Digitale Exzellenz
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C-LEARN – Wenn Roboter von Robotern lernen

, 18. Oktober 2017

Lesezeit: 5 Minuten

C-LEARN – Wenn Roboter von Robotern lernen

Ein weiterer Beitrag im Rahmen unserer Blogparade KI: Das renommierte Massachusetts Institute of Technology in Cambridge forscht derzeit unter anderem im Rahmen des C-LEARN-Projekts daran, die Lernfähigkeiten von Robotern zu verbessern. Die Ergebnisse machen die Wissenschaftler des MIT zudem frei zugänglich. C-LEARN könnte für einen regelrechten Paradigmenwechsel in der künstlichen Intelligenz sorgen, denn hier sind Roboter nicht nur Schüler, sondern gleichzeitig auch Lehrer, die ihr Wissen und ihre Fähigkeiten auf andere Roboter übertragen können.

Bislang gibt es für die Lernprozesse von Robotern zwei Methoden:

  • Lernen durch Nachahmen: Durch die Wiederholung von Tätigkeiten, die sie sehen, lernen Roboter eine Aufgabe schnell durchzuführen.
  • Lernen durch Programmierung: Hier handelt es sich streng genommen nicht um Lernen, sondern darum, einen Roboter über Programmcode mit bestimmten Fähigkeiten auszustatten.

C-LEARN: Didaktik für Roboter

Beide Methoden haben ihre Berechtigung, sind aber auch mit Nachteilen verbunden. So kann sich der Roboter bei der ersten Methode nicht so leicht an Einschränkungen oder ungeplante Änderungen anpassen, weil sie nicht in seine erlernten, wiederholten Muster passen. Die zweite raubt den Robotern praktisch ihre Autonomie: Hier ist Lernfortschritt nur durch Programmierarbeit möglich, und die verlangt nach qualifizierten Experten. Beiden systembedingten Schwächen rückt nun das MIT mit C-LEARN auf den Leib.

Bei C-LEARN handelt es sich um eine Methode zum Unterrichten von Robotern in zwei Phasen:

  • In der ersten Phase übertragen die Forscher eine Art Basiswissen an den Roboter, das aus den Objekten besteht, die er später bearbeiten wird. Dank dieser Basis weiß der Roboter anschließend, wie er ein bestimmtes Objekt verwenden muss.
  • In der zweiten Phase nutzt ein Operator, der dafür keine besonderen Spezialkenntnisse benötigt, eine einfache 3D-Schnittstelle, um dem Roboter zu zeigen, wie er eine Aufgabe ausführen kann.

Wenn Roboter Roboter lehren

Der Roboter wird dann diese Schritte kombinieren, um aus beiden die beste Vorgehensweise für die aktuelle Aufgabe zu finden. Er ist dann in der Lage zu verstehen, was er tun muss und wie er sich an die jeweiligen Umstände anpassen kann, weil er versteht, dass eine Schraube auf eine gewisse Art an eine bestimmte Stelle geschraubt werden muss. Er lernt mehr als nur einen Weg, eine Handlung auszuführen.

Solche Handlungen sparen nicht nur Zeit und sorgen für höhere Effizienz beim Einsatz von Robotern. Zudem lassen sich diese Informationen auch auf andere Roboter übertragen, die die gleiche Aufgabe sogar dann übernehmen können, wenn es sich um andere Arten von Robotern handelt. Im Labor funktioniert das schon: Das MIT hat einen Test mit einem kleinen und kompakten zweiarmigen Roboter namens Optimus durchgeführt und das Wissen anschließend an den Roboter Atlas übertragen, einem Humanoid-Roboter mit einem Gewicht von fast 400 Pfund.

Das folgende Video zeigt eine Demo von C-LEARN in Aktion:

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Ohne Mensch gut, mit Mensch optimal

Aktuell ist das System in der Testphase, und ein Roboter, der mit C-LEARN trainiert, ist dann am besten, wenn er von einem Menschen dabei unterstützt wird. Heute kann ein unbeaufsichtigter Roboter bereits gute 87,5 Prozent seiner Aufgaben erfolgreich beenden. Mit menschlicher Unterstützung zur Behebung von Fehlfunktionen, die durch Messfehler in den Sensoren verursacht werden, erreicht die Erfolgsrate aber sogar optimale 100 Prozent.

Auf längere Sicht aber wird C-LEARN auch ohne Eingriff des Menschen dem menschlichen Lernen immer näherkommen. Auch wir lernen unter anderem, indem wir eine Handlung beobachten, sie mit dem verknüpfen, was wir schon wissen, und sie dann so oft wiederholen, bis wir sie beherrschen.

Paradigmenwechsel in der Roboterdidaktik

Die am MIT erforschte Didaktik des Lernens für künstliche Intelligenz hat das Zeug, die Art und Weise, wie die Maschinen funktionieren, radikal zu verändern. Während sie heute wissen, wie sie eine Aufgabe ausführen müssen, werden sie bald verstehen, wie sie diese und andere Aufgabe erledigen. In Zukunft werden Roboter sehr viel flexibler sein als heute und dazu viel schneller lernen.

Jeder Notfall ist anders

Ein konkreter Anwendungsfall für mit C-LEARN geschulte Roboter ist der Einsatz bei Notfällen: Zwar gibt es hier viele konkrete Handgriffe zu erlernen, aber die Maschinen brauchen zudem die Flexibilität, in wechselnden Szenarien und komplexen Umgebungen sicher agieren zu können. Je mehr der Roboter weiß und lernt, desto besser kann er seine Aufgaben erfüllen. Machine Learning und Big Data spielen daher in komplexen Szenarien eine wichtige Rolle bei der Schulung der Maschinen.

Für einfache Aufgaben kommt C-LEARN dagegen mit nur wenig Daten aus, denn hier reichen oft repetitive Handgrifft aus.
Das C-LEARN des MIT ist ein sehr interessanter Ansatz, der zu einem echten internationalen Standard für die Wissensvermittlung bei Robotern werden könnte. In einer perfekten Welt der Mensch-Maschine-Schnittstelle (an der die Forscher allerdings noch arbeiten!), lernen Roboter erst von Menschen und dann untereinander – ohne Zutun eines Lehrers. Eigentlich ein Musterfall für Gruppenarbeit!

Der Originaltext „C-LEARN – the robot’s journey from apprentice to master“ von Francois Marie Lesaffre ist im Blog der Sopra Steria Gruppe erschienen.