Ein japanisches Hotel wollte mit Roboter-Bediensteten die Welt der Hotellerie revolutionieren. Check-in, Gepäcklagerung, Check-out: alles von Roboterhand durchgeführt. Vor knapp vier Jahren ging das Konzept an den Start, doch jetzt hagelt es Kündigungen – für die Bots. Ein Fundstück auf golem.de.
Die Idee des Henn Na-Hotels schien revolutionär: Es wollte das weltweit erste Hotel werden, das mit Robotern arbeitet und State-of-the-Art-Technologie verwendet. 2015 eröffnete die erste Unterkunft im japanischen Sasebo und stellte rund 250 smarte Helfer in den verschiedensten Abteilungen ein. Das sonderbare Hotel wurde zur Attraktion im technologiebegeisterten Japan und sorgte für weltweite Aufmerksamkeit.
Ein Teil der Androide wird an der Rezeption eingesetzt. Sie begrüßen die Gäste und helfen beim ein- und auschecken. Hier sind vor allem mehrsprachige Roboter positioniert, um Besucher aus den verschiedensten Ländern in Empfang zu nehmen. An diesem Punkt kommt bereits das erste Problem zum Vorschein: Die Empfangsroboter im Look von Velociraptor-Dinosauriern können aus technischen Gründen nicht selbstständig Passdokumente ausländischer Gäste kopieren. Menschliches Personal muss jedes Mal einspringen und ihren technischen Kollegen unter die Arme greifen.
In der Garderobe des Henn Na Hotels kommen ebenfalls intelligente Helfer zum Einsatz. Gäste können hier ihr Gepäck lagern. Roboter-Arme nehmen Koffer und Taschen ab und bewahren sie für einen bestimmten Zeitraum sicher auf. Ihre Kollegen, die Gepäckboten-Roboter, haben es hingegen deutlich schwerer. Ihre Aufgabe ist es, die Koffer ins Hotelzimmer zu tragen – einfacher gesagt als getan. Die Zimmer dürfen sich nicht im Anbau des Hotels befinden. Hier können künstlichintelligente Wesen nicht hingelangen: Ein Teil des Weges liegt im Freien, und die Nässe stellt eine Gefahr für die menschlichen Maschinen dar. Somit können sie nur ein Viertel der 100 Zimmer erreichen.
Nicht nur die Roboter repräsentieren die moderne Technik des Hotels – auch andere Technologien wurden verbaut. Beispielsweise in den Zimmern: Dank Gesichtserkennungssystem kommen die Hotelgäste ganz ohne Schlüsselkarten aus. Sobald sie ihr Gesicht im System registriert haben, müssen sie den Zimmerschlüssel nicht mehr mitnehmen. Das Gesicht funktioniert als Schlüssel.
Im Zimmer selbst erwartet die Gäste dann „Churi“ – ihr persönlicher Assistent während des Aufenthalts. Die Software in Form einer Puppe soll die Zimmertemperatur regulieren, das Licht ein- und ausschalten und Auskünfte erteilen. So schön, so gut. Aber: Nicht selten missinterpretiert der Assistent das Geschnarche der Gäste als Frage. Diese kann die Software nicht verarbeiten. Das Resultat: Churi hört nicht auf nachzufragen, bis die Gäste wach werden.
An diesem Beispiel zeigt sich, dass die Technologie noch nicht ausgereift ist. Besonders im Vergleich zu den bekannten persönlichen Assistenten wie Siri, Alexa und Co. hat Churi das Nachsehen.
Idee Top, Ausführung Flop
Die Vision des Henn Ha Hotels ist es, dass Roboter vielfältige Aufgaben im laufenden Hotelbetrieb übernehmen, den Gast unterstützen und unterhalten. Klingt revolutionär, doch an der Umsetzung hapert es. Die Roboter stören die Abläufe des Hotelbetriebs und machen mehr Arbeit, als sie abnehmen. Nach 3,5 Jahren Laufzeit wurden im Januar 2019 die Hälfte der 250 Robo-Angestellten fristlos entlassen. Churi, die Check-In-Velociraptoren, die Gepäckträger und der Concierge-Roboter mussten gehen. Nur die effizienten Roboter überstanden die Kündigungswelle.
Der Hotelbetreiber hält grundsätzlich an seiner Idee fest, sieht aber ein, dass manche Aufgaben von Menschen übernommen werden müssen und ersetzte die intelligenten Helfer wieder durch menschliche Intelligenz. Roboter alleine können den kompletten Hotelbetrieb offenbar doch nicht stemmen.
P.S.: Der Tech-Riese Alibaba ließ sich nicht lumpen und eröffnete kürzlich sein eigenes robotergeführtes Hotel im chinesischen Hangzhou. Durch die smarten Helfer sollen auch hier Arbeitsprozesse automatisiert werden. Wenn das Konzept besser läuft, können die entlassenen Roboter vielleicht hier eine neue Anstellung finden…
Foto: Getty Images / peepo