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Holokratie: Das Ende des Chefs, wie wir ihn kennen

, 2. Mai 2018

Lesezeit: 3 Minuten

Holokratie: Das Ende des Chefs, wie wir ihn kennen

Starre Organisationsstrukturen sind nicht mehr zeitgemäß, denn sie können mit dem rasanten technologischen Wandel und den damit verbundenen disruptiven Veränderungen nicht mithalten. Aber was ist die Alternative? Dynamische Strukturen mit vollständiger Transparenz? Kein Chef mehr?

Die Karrierebibel freut sich: „Effektiv ohne Chef“ titelt sie einen Beitrag über neue Führungsstile und bringen mit „führen ohne Chef (…) ein Träumchen“, ihre verkürzte Definition von Holokratie auf den Punkt.

Klar ist: Starre Organisation, in denen der Chef streng und hierarchisch, mitunter auch streng hierarchisch führt, gehören mehr und mehr der Vergangenheit an. Die mit einem hierarchischen Führungsstil verbundene Limitation, sich nur auf das eigene Bauchgefühl zu verlassen anstatt auf die Fähigkeiten hochqualifizierter Mitarbeiter, passt nicht zu dem rasanten technologischen Wandel, mit dem Unternehmen umgehen müssen und auch nicht zu dem Bild der Arbeitswelt der Gegenwart.

Hierarchie - Schaubild
Hierarchisch gegliederte Organisationen sehen nur im Organigramm gut aus. Im richtigen Leben stehen lange Entscheidungswege den dynamischen Anforderungen moderner Entscheidungsfindung im Wege.

Gegenentwurf: Dynamische Entscheidungsstrukturen

Die Alternative zum Modell „Kontrollierender Alleinentscheider“ sind dynamische Entscheidungsstrukturen, die sich in dem von einem US-amerikanischen Unternehmer formulierten System der Holokratie wiederfinden. Basis für Entscheidungen sind fachliche Kompetenz und organisatorische Legitimation. Zentrales Merkmal dieser Organisationform ist, dass sie nicht von Dauer ist. Entscheidungsträger sind Teams, die sich für konkret zu treffende Entscheidungen neu formieren.

Statt auf naturgegebene Hierarchien setzt die Holokratie auf Rollen, die sich aus dem jeweils benötigten Fachwissen heraus ergeben. Noch etwas anderes ist wichtig: Teams und Entscheidungsträger in holokratischen Organisationen organisieren sich selbst, verstehen Fehler als Bestandteil der Veränderung und fokussieren wertschöpfende Tätigkeiten.

Holokratie
In holokratisch verfassten Organisationen dreht sich die Entscheidungsfindung im Kreis – mit wechselnden Rollen auf der Basis fachlicher Kompetenzen. Es ist auf den ersten Blick ersichtlich, dass die Entscheidungswege deutlich kürzer sind.

In einer solchen dezentralen „holokratischen“ Organisationsstruktur nehmen alle Mitarbeiter Einfluss. Holokratie verändert die Ansprüche an Arbeit und schafft neue, für den Mitarbeiter deutlich erweiterte Arbeitsbereiche. Folglich bleiben Mitarbeiter und damit auch das gesamte Unternehmen dynamisch. Auf Veränderungen kann so schneller und leichter reagiert werden.

Und was macht der Chef?

Auf den ersten Blick kommen Chefs in dem Konzept der Holografie nicht mehr vor. Dieser Schein trügt. Auch in der agilen, sich immer wieder neu findenden Organisation, gibt es Anführer, nur die Rolle verändert sich.

Dynamische Strukturen für flexible Entscheidungen fallen nicht vom berühmten Himmel, sondern müssen erarbeitet, manchmal auch erkämpft werden. Zudem reicht es nicht, Organisationsstrukturen einmal zu verändern; zum Wesen der Holokratie gehören die permanente Veränderung, das immerwährende Lernen, das ständige Anpassen und das Finetuning von Strukturen. Führung in dieser modernen Welt räumt an entscheidender Stelle Hindernisse beiseite, trifft Entscheidungen, sorgt für Transparenz und hält agilen Teams den Rücken frei.

Zur Erinnerung: Agilität ist die Antwort auf den ständigen Wandel

Unternehmen mit agilen Strukturen können schneller und flexibler auf Marktveränderungen reagieren. Dennoch ist das angestrebte Maß von Dynamik und Agilität keine starre Größe, sondern hängt von der Größe des Unternehmens, aber auch von der Branche ab. Zudem muss das präferierte System auch zum jeweiligen Unternehmensbereich passen. Eine vollständige Dynamik ist in den meisten Fällen also ebenso wenig das Ziel wie das Festhalten am klassischen Modell. Daher ist das Finden des richtigen Maßes die vielleicht wichtigste Aufgabe der Organisationsentwicklung. Auch hier sind Chefs gefragt, die in allen Zweifelsfällen moderieren – und vor allem motivieren.

 Foto: Getty Images / pixelfit