Digitale Exzellenz
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Bildung aus der Wolke: die Bundes-Schul-Cloud

, 5. September 2018

Lesezeit: 4 Minuten

Bildung aus der Wolke: die Bundes-Schul-Cloud

Das deutsche Bildungssystem hängt beim Thema Digitalisierung hinterher. Viele Lehrkräfte sträuben sich gegen mehr Vernetzung und mobile Lehrmittel im Klassenzimmer, und auch die IT-Infrastruktur der Schulen ist modernisierungsbedürftig. Das Beispiel Schul-Cloud – ein Fundstück auf sueddeutsche.de – zeigt, dass sich doch etwas tut.

Um die Umsetzbarkeit einer Datenwolke auf Bundesebene zu testen, ist im vergangenen Jahr ein Pilotprojekt an den Start gegangen. 27 mathematisch-naturwissenschaftlich ausgerichtete Gymnasien (EC-MINT-Schulen) wurden ausgewählt, um die Anwendung zu prüfen. Die bereitgestellte Lösung bietet viele kleine Microservices, so dass sie sich technisch einfach an die Anforderungen jeder Schule anpassen lässt. Während der Testphase wird die Software kontinuierlich vom Hasso-Plattner-Institut für Digital Engineering (Universität Potsdam) verbessert und erweitert.

Schul-Cloud – Fluch oder Segen?

Die digitale Modernisierung via Cloud bringt viele Vorteile mit sich. Einer ist mehr Effizienz: Schüler haben beispielsweise von Zuhause und vom Klassenzimmer aus die Möglichkeit, auf Inhalte aus der Cloud zuzugreifen, und sie können fertiggestellte Aufgaben in die Cloud laden. So behält die Lehrkraft einen besseren Überblick und kann Korrekturen früher erledigen. Übungen können ebenfalls direkt in der Cloud bearbeitet und kontrolliert werden, und Eltern können die Infrastruktur nutzen, um mit Lehrern zu kommunizieren.

Dennoch ist der Weg zur Schul-Cloud steinig. Klassische Cloud-Themen wie Datensicherheit und professionelle Wartung müssen geklärt sein. Zudem ist die IT-Infrastruktur an deutschen Schulen noch nicht Cloud-fähig. Sie ist häufig nicht dafür ausgelegt, dass sich eine Vielzahl von Lernenden und Lehrenden zeitgleich einloggt. Außerdem bereiten rechtliche Fragestellungen Schwierigkeiten, die häufig im Cloud-Kontext auftreten. Dürfen Schulnoten in die Cloud geladen werden? Und wie sieht es mit dem Urheberrecht aus, wenn geschützte Daten online gespeichert werden?

Dazu kommen gesellschaftliche Hürden wie die Always-on-Thematik und eine kindgerechte Nutzung privater Geräte spielen eine wichtige Rolle bei der Durchsetzung einer solchen Cloud. Zudem fehlen bundesweite Standards: Im Freistaat Bayern ist beispielsweise der private Gebrauch von Handys an Schulen untersagt. Auf EU-Ebene gibt es Länder wie Frankreich, die das Smartphone komplett aus Klassenzimmern verbannen, was auch hierzulande Schule machen könnten.

Bis all diese Fragen nicht umfänglich geklärt sind, kann eine bundesweite Cloud nicht online gehen. Dennoch investiert das Ministerium für Bildung und Forschung acht Millionen Euro in die Pilotstudie. Die erste Testphase wurde im April 2018 beendet, die Zahl der teilnehmenden EC-MINT-Schulen soll Schritt für Schritt auf 300 erweitert werden.

Internationale Beispiele für digitale Exzellenz in Klassenzimmern

Neben der Schul-Cloud gibt es weitere Ansätze, digitale Exzellenz auch in deutsche Klassenzimmer zu bringen. So ist beispielsweise die Idee eines digitalen Klassenbuchs im Umlauf, in dem Lehrer die Daten digital festhalten.

In anderen Ländern ist dies bereits Gang und Gäbe. Besonders Estland nimmt in Europa eine digitale Vorreiterposition ein, wie Spiegel Online berichtete. Neben den digitalen Klassenbüchern gibt es dort ganze Klassensätze an Laptops und Tablets. Ab 2020 wird es alle Schulbücher digital verfügbar geben. Bereits heute werden die Fragen bei Klassenarbeiten über das Smartphone empfangen, und Smartboards werden aktiv genutzt. Live-Abstimmungen im Klassenzimmer sind ebenfalls möglich. Die Schüler geben ihre Antworten digital ab, diese werden dann auf dem interaktiven Tafeln dargestellt. Die Lehrkraft sieht auf ihrem eigenen Tablet, wer richtig lag und wer nicht.

In Australien setzt das Sydney Center for Innovation in Learning digitale Lernmethoden ein. Das Konzept der Schule wurde komplett verändert, die Schüler aller Jahrgangsstufen haben die Möglichkeit, zusammen in Open Spaces zu lernen. Dabei kommen technische Hilfsmittel zum Einsatz, auch verfügt die Bildungseinrichtung über eigene Server.

In Deutschland werden vor allem Apps getestet. Sie helfen beispielsweise, Schüler in Gruppen einzuteilen, sie messen den Lärm im Klassenzimmer und bieten ein digitales Quiz-Pendent zum Eckenraten. All diese digitalen Vorhaben werden sich wie die Schul-Cloud daran messen lassen müssen, dass sie einen pädagogischen Mehrwert bieten und die Arbeit der Lehrer und Schulverwaltung verbessern. Es bleibt somit abzuwarten, was die Auswertung der Pilotprojekte an Erkenntnissen bringen wird.

Foto: Getty Images / SolStock