im Rahmen von Workshops großen Einfluss auf die Visionsbildung in ihrem Verantwortungsbereich erreichen. Noch sinnvoller ist eine umfassende Visionsbildung für die gesamte Dienststelle, um daraus dann Ableitungen für die einzelnen Ämter und Abteilungen vorzunehmen. 

Einfluss durch Herausforderungen: Verwaltungen sind wie Unternehmen einer dauerhaften Veränderung ausgesetzt. Sie werden ständig neu herausgefordert, weil sich die Anforderungen der Bürgerinnen und Bürger, die Technologien oder die geopolitische Lage ändern. Was gestern im Tagesgeschäft noch funktionierte, ist heute vollkommen anders. Transformationale Führungskräfte regen deshalb zur Entwicklung neuer Ideen an. Sie fühlen sich im positiven Sinne herausgefordert, Prozesse zu hinterfragen, zu optimieren oder Dinge komplett neu zu denken. Und genau das leben sie ihren Mitarbeitenden vor. Eine solche Entwicklung neuer Ideen gelingt am besten, indem neben den täglichen Linienaufgaben auch immer Projektelemente (begrenzte Zeit, begrenzte Ressourcen, Einmaligkeit und Implementierung) genutzt werden, um Weiterentwicklungen voranzutreiben.

Einfluss durch individuelle Unterstützung: Die transformationale Führungskraft instruiert nicht, sondern coacht. Sie geht auf die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeitenden ein und entwickelt ihre Fähigkeiten und Stärken gezielt weiter. Sie erkennt die individuellen Bedürfnisse, weckt Motive und stärkt das Selbstvertrauen ihrer Mitarbeitenden. Coachingtechniken und eine Coachinghaltung gehören zur Grundausstattung. Beides ist erlernbar und für die persönliche Weiterentwicklung der Führungskraft ein wichtiger Schritt. Eine enge Zusammenarbeit mit dem Bereich Personalentwicklung, der solche Veränderungen unterstützen sollte, sowie individuelle PE-Maßnahmen für Mitarbeitende bilden eine gute Basis für die transformationale Führung.  

Viele Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung nutzen die Inhalte der transformationalen Führung bereits als Grundlage ihres individuellen Führungskräfteleitbildes. Die Freie und Hansestadt Hamburg hat beispielsweise in ihrem Führungskräfteleitbild von 2022 verschiedene Rollen definiert und setzt diese nun in Workshops um. Weiteres dazu findet sich im Personalbericht 2022 der Freien und Hansestadt Hamburg. 

Verwaltungen können den skizzierten transformationalen Führungsstil im Rahmen einer Organisationsentwicklung etablieren. Konkrete Anlässe, bei denen dieser Führungsstil gefragt ist, sind Fusionen von Dienststellen oder die Einführung neuer IT-Prozesse. Führung ist wichtig, um den Erfolg der Maßnahme zu sichern, denn diese Veränderungen führen zu Verunsicherung und zu Fluktuation. Transformationale Führung eignet sich darüber hinaus im Rahmen kultureller Veränderungsprozesse, beispielsweise wenn ein neues Leitbild verankert werden soll.  

Wer mehr über transformationale Führung und ihre Einführung in Organisationen wissen möchte, spricht mich einfach an.