Digitale Exzellenz
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Zurück in die Zukunft – drop your efficiency tools, Germany

, 18. Mai 2020

Lesezeit: 3 Minuten

Zurück in die Zukunft – drop your efficiency tools, Germany

Effizienz ist gut, doch sie allein reicht nicht. Der FDP-Politiker Thomas Sattelberger kritisiert in seinem Gastbeitrag “Drop your efficiency tools” die fehlende Innovationskraft deutscher Unternehmen. Er plädiert für Schutzräume, in denen sich Innovationen entwickeln können. Andernfalls droht das Land, so seine Befürchtung, endgültig von Digitalmächten wie China und den USA abgehängt zu werden.

Was in Deutschland heute effizient ist, war früher innovativ. Deutschland verdankt seinen Wohlstand Erfindern wie Robert Bosch, Werner von Siemens, Marga Faulstich, Carl Benz, Margarete Steiff, Fritz Henkel — das reicht zurück in die Kaiserzeit. Doch mit dieser klassischen Stärke ist unser Land heute in eine Sandwich-Position geraten — anfangs zwischen dem Digital House USA und dem Maschinenhaus aus Asien. Seitdem hat sich die Situation weiter verschärft. Die USA re-industrialisieren auf hohem Niveau, und China sowie Südkorea werden neue Digitalmächte. Deutschland hingegen ist im Sandwich steckengeblieben. Wir haben, beginnend mit den 2000er Jahren, das Internet verschlafen — die Voraussetzung digitalbasierter Innovationen und Geschäftsmodelle.

Corona verschärft die Effizienzfalle

Die Corona-Pandemie ändert daran nichts. Im Gegenteil. Sie lässt uns durch ein Brennglas auf alle jene drängenden Probleme schauen, deren Lösung wir in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten nicht vorangetrieben haben: eben nicht nur Netzausbau und digitale Bildung, sondern vor allem Teilnahme der deutschen Wirtschaft an Plattform-Ökonomie und Künstlicher Intelligenz. Die Post-Corona-Gewinner werden die digital companies und nations Asiens und der USA sein.

Viele deutsche Unternehmen sind heute hocheffizient; sorgsamer Umgang mit Ressourcen ist gut und spart Kosten. Doch Effizienz muss in Zeiten disruptiver technologischer Veränderung in Balance stehen zur Innovationsfähigkeit. Ein Blick auf die gegenwärtige Situation der Autobauer vergegenwärtigt das. Die Hersteller müssen Autos umwelt- und ressourcenschonender sowie günstiger bauen, also sehr effizient.

Innovation braucht experimentellen Freiraum

Zugleich müssen sie jedoch Innovationswerkstätten betreiben, also Freiräume, für autonomes Fahren und innovative Antriebstechnik. Die Forschung spricht hier von Ambidextrie — also Beidhändigkeit. Zum einen muss das etablierte Geschäftsmodell „ausgelutscht“ werden, ganz nach dem Motto „mehr, höher, schneller, weiter“: also Effizienz. Zum anderen muss man sich in unbekannten Territorien neugierig ausprobieren: also Innovation.

Schutzräume für Innovationen

In den Strukturen des alten Geschäftsmodells Innovation zu entwickeln, wird nur schwer gelingen. Das Immunsystem des Alten stößt das Neue ab. Deshalb hatte BMW die damalige Entwicklung des i3 komplett abgetrennt — nicht nur von den Betriebs- und Administrationsabläufen der Verbrenner, sondern auch von der alten Führungsstruktur und -kultur — und auch ein neues Souveränitätsmodell für Arbeitszeit und -ort entwickelt.

Es geht also in einem zweiten Schritt nicht nur um Freiräume, sondern vielmehr darum, Schutzräume zu schaffen. Alte Strukturen der Arbeitsorganisation und des Arbeitszeitregimes sind reale Barrieren. Kulturen wie althergebrachter Führungsstil und dementsprechende Zusammenarbeitsformen sind mentale Barrieren. Beides gilt es überwinden. In einem dritten Schritt wird es um die grundsätzliche Reform von Struktur und Kultur etablierter Unternehmen gehen.

Bild: Getty Images / erhui1979