Digitale Exzellenz
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Datenschutz: Der Unterschied zwischen Jägern und Sammlern

, 11. Januar 2017

Lesezeit: 4 Minuten

Datenschutz: Der Unterschied zwischen Jägern und Sammlern

WEM gehören MEINE Daten? Wer darf sie für welche Zwecke nutzen? Eine essenzielle Frage, auf die Konsumenten und Unternehmen für ihre Kunden eine Antwort suchen. Ein recht anspruchsvolles Unterfangen, denn der Gesetzgeber fordert grundsätzlich die Zähmung der Datenströme. Ob Datensparsamkeit und explorative Datenverarbeitung dank moderner Big Data Technologien dennoch zusammen passen?

An vielen Stellen sind wir ein Volk von Datensammlern. Das stelle ich in meinem privaten Datenalltag immer wieder fest. Dazu dieses Beispiel:

Endlich Winter! Zeit zu Hause zu sitzen und es sich gemütlich zu machen. Oder man holt die Laufschuhe hervor und läuft mit T-Shirt und Funktionsjacke los. Heute bin ich dank einer digitalen Textil-Innovation besonders motiviert. Herzfrequenz, Körpertemperatur und verbrauchte Kalorien misst ab sofort mein intelligentes Outdoor-Textil. Nach einer knappen Stunde und zehn Laufkilometern ist der textile Datenspeicher um fünf Gigabyte gewachsen.

Die eingebaute Intelligenz weiß genau, was der Körper jetzt benötigt, um optimal zu funktionieren. Das textile Hirn achtet präzise auf meine Körpersignale. Ein Dialog steuert meine weiteren Bewegungen: Ich kann praktisch nichts falsch machen. Ich bin gläsern. Der Betreiber meiner neuen Fitnessjacke weiß nach einer Stunde, wer ich bin und wie ich mich fühle.

Im Unternehmen gespeicherte Daten nutzen

Diese Sammelleidenschaft geht noch viel weiter: Jedes Unternehmen erfasst im großen Stil Informationen. Die Menge der analysierten Daten steigt stetig. Im Fokus von Datensammlungen und -analysen steht längst nicht mehr nur das Automobil, sondern auch die Industrie (IoT) durch unzählige von Smart Home Apps und Maschinen gesammelten Informationen.

Ob durch Menschen erzeugte Verhaltens- und Geodaten oder durch technische Ingenieurskunst generierte Datenreihen: Es gibt sehr viel Futter für Informational Engineering. Doch wie stellen Unternehmen es an, neue Erkenntnisse durch die Nutzung der vorhandenen Informationen zu gewinnen? Wie können interne und externe Quellen sinnvoll verknüpft werden, so dass mit öffentlich zugänglichen Informationen neue Geschäftsmodelle hervorsprudeln?

Experimentell starten: Kleine Proof-of-Concept-Projekte strategisch ausweiten

Starten Sie Ihre ersten Datenanalysen experimentell. Denn es gibt kein Patentrezept für eine erkenntnisreiche Analyse der „richtigen“ Daten. Wählen Sie zunächst ein überschaubares Kundenportfolio oder einen Geschäftsbereich mit einer verwertbaren Datenmenge aus. Holen Sie sich einen oder zwei Datenanalysten ins Haus. Professionell arbeitende Datenexperten sind der Dreh- und Angelpunkt für den Erfolg Ihrer Datenprojekte. Sie kennen sich aus in der Erstellung prädiktiver Analysen und wissen, wie sich die gewonnenen Ergebnisse für das Geschäft nutzen lassen.

Aus den in Proof-of-Concept-Projekten gewonnen Erfahrungen sollten konkrete Analyseziele benannt und die passenden Analysetools und -methoden ausgewählt werden, immer verbunden mit den Zielen der Geschäftsstrategie.

Datenschutzaspekte konkret behandeln – Wettbewerbsvorteile erkennen

Soweit der Teil „Datennutzung“. Die andere Seite der Medaille lautet Datenschutz. Unternehmen laufen Gefahr, dass aus Sammlern Datenjäger werden, wenn sie ohne Wissen und Einverständnis des Verbrauchers Informationen verwenden und veräußern. Daten- und Verbraucherschutz sollte deshalb ganzheitlich und aktiv angegangen werden. Die technische Entwicklung, Vernetzung und Digitalisierung sowie die daraus resultierenden neuen Formen der Informationsgewinnung sind dem Gesetzgeber weit voraus. Beispielsweise verwenden Autohersteller die Telemetrie-Daten nur für eigene Zwecke, um etwaige Gewährleistungspflichten bei Schäden infolge einer möglichen Obliegenheitspflichtverletzung eines Autofahrers ausschließen zu können.

Schaffen Sie sich somit Wettbewerbsvorteile durch den Einsatz von Technologien, die den Datenschutz fördern und die Verwendung der Kundendaten für die Konsumenten und Datenschutzbehörden transparent machen. Mit der ab Mai 2018 in Kraft tretenden Datenschutz-Grundverordnung wird Privacy by Design ohnehin zur Pflicht.

Kundennutzen überzeugend darstellen

Alle Sammelleidenschaft und unternehmerische Neugier am Kunden ist allerdings nichts wert, wenn das Datenschutzgesetz der Informationsverarbeitung Ihres Geschäftsmodells entgegensteht. Wecken Sie deshalb das Interesse der Verbraucher am Mehrwert Ihrer Datenanalysen. Beispielsweise bemüht sich Telefónica seit vielen Wochen um die Freigabe von Geoinformationen seiner Kunden.

Der Telekommunikationsanbieter ist mit diesem Modell bereits in Stuttgart aktiv, einer Stadt die insbesondere durch die Emissionen des Kfz-Verkehrs wie Stickstoffoxide, Feinstaub und Benzol beeinträchtigt ist. Telefónica-Kunden liefern freiwillig wichtige Bewegungsdaten für eine Studie für die Verkehrsplanung der Zukunft in der Landeshauptstadt. Der Unterschied zwischen dem Sammeln und Jagen von Daten besteht hier somit im Einholen der Erlaubnis vom Kunden und Bürger.

Nicht dem Datenjagdfieber verfallen

Die Ausgangsfrage „WEM gehören MEINE Daten?“ lässt sich derzeit nicht eindeutig beantworten. Selbst Datenschützer sind uneins darüber. Die Debatten auf EU-Ebene über Regeln für „Dateneigentum“ haben erst begonnen. Die Frage „Was geschieht mit MEINEN Daten“ können die Unternehmen für sich selbst beantworten. Im Interesse des Kunden zu handeln ist ein klarer Wettbewerbsvorteil. Die einfache Formel lautet: Daten sammeln ja, Daten jagen nein.

Foto: Getty Images / Marco_Piunti