Automatisierte Logo-Gestaltung durch Künstliche Intelligenz. In Russland hat eine Design-Agentur genau das versucht und mehrere Kunden begeistert. Die Jobs der Kreativen aus Fleisch und Blut sind durch den Algorithmus dennoch nicht in Gefahr, wie unser Fundstück im Netz zeigt.
Der Algorithmus, um den es geht, heißt Nikolay Ironov. Sein Arbeitgeber ist die Agentur Art. Lebedev Studio. Die Inhaber haben ihn an rund 20 Kundenprojekten arbeiten lassen – vom Blog-Logo bis zum Bieretikett. Die Abnehmer waren zufrieden, berichtete t3n.
Die KI wurde an einem handgezeichneten Datensatz von SVG-Symbolen (Scalable Vector Graphics) trainiert, die verschiedene Themen abdecken, heißt es beim Tech-Magazin TNW. Das System analysiert Eingabetexte über ein Unternehmen, wie z. B. den Markennamen und eine Beschreibung seiner Arbeit, und wählt Wörter aus, die in Bilder umgewandelt werden sollen. Die Ergebnisse werden dann durch eine Reihe von Algorithmen geändert, die das Design skalieren, glätten und vereinfachen sowie verschiedene Farbschemata und Schriftarten erzeugen. Das Ergebnis ist eine endlose Auswahl von Logo-Optionen für den Kunden. Ab da übernimmt dann wieder ein Mensch.
Laut Art Director Sergey Kulinkovich funktioniert Nikolay Ironov so: „Grundsätzlich ist das die Lösung eine Kombination aus Systemen, die verschiedene Phasen des Designprozesses bedienen. All diese Systeme zusammen bieten Benutzern die Möglichkeit, den Text eines Kunden sofort in das Corporate Design umzuwandeln – innerhalb von Sekunden.“
Arbeitsteilung zwischen KI und Kreativen
Was lässt sich für andere Branchen aus diesem Fundstück lernen oder ableiten? Zunächst: Algorithmen dringen in immer mehr Wirtschaftszweige vor, erobern selbst die kulturelle und kreative Wirtschaft, auch Musik, und Sport. In der Modewelt wird KI ebenfalls zum Wirtschaftsfaktor. Hersteller und Händler wie H&M, Phillips-Van Heusen (Calvin Klein) und Amazon investieren im Bereich Design und Produktentwicklung in KI-Technologien.
Eine weitere wichtige Erkenntnis ist, dass KI und Menschen einander ergänzen. Der Algorithmus ist somit nicht automatisch ein Jobkiller. Allerdings verändert die Technologie die Rolle und die Arbeit der Kreativen. Das muss nichts Bedrohliches sein. Ein Designer fragt, ebenfalls in einem t3n-Beitrag, ob es am Ende nicht sowieso viel mehr Spaß bringe, Konzepte zu entwickeln, die Emotionen auslösen, statt 50 verschiedene Schriftarten durchzuprobieren. Diese Sichtweise lässt sich im Prinzip auf alle Branchen übertragen. Wichtig ist, diese Rollenveränderung anzunehmen.
Wieder mehr Kunst statt Kommerz, letzteren übernimmt die KI
Abschließend ein mögliches Szenario für freischaffende Kreative und Künstler: KI entlastet sie davon, sich um den nervigen Kommerz zu kümmern, der das Überleben sichert, aber von der persönlichen, aber häufig brotlosen Entfaltung abhält. Zumindest diejenigen, die keine Superstars ihrer Kunst sind, müssen den Spagat finden zwischen echter Kreativität und Skalierung für den Massenmarkt. Diesen Massenmarkt kann künftig die Software übernehmen. Der wahren Kunst steht damit keine Existenzsicherung mehr im Weg.
Die Frage ist, ob Kunden sich mit dem Logo aus der KI-Retorte zufriedengeben. Schließlich bezahlen sie für die Expertise und Kompetenz eines Unternehmens oder einer kreativen Person. Aber wenn Qualität und der Preis stimmen – das zeigt die Agentur aus Russland –, wird sich kaum ein Kunde darüber beschweren. Und wenn die Künstler und Kreativen die Software trainieren und ihre Kreativität in das Ergebnis einfließt, bleibt es ihr Erzeugnis und ihre Handschrift.
Foto: Getty Images / jossdim