Weihnachten wird in diesem Jahr anders ablaufen. Eine große Umstellung durch die Corona-Pandemie ist, für andere dennoch, aber aus der Distanz da zu sein. Ein konkretes Beispiel aus Hamburg zeigt, wie soziale Einrichtungen und Projekte mithilfe der Digitalisierung zurechtkommen und sich weiter engagieren können.
Veränderungen treffen in diesem Jahr nahezu alle Teile der Bevölkerung und in fast allen Lebensbereichen: Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bedeutet Corona oftmals, Familie und Beruf auf engem Raum miteinander zu vereinen. Für Unternehmen heißt Corona, plötzlich nur noch virtuell zusammenzuarbeiten, Kunden zu betreuen oder das gesamte Geschäftsmodell umzukrempeln. Der öffentliche Sektor erlebt wiederum eine Art Blitzdigitalisierung.
Während sich alle gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereiche neu ordnen, Organisationen wie Individuen mit sich beschäftigt sind und die soziale Distanz als letzter Ausweg aus steigenden Infektionszahlen bleibt, entwickeln soziale Projekte und ehrenamtliche Initiativen ebenfalls neue Strategien. Und das müssen sie auch: Gerade sie leben von sozialer Nähe und dem Engagement von Menschen vor Ort. Der Bedarf besteht in Pandemiezeiten mehr denn je, leiden Bedürftige doch besonders, wenn Engagement aus Angst vor dem Virus ausbleibt.
Damit gemeinnützige Projekte weiter wirken können, bauen viele auf die Chancen, die im Digitalen stecken: Kollaborationstools, Videochat und soziale Medien erhalten den Kontakt zwischen Mitgliedern und Zielgruppen. So auch beim Hamburger Verein HerzCaspar: Die 2017 gegründete Initiative will jungen Patientinnen und Patienten Farbe in den Krankenhausalltag bringen. Ebenfalls junge ehrenamtliche „Buddies“ sorgen für Unterhaltung durch Veranstaltungen, Spiele sowie Gespräche auf der Station.
Um Risikogruppen im Krankenhaus zu schützen, war im März 2020 schlagartig Schluss mit diesen Angeboten, und der Verein stand vor großen Herausforderungen: Der Kontakt zu ihrer „Zielgruppe“ drohte abzubrechen, ohne dass ihnen anderweitig geholfen wird. Doch Einsamkeit durfte auf keinen Fall zur zusätzlichen Belastung für die jungen Patientinnen und Patienten werden.
Die Idee: Um schnell Abhilfe zu schaffen, stellten die Buddies ihre Klinikbesuche auf wöchentliche Videochats über die Plattform Zoom um. Sie brachten Plakate und Flyer mit den Zugangsdaten über das Krankenhauspersonal in die Klinik und nutzten die direkten Online-Kontaktwege zwischen Mitgliedern und den Patientinnen und Patienten. Statt als Veranstaltung im Krankenhaus fand eine geplante Autorenlesung kurzerhand als Internetstream-Event statt. Das kommt speziell bei den jungen Menschen gut an, aber nicht nur.
Zukünftig nutzen die Ehrenamtlichen den Kontakt zum Klinikpersonal, um Materialien zum gemeinsamen Basteln via Videochat auf die Station zu bringen. Als zusätzliches Unterhaltungsangebot gibt es den Verein nun auch für die Ohren: Mit HerzCaspar on Air ist ein Podcast auf allen gängigen Plattformen vertreten und soll abwechselnd informieren und Patientinnen und Patienten unterhalten.
New work und Collaboration sind im Ehrenamt kein Neuland mehr
Die jungen HerzCaspar-Mitglieder arbeiten bereits intensiv digital zusammen: Über die Plattform Microsoft Teams organisieren sie unter anderem die Buddy-Besuche. Sie planen zudem die Präsenz in sozialen Netzwerken, führen Workshops zur Optimierung der Wirkung des Vereins durch. Seit diesem Jahr gibt es bei HerzCaspar auch die Rolle des Feelgood Managers: Dieses Mitglied wirbt für die Akzeptanz der digitalen Tools. Dafür werden online Einführungs-Workshops angeboten, in Meetings Tipps zur Anwendung vermittelt und Fragen beantwortet.
Der Verein konnte mit diesen aus der Not geborenen Maßnahmen kurzfristig auf die pandemiebedingten Einschränkungen reagieren. Mittlerweile erkennen die Verantwortlichen neben offensichtlichen Herausforderungen auch Chancen in der virtuellen Patientenbetreuung: „Es ist schwieriger geworden, Patientinnen und Patienten zu erreichen, weil die Buddies sie nicht mehr persönlich sehen dürfen. Durch die digitalen Wege sehen wir aber die Möglichkeit, mit unserem Angebot unkomplizierter in mehr Krankenhäusern aktiv zu werden und längerfristig erkrankte junge Menschen auch zuhause zu erreichen.”, so Fernanda Wolff Metternich, Vorsitzende bei HerzCaspar.
Trotz des Rückschlages durch Besuchsverbote im Krankenhaus und fehlende regelmäßige Treffen nimmt der Verein nun Kurs auf eine Expansion an weiteren Kliniken. Digitale Tools helfen künftig dabei, dass Buddies ohne Vorort-Termine mit ihren Patienten „zusammen sein“ können. Dabei stellen sich die engagierten Mitglieder auch auf Lerneffekte ein: Nicht alle Maßnahmen treffen sofort auf eine hohe Resonanz und müssen digital aufwendiger vorbereitet werden, als ein Spielenachmittag vor Ort.
Das Beispiel HerzCaspar zeigt, wie digitale Nähe in Pandemiezeiten funktionieren kann. Klar ist, die Onlineangebote passen zur Zielgruppe: Sowohl die Ehrenamtlichen als auch Patientinnen und Patienten gehören zu den Digital Natives. Ein Wechsel zu digitalen Treffen und Veranstaltungen ersetzt zwar auch bei jungen Leuten dauerhaft nicht den persönlichen Kontakt. Die technischen Voraussetzungen und eine grundsätzliche Bereitschaft zur Nutzung sind allerdings vorhanden, so dass ein Kontakt aufrechterhalten werden kann. In diesen Zeiten sind Engagement und Kreativität für alle Gesellschaftsgruppen gefragt – auch für weniger digitalaffine Menschen, für Menschen ohne Zugang zum Internet sowie für Bedürftige, die auf Sach- und Lebensmittelspenden angewiesen sind. Unternehmen und Mitarbeitende tragen mit ihren Mitteln und ihrem Know-how eine wichtige gesellschaftliche Verantwortung und können mit ihrem Einsatz einen wesentlichen Beitrag zu einem wirkungsvollen Ehrenamt leisten.
Bilder: HerzCaspar e.V
Lesetipp: Weitere Beiträge über digitale Weihnachten bei uns im Blog.