Digitale Exzellenz
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KI im Wissensmanagement

, 22. Juli 2020

Lesezeit: 4 Minuten

KI im Wissensmanagement

Wissen ist in Unternehmen in unterschiedlichster Form vorhanden – zumeist nur in den Köpfen einzelner Experten. Moderne technische KI-Ansätze wie Wissensgraphen und Natural Language Processing können helfen, dieses Wissen zu nutzen. Wer frühzeitig den Grundstein legt, wird dauerhafte Wettbewerbsvorteile haben.

Mehr als 1,3 Millionen Menschen werden bis 2030 den öffentlichen Dienst verlassen – und wertvolles Wissen mitnehmen. Der Public Sector steht damit vor einer direkten Herausforderung. Aber auch für Unternehmen aus der Wirtschaft ist es ein entscheidender Faktor, individuelles Wissen kollektiv nutzbar zu machen, um wettbewerbsfähig zu sein. Wissen kann genutzt werden, um neue Geschäftsfelder zu ergreifen, um Prozesse zu verbessern, ja sogar um Leben zu retten.

Wissen ist – so abgedroschen es klingen mag – Macht.

Doch die Grundlage dafür ist heutzutage fast überall vorhanden: Daten. Aus Daten können Informationen gewonnen und diese können zu Wissen verknüpft werden. Und genau hier können moderne Technologien helfen.

Wissensgraphen schauen über den Tellerrand

Ein Konzept, das in allen vorhandenen Daten schlummernde Wissen nutzbar zu machen, sind Wissensgraphen. Sie verknüpfen einzelne Datenpunkte – Entitäten – durch Beziehungen zwischen ihnen und speichern diese in einer Graphstruktur ab.

Vom Produktportfolio über die eigenen Angestellten und ihre Skills bis hin zu Kundenkontakten: Was früher oft anwendungsbezogen gespeichert wurde, kann mittels Wissensgraphen übergreifend verlinkt werden. Dabei müssen zumeist bestehende Anwendungen nicht angepasst werden. Der Graph liegt als übergeordnete Abstraktionsschicht über den Daten und stellt das Wissen zur weiteren Nutzung zur Verfügung. So können beispielsweise mithilfe so genannter Recommender Engines ad hoc Kunden neue Produkte angeboten oder Angestellte auf passende Projekte „gestafft“ werden.

Strukturierte Daten sind nur die Spitze des Eisbergs

Daten sind zwar die Grundlage, doch sie liegen in unterschiedlichsten Formen vor. Klassische, relationale Datenbanken sind den meisten noch ein Begriff. Sie eignen sich hervorragend dazu, strukturierte Daten zu speichern und nutzbar zu machen und sind leicht in einen Wissensgraphen integrierbar. Doch dies umfasst nur einen vergleichsweise geringen Teil aller verfügbaren Daten. Unstrukturierte Daten wie Dokumente, Präsentationen, Social Media Posts oder auch Bilder und Videos machen derzeit ca. 80 Prozent der verfügbaren Daten aus – Tendenz stark steigend.

Will man auch diese zum Aufbau des Wissensgraphen nutzen, können KI-Methoden wie Natural Language Processing helfen. Einen Best-Practice-Weg gibt es dabei noch nicht, das Feld befindet sich in der Entwicklung. In der Praxis werden jedoch bereits Methoden eingesetzt, mit denen Wissensgraphen individuell aufgebaut werden können. Im ersten Schritt werden dabei zumeist Entitäten aus Texten extrahiert (Named Entity Recognition). Sprachmodelle wie BERT (Bidirectional Encoder Representations from Transformers) erreichen hier beeindruckende Quoten beim Erkennen von Namen, Zahlen und Fakten.

Diese Entitäten werden die Knoten des Graphen und müssen dort eindeutig abgelegt werden. Wird in einem Dokument vom „CEO“ gesprochen, dann steht dahinter eine konkrete Person, die ggf. in anderen Dokumenten explizit genannt wird. Ansätze wie Named Entity Linking und Coreference Resolution verknüpfen genau solche Mehrfachnennungen auf einen Knoten im Graphen.

Ebenso wichtig ist die Verknüpfung dieser Entitäten – das Erstellen von Kanten. Hierbei kann automatische Relationship Extraction helfen, ebenso individuell gepflegte Ontologien und Taxonomien, die abstrakte Konzepte beinhalten und somit bspw. aus der Information „ist CEO von“ ebenfalls ableiten können, dass die Person auch „Chef von“ allen Angestellten im entsprechenden Unternehmen ist.

Alternative Ansätze wie Knowledge Representation Learning, die den kompletten Graphen auf einmal aufbauen können, erzielen ebenfalls bereits vielversprechende Ergebnisse, benötigen jedoch noch passend aufbereitete Trainingsdaten, was sie nur bedingt einsetzbar in der Praxis macht.

Quelle: https://morioh.com/p/261c50ed0b0a

KI ersetzt kein strategisches Wissensmanagement

Natürlich reicht eine Graphstruktur noch lange nicht aus, das komplette Wissen in Organisationen nutzbar zu machen. Einerseits wird das Wissen durch den Graphen nur zur Verfügung gestellt und es liegt nun an den Menschen, daraus Entscheidungen abzuleiten. Andererseits ist es nicht allumfassend. Personen wollen ihr Wissen zum Teil nicht preisgeben, da es ihr geistiges Eigentum und somit auch ihre Jobsicherheit ist. Viel Wissen ist nicht dokumentiert und nur implizit vorhanden und somit technisch nicht nutzbar. Für solche Problemstellungen Anreize und Strukturen zu schaffen, beispielsweise durch Belohnungen oder Coachings, ist deshalb genauso wichtig, wie durch passgenaue Rollen und Rechte die DSGVO einzuhalten.

Bild: getty images / metamorworks