Künstliche Intelligenz (KI) gilt als eine der größten Versprechungen moderner IT: Sie soll Medizin und Umweltschutz ebenso revolutionieren wie das Autofahren, die Produktion von Gütern oder die Wartung von Maschinen. In der Praxis prallt der Einsatz von KI in Unternehmen aber oft auf Hindernisse technischer, struktureller und prozessualer Art. Doch die lassen sich überwinden.
Neue Technologien machen Angst und sorgen für Argwohn bei den Betroffenen. Das war in der Industriegeschichte schon häufig der Fall – ob bei der Einführung des mechanischen Webstuhls im 19. oder bei der Ablösung des Schriftsatzes durch das Desktop Publishing in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts – um mal zwei sehr unterschiedliche Beispiele zu nennen.
Was Entscheider sagen
Diese fundamentale Abneigung gegenüber künstlicher Intelligenz scheint es heute in den Unternehmen nicht zu geben. Im Gegenteil: Lediglich 17 Prozent der Entscheider in Deutschland sehen in der praktischen Umsetzung von KI kein Potenzial für die Unternehmensentwicklung – nachzulesen in der einer von uns im Frühjahr veröffentlichten Studie. Die breite Masse der Manager steht den neuen Technologien wie Chatbots und Cognitive Computing absolut positiv gegenüber, auch wenn der persönliche Kenntnisstand zu KI für jeden fünften Entscheider noch ausbaufähig ist.
Die größten Hemmnisse beim Einsatz von KI
Gebremst wird die KI-Euphorie in Unternehmen derzeit vor allem noch durch unausgereifte Technologien, das fehlende Verständnis für die Möglichkeiten von künstlicher Intelligenz sowie durch mangelndes Know-how der Mitarbeiter. Rund ein Drittel der Befragten sieht Bedenken bezüglich des Datenschutzes als eine große Herausforderung für den Einsatz von KI im eigenen Unternehmen. Außerdem thematisieren die befragten Entscheider den Wegfall von Arbeitsplätzen und die Angst vor KI-basierten Entscheidungen, die ein Mensch nicht mehr nachvollziehen kann.
Neue Wege entstehen beim Gehen
Auf die Reife der Technik haben reine Anwender von KI wenig Einfluss. Wichtig ist, nicht auf die perfekte Maschine zu warten, sondern für sich ein Niveau zu bestimmen, ab dem sich die Investition in künstliche Intelligenz lohnt. Genauso wichtig ist, die Zusammenarbeit mit den Anbietern zu suchen, um Technologien zu verbessern.
Sich ein besseres Bild über die Möglichkeiten von KI im Unternehmen zu verschaffen, ist gemeinsame Aufgabe von Management und IT. Sie müssen sich auf der Basis ihrer vorhandenen Produkte und Dienstleistungen sowie ihrer Prozesse fragen, wie ihr Unternehmen genau von KI profitieren kann. Als Technikexperten fällt der IT-Abteilung im Unternehmen die Aufgabe zu, zwischen den Versprechen und den technischen Detailinformationen der Anbieter und den Vorstellungen der Manager zu vermitteln und zu übersetzen.
Mehr Cobot als Robot
Dazu gehört es auch, das Verhältnis von Mensch und Maschine transparent zu machen, um der Belegschaft die Angst vor KI-basierten Entscheidungen zu nehmen. Dabei helfen zum Beispiel die drei Gesetze der Robotik des Schriftstellers Isaac Asimov von 1942 (!), die klar die Dominanz des Menschen über die Maschine definieren. Roboter werden in naher Zukunft menschliche Entscheidungen denn auch mit validen Vorschlägen auf der Basis großer Datenmengen eher unterstützen als ersetzen – also mehr Cobot als Robot.
Defizite im Know-how der Mitarbeiter auszugleichen, ist Aufgabe von IT- und HR-Abteilung: Die IT-Seite beantwortet mit ihrer technologischen Expertise die Fragen von Management und Belegschaft, wie sich KI in bestehende Prozesse einbinden lässt und welche neuen Prozesse und am Ende Geschäftsmodelle sie möglich macht. Auf dieser Grundlage können Recruiting und Personalentwicklung die nötigen Profile und Skills ermitteln sowie geeignete Maßnahmen aufsetzen.
Datenschutz und Compliance sind Voraussetzung von KI-Projekten in Unternehmen
Daten sind der Stoff, mit dem Machine-Learning-Algorithmen und kognitive Services arbeiten. Dabei handelt es sich nur zum Teil um maschinell erzeugte, zu einem anderen Teil aber um persönliche und damit hochsensible Daten. Die Diskussion um Datenschutz und Compliance ist sowieso Daueraufgabe für jeglichen Einsatz von IT im Unternehmen und stellt sich kurz vor Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung DSGVO noch mal verschärft.
Für KI-Projekte ist es aber noch mehr, nämlich absolut erfolgskritisch. Auch das letztgenannte Hemmnis, die Akzeptanz der Mitarbeiter, steht und fällt mit dem glaubwürdigen Schutz von persönlichen Daten. Der Datenschutz ist eine strategische Unternehmensaufgabe und hängt am Ende aber an technischen Entscheidungen bei der Auswahl der richtigen Tools und Cloud-Dienstleister.
Der Wandel braucht Change Management
KI-Technologien werden die Arbeit und das Aufgabenspektrum des Menschen verändern. Die Einführung von KI bedarf deshalb eines Change Managements. Die eigenen Mitarbeiter entscheiden oft über Erfolg und Misserfolg solcher Projekte. Hier hilft nur eine offene Debatte vor der Einführung von KI-Technologien – über die konkreten Auswirkungen auf bestehende Jobs und Prozesse und über den detaillierten Weg ihrer Transformation. Weiterbildungsmaßnahmen helfen zudem dabei, Mitarbeiter auf ein neues Qualifikationsniveau zu heben, auf dem sie gemeinsam mit Robotern arbeiten können.
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