Dank Digitalisierung bieten Banken inzwischen ein deutlich verbessertes Kundenerlebnis, beispielsweise durch vereinfachtes Bezahlen im Netz und an der Ladenkasse. Auch im Backoffice wird sich durch die digitale Transformation einiges ändern. Ein großer Hebel ist die Prozessautomatisierung – zum Beispiel im Rechnungswesen und im Controlling. Mithilfe von RPA und RDA können Banken die Belastung durch steigende Regulierung abfedern und Ressourcen sparen.
Grundsatzarbeit, wie das Auslegen des IFRS-Standards am Einzelfall mittels Hermeneutik, wie einst im Wirtschaftsstudium gelernt, ist im Rechnungswesen von Banken kaum noch möglich. Nicht weil es nicht wichtig ist, sondern weil die Zeit fehlt. Diese verwenden Banken derzeit darauf, Projekte aufzusetzen, um immer neue Anforderungen an das Reporting umzusetzen. Dem Meldewesen und Controlling geht es ähnlich. Zwischen dem Erstellen und Auswerten von Listen bleibt kaum Zeit für eine vorrausschauende Planung, wie sich neue regulatorische Vorschriften auswirken, sowie für Vorstudien oder Verbesserungsvorschläge, wie sich Reportingzahlen besser nutzen lassen.
Fach- oder Excel-Experte gesucht?
Ein Kollege hat in einem Blogbeitrag überspitzt gefragt, ob konkrete Studienkenntnisse in der Gesamtbanksteuerung überhaupt noch notwendig sind, da die Arbeit im Wesentlichen aus dem „Basteln“ von Reports besteht. Reduziert auf diese Tätigkeit, kann man dem durchaus zustimmen. Für das reine Abarbeiten sind tatsächlich gute SAP-BW- und Excel-Kenntnisse hilfreicher als tiefes Fachwissen davon, was es mit diesen Zahlen auf sich hat und warum jemand genau diese wissen will. Bevor diese Fragen überhaupt gestellt werden können, steht das Erstellen der nächsten Liste an.
Digitale Transformation verändert Arbeit im Rechnungswesen
Diese ernüchternde Praxis im Rechnungswesen und auch in den Finanzabteilungen generell könnte jedoch bald vorbei sein. Durch die Digitale Transformation wird sich das Job-Bild eines Controlling-, Meldewesen- oder Accounting-Experten deutlich verändern. Das regelmäßige Erstellen von Berichten und Listen wird nach und nach automatisiert – konkret durch Robotic Process Automation (RPA) und Robotic Desktop Automation (RDA). Danach bleibt (hoffentlich) wieder Zeit, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: die Arbeit als Experte für einen wichtigen Fachbereich einer Bank.
Bei RPA bildet ein Softwareroboter die menschlichen Aktivitäten an Bildschirm und Tastatur nach – und zwar ohne, dass Unternehmen dafür komplett neue IT-Lösungen in ihre Infrastruktur einpassen müssen. Der Einsatz von RPA lohnt sich nur, wenn dadurch ein sehr häufig ausgeführter und durchgehender Prozess automatisiert werden kann.
RDA funktioniert ähnlich. Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass ein RPA-Prozess komplett selbstständig arbeitet, wohingegen der RDA-Prozess anlassbezogen gestartet wird. RDA bietet sich an, wenn es sich nicht um eine durchgehende Verarbeitung handelt, sondern um einen Prozess, der einmal im Monat, Quartal oder Jahr durchgeführt wird. Die Regelmäßigkeit von Meldungen und Abschlüssen stellt damit eine perfekte Spielwiese für diese Form der Digitalisierung dar. Voraussetzung ist natürlich ein guter Datenhaushalt.
RPA und RDA: Automatisierung von Controlling, Accounting und Meldewesen
Automatisierung mittels RPA oder RDA bietet sich für nahezu jedes Aufgabengebiet an, das einer logischen Aufbereitung von Informationen folgt. Diese darf auch komplexer sein und beschränkt sich nicht auf Wenn-Dann-Regeln. Mögliche Einsatzgebiete sind neben Arbeitsschritten bei der Abschlusserstellung auch das Erstellen von Reports im Controlling, aufsichtsrechtliche Meldungen wie AnaCredit sowie große Teile eines FinRep-Abschlusses. Alle diese Aufgaben folgen einer festgelegten Logik und eignen sich somit optimal für die Anwendung von Robotics.
Auch bei komplexen Vorgängen kann eine Prozessautomatisierung funktionieren – und nicht nur in Finanzabteilungen. Die Landesbank Baden-Württemberg hat in einem konkreten Anwendungsfall RPA und einen Chatbot kombiniert eingesetzt und so die Passwortzurücksetzung im IT-Helpdesk automatisiert.
Digitalisierung funktioniert nur als Gesamtgebilde
Die Angst vor der Digitalisierung als Job-Killer ist in den genannten Bereichen unbegründet. Es geht einzig darum, lästige, repetitive Aufgaben an Softwareroboter auszulagern. Somit erhalten die Experten für Zahlen und finanzielle Analyse in den Banken wieder mehr Zeit, um sich um Grundsatzarbeit zu kümmern, für eine höhere Datenqualität zu sorgen und Projekte derart zu gestalten, dass reiner Linienarbeit an den Roboter übergeben wird und nicht an den Kollegen.
Wichtig ist, sich nicht auf Quick-Wins zu beschränken. Das Accounting sollte langfristige Digitalisierungsinitiativen starten, die über das vereinfachte Erstellen von Bilanzen hinausgehen. Dafür ist allerdings eine Erweiterung des fachlichen Horizonts dringend notwendig, und das funktioniert nur mit einer gesamtunternehmerischen Digitalstrategie.
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