Digitale Exzellenz
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Bitcoin: Digitaler Piratenschatz oder volatile Handelsfregatte?

, 23. Mai 2018

Lesezeit: 6 Minuten

Bitcoin: Digitaler Piratenschatz oder volatile Handelsfregatte?

Zu oft werden Ideen um die Blockchain im Konjunktiv beschrieben. Betrachtet man Bitcoin als praktisches Paradigma, werden Potenziale wie Risiken deutlich. Ein Blick ohne Hype-Brille hilft bei der nüchternen Bewertung des technologischen Hoffnungsträgers.

Die Blockchain prägt sich als beeindruckende Erfindung ein, allerdings nur weil es mit Bitcoin sofort eine praktische Anwendung gab. Über den Erfolg entscheiden somit Akzeptanz, Zugänglichkeit, Verbreitung und der praktische Nutzen. Bitcoin macht die weltweit größte Blockchain hoffähig und bietet Orientierung. Bitcoin selbst ist disruptiv, denn Bitcoin

  • dient Startups zur Finanzierung.
  • ermöglicht die Bereitstellung von Darlehen in Form von Bitbonds, und das ganz ohne Banken.
  • Kurse werden in Form von Futures an der CBOE eingefroren. Es sei gesagt: Die Börse von Chicago ist der größte Markt für Options und Futures weltweit.
  • löst übergreifendes Investing aus, Listings im NASDAQ bestätigen dies.
  • kann in der Schweiz zur Bezahlung bei Behörden verwendet werden.
  • wird in Japan und Australien als gesetzliches Zahlungsmittel anerkannt.

Diese Anwendungsfälle erregen Aufmerksamkeit. Nicht erst seit dem Allzeithoch von Dezember 2017 in aller Munde, drängt Bitcoin in die Medien.

Was ist eigentlich ein Bitcoin? – 3EU5uyfr8ZJ7RdVBw4TfJyQzkBogWdPenH – Das ist ein Bitcoin!

Wer darüber redet, sollte mit dem nötigen Basiswissen vertraut sein: Genannt Hash-Value, ermöglicht dieser öffentliche Teil eines Bitcoin-Kontos den Austausch von Beträgen. Mit jedem Hash steht ein Betrag in Verbindung, der in weiterer Kombination mit einem privaten Schlüssel dem Besitzer zugeordnet ist.

Bitcoin ist eine digitale Währung ein digitales Zahlungsmittel

Auf der analogen Landkarte lässt sich Bitcoin besser mit Gold als mit dem britischen Pfund vergleichen, weil sich die Gesamtmenge mittels Definition im technischen Core auf 21 Millionen Stück limitiert. Im Gegensatz dazu können zentrale Notenbanken beliebige Geldmengen heraus bringen. Die Grundidee hinter Bitcoin macht eine Regulierungsbehörde obsolet, jeder PC lässt sich mit diesem dezentralen Netzwerk verbinden. Damit wird eine eigene, unabhängige Kontrollinstanz gebildet und für Redundanz gesorgt. Diese Verteilung entspricht dem Kern der Idee. Die Blockchain von Bitcoin steht frei zum Download bereit. Sämtliche Transaktionen sind fälschungssicher darin gespeichert und können im öffentlichen Teil der Blockchain eingesehen werden. Aktuell gibt es 25 Millionen Benutzer.

Noch ist die Gesamtmenge nicht verfügbar. Bitcoins entstehen sukzessive durch so genanntes Mining in Form von Blöcken. Diese Generierung neuer Bitcoins ist sehr rechenintensiv. Zurzeit werden alle 10 Minuten 12,5 neue BTC geschürft. Der Mechanismus wird als Proof of Work bezeichnet und dient als Belohnung (Reward), damit Miner die Rechenleistung ihrer spezialisierten PCs zur Verfügung stellen, um einerseits neue Bitcoins zu schürfen und andererseits Transaktionen zwischen zwei Parteien zu bestätigen. Die 10 Minuten sind ein fixer Wert – die Höhe der Belohnung halbiert sich etwa alle vier Jahre. Egal wie viele Teilnehmer mit dem Netzwerk verbunden sind, die zu lösende Aufgabe passt sich an die Gesamtkapazität der Rechenleistung an. Konkret geht es darum, führende Nullen in einem Hash-Value zu finden. Das geht nur durch probieren.

Bitcoin Transaktion

Ablauf einer Transaktion von Bitcoin, mit der Alice 4 Bitcoins überweist. Nach der Signierung erfolgt die Ablage in einem Block und mit erfolgreicher Bestätigung des Blocks durch die Miner erhält Bob den Betrag am Ende in seinem digitalen Wallet.

Bei allen genannten Punkten handelt es sich um Eigenschaften der Blockchain von Bitcoin. Im Kontext von Unternehmen, Banken, Behörden oder Bildungsinstituten sehen diese Eigenschaften bei Implementierung einer anderen Blockchain ganz anders aus. Die Liste lässt sich beliebig definieren:

  • mehr und verschiedene Rollen als nur Sender und Empfänger einer Überweisung,
  • keine öffentlich einsehbaren Transaktionen,
  • bedingte Abhängigkeiten mittels Code definiert (Smart Contracts),
  • Verifikation ohne Proof of Work; Alternative: Proof of Stake,
  • eine eigene Kryptowährung.

Bitcoin ersetzt US Dollar

Einfacher zugänglich als Aktien, handelt die Welt Bitcoin 24/7. Transaktionen bestechen durch ihre schnelle Übertragung und erreichen ein tägliches Volumen von 3 Milliarden US-Dollar. Verglichen mit einer Geld-Überweisung nach Amerika, sieht man Beträge innerhalb von Minuten im Account und nicht erst nach Tagen – Bitcoin zwingt Banken damit, Instant Payment schneller einzuführen. In Europa nahezu unvorstellbar, erreicht Bitcoin viele Menschen ohne Bankkonto und genießt sogar mehr Vertrauen als lokale Währungen. Nicht zuletzt investieren Tech-Größen wie Richard Branson, Eric Schmidt von Google oder der deutsche Unternehmer Peter Thiel Wagniskapital in Millionenhöhe.

Bitcoin unterstützt Kriminalität

Dem gegenüber liest man immer wieder von der Nutzung für illegale Geschäfte, vollständige Anonymität liefert Bitcoin dabei jedoch nicht. Die Börsen gelten als Bermudadreieck, bei denen insbesondere die Sicherheit als Indikator bestehen muss. Ein Totalverlust ist nicht nur möglich, sondern bei der Exchange Mt. Gox mit Sitz in Japan bereits vorgekommen. In der Analogie der volatilen Handelsfregatte schwimmt Bitcoin in schweren Gewässern, tägliche Kursveränderungen von 10 Prozent am Tag sind keine Seltenheit. Der Handel mit Bitcoin gleicht dem Ritt auf einer heißen Kanonenkugel. Bedingt durch starke Schwankungen unterliegt der eigene Einsatz einem hohen Risiko. Zudem steht das Proof-of-Work-Verfahren zum Mining von Bitcoins und der Bestätigung von Transaktionen in der Kritik, es erfordert den Stromverbrauch von Serbien.

Bitcoin ist ein kleines Licht

Stellt man Bitcoin in einen anderen Blickwinkel, ergeben sich folgende Vergleichswerte in Billionen US Dollar.

Bitcoin Relevanz
Quelle: Focus Money, 25. Oktober 2017

Bitcoin hat 1.609 Konkurrenten, Tendenz steigend

Fast täglich entstehen neue Kryptozahlungsmittel parallel zu Bitcoin, die sich durch unterschiedliche Eigenschaften in der zugrunde liegenden Blockchain definieren. Verantwortlich dafür sind entweder die Entwickler-Communities oder Firmen mit finanziell interessierten Projekten. Der Anteil von Bitcoin beträgt auf dem Krypto-Atlas etwa 35 Prozent, damit zeigt sich die Relevanz anderer Coins. Besondere Vorsicht ist bei ICOs (Initial Coin Offerings) geboten, mit denen neue Coins eingeführt werden. Es gilt im Detail zu prüfen, welche Vorteile und Risiken gegenüber anderen Zahlungsmitteln bestehen. Fraglich bleibt dabei, ob diese künftig am Markt bestehen. Ein Fehler in der Umsetzung führte 2017 bei Ethereum zu unbrauchbaren Anteilen.

Bitcoin Market

Quelle: https://coinmarketcap.com, Stand: 24.04.2018

Als Essenz aus den Schätzen und Eisbergen sollte der sauberen Konzeption der Blockchain eine fehlerfreie Umsetzung folgen. Fehler besitzen eine besondere Tragweite und lassen sich nachträglich schwierig korrigieren. Ein Entwicklungsaufwand, der sich jedoch lohnt und wenn eine kritische Masse der Akzeptanz überwunden wird, ähnlich disruptiv wirken kann wie Bitcoin.

Foto: Getty Images / MaestroBooks