Egal ob Schach, GO oder Jeopardy!, ob Arzt, Anwalt oder Analyst – im Zeitalter der digitalen Transformation sind Maschinen mittlerweile auf vielen Gebieten besser als Menschen. Doch können Maschinen wirklich alles besser? Welche Rolle spielen Menschen in einer digitalen Arbeitswelt der Zukunft? In jeder vorangegangenen Industrierevolution haben sich die klügsten Köpfe diesen Fragen gestellt, und heute wie damals gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht.
In Sachen Lebensqualität hat Technologie einiges Gutes bewirkt. Maschinen übernehmen gefährliche und eintönige Arbeiten und haben so ihren Beitrag dazu geleistet, dass sich Arbeitsbedingungen und Lohnniveaus verbessert haben. Die Kehrseite ist die Konkurrenzsituation: Klassisch volkswirtschaftlich betrachtet, liefert der Mensch den Produktionsfaktor Arbeit, Maschinen den Faktor Kapital. Das Humankapital als weiterer Faktor der Produktionsfunktion sorgt dafür, dass wir Menschen uns durch unterschiedliche Qualifikationen untereinander abgrenzen. Hieraus resultieren unterschiedlich hohe Löhne oder wie es die Lehre ausgedrückt: Menschen erhalten eine Entlohnung für einen komparativen Vorteil gegenüber anderen Menschen.
Aus gewinnmaximierender Sicht ersetzt ein Unternehmen Menschen durch produktivere Menschen oder Maschinen. Jeder Mensch oder jede Maschine macht also in der Theorie das, was er/sie am besten kann, bei möglichst geringen Kosten. Aus ethischer Sicht, aus Sicht von Betriebsräten oder weil das Kapital nicht zur Verfügung gestellt wird, weichen Unternehmen zwar immer wieder von dieser Theorie ab. Dennoch: Der Mensch konkurriert mit der Maschine darum, wer produktiver ist und wer mehr zur Wertschöpfung beiträgt.
Aufgaben ändern sich, und Prozesse werden effizienter
Bei einigen Aufgabentypen konnte sich der Mensch lange sicher fühlen, nicht ersetzbar zu sein. Aufgaben lassen sich unterscheiden in Routine- und Nicht-Routineaufgaben. Sie können kognitiv, manuell oder interaktiv bewältigt werden. Routineaufgaben folgen strikten Regeln, während Nicht-Routineaufgaben eher heuristisch sind und ohne erkennbare Regel ausgeführt werden.
Routineaufgaben sind bis vor einem Jahrzehnt noch die leichter zu automatisierenden Aufgaben gewesen. Es galt das Credo, je strikter die Regel, desto leichter lässt sich eine Maschine programmieren. Heute ist jedoch bereits festzustellen, dass auch kognitive oder manuelle Nicht-Routineaufgaben wie das Autofahren, Krebsdiagnose sowie das Aufdecken von Präzedenzfällen oder von Ineffizienzen von künstlicher Intelligenz übernommen werden können. Möglich ist dies vor allem durch das sogenannte Machine Learning (ML), einem Teilbereich der künstlichen Intelligenz.
Google und Tesla testen beispielsweise automatisiertes Fahren. IBM´s Watson übernimmt onkologische Diagnoseaufgaben. Watson verarbeitet und analysiert mittels Bilderkennungssoftware Millionen medizinischer Gutachten, Patientenakten und medizinische Journals in kürzester Zeit und entwirft Behandlungspläne mit größtmöglichen Erfolgsquoten. In der Rechtsbranche analysieren Maschinen bereits im Vorfeld eines Prozesses eine halbe Million Dokumente von Präzedenzfällen in wenigen Tagen. Hunderttausende Prozesse innerhalb von Unternehmen können mittels Process-Mining-Software in wenigen Minuten auf Ineffizienzen überprüft werden, um Kostenersparnisse aufzudecken. Was haben wir Menschen da noch zu bieten?
Menschen konkurrieren mehr mit anderen Menschen als mit Maschinen
Es gibt ein hartes aber gleichzeitig faires Sprichwort, das die existierende Konkurrenzsituation treffend beschreibt. Demnach muss ein Mensch nicht schneller sein als der Löwe. Es reicht aus schneller zu sein als der langsamste Mensch. Die gute Nachricht ist, dass bestimmte Interaktionen zwischen Menschen noch nicht von Maschinen ersetzt werden können. Zudem werden wir nicht gleich von der Bildfläche verschwinden, wenn wir durch andere Menschen oder neue Maschinen überholt wurden. Unsere Gesellschaft ermöglicht es uns, dem Status der Überflüssigkeit aus eigener Kraft und mit Hilfe zu entrinnen – wenn wir wollen.
Ob Sie sich in Ihrem Beruf auf Veränderungen durch Maschinen einstellen müssen, zeigt die nachfolgende Grafik (absolute Änderungen von Berufshauptgruppen in 2025 verglichen mit 2016). Suchen Sie sich dort dazu Ihre am besten auf Ihren Beruf passende Zahl aus der Legende rechts oben. Suchen Sie diese dann auf der X-Achse, und wandern Sie danach solange hoch mit Ihrem Blick, bis Sie einen farblichen Punkt erreicht haben. Wenn Sie dann noch interessiert, ob Sie in Ihrem Bundesland mit ihrem Job sicher sind, suchen Sie die passende Farbe aus der Legende.
Quelle: Berufe im Wandel (basierend auf den Studienergebnissen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung aus 2016. Studientitel: Wirtschaft 4.0 und die Folgen für Arbeitsmarkt und Ökonomie)
Dass sich Berufe verändern oder überflüssig werden, ist kein neues Phänomen. Viele Aufgaben wurden in der Vergangenheit ersetzt, und doch gelang es uns, immer wieder neue Aufgaben zu finden. Nicht jedes Unternehmen wird, sobald verfügbar, alle möglichen Arbeitsplätze durch Maschinen ersetzen, da das rein wirtschaftliche Argument der Gewinnmaximierung nicht immer an erster Stelle steht oder Kapital für Ausrüstungsinvestitionen fehlt.
Dazu kommt: Wir konkurrieren im Grunde nicht mit den Maschinen. Wir konkurrieren stärker untereinander. Dass Maschinen uns in bestimmten Aufgaben ersetzen, lässt sich nicht verhindern und ist somit eher die schlechte Nachricht. Die große Aufgabe von Gesellschaft und Unternehmen wird sein, Menschen nicht zurückzulassen, weil sie sich in einer neuen digitalen Arbeitswelt nicht zurechtfinden. Dieses Risiko ist größer als ein selbst denkender Roboter an sich.
Sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeiter müssen gemeinsam eine stärkere Verpflichtung zueinander eingehen. Führungskräfte und zuständige Abteilungen in Unternehmen sind heute mehr denn je gefordert, die Qualifikationen ihrer Mitarbeiter kontinuierlich zu fördern und eine Richtung zu lenken, in der sie auch in Zukunft konkurrenzfähig auf dem Arbeitsmarkt agieren können. Mitarbeiter auf der anderen Seite, müssen die Bereitschaft mitbringen sich kontinuierlich neues Wissen anzueignen.
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