Künstliche Intelligenz erobert das Oktoberfest – zumindest künftig. Ab 21. September hat das Oktoberfest 2024 nicht nur reichlich Bier und Haxen, sondern auch einige Algorithmen im Angebot. Wir haben recherchiert, wie künstlich intelligent die Wiesn bereits organisiert ist und welche Anwendungen künftig zu erwarten sein könnten.
Das Anwendungsfeld „Künstliche Intelligenz für Menschen“ bietet sich für das Oktoberfest förmlich an. Jährlich stürmen mehr als sechs Millionen Besucherinnen und Besucher die Theresienwiese in München. Rund 46 Nationen sind vertreten – vor allem Amerikaner, Italiener, Franzosen, Niederländer, Schweden, Japaner und Tschechen. Das internationale Publikum ist eine Herausforderung für die vorwiegend deutschsprachigen Ärzte: Sprachbarrieren verzögern die schnelle Hilfe bei Verletzungen oder zu starkem Bierkonsum. Deshalb hilft den Medizinern mittlerweile ein KI-basiertes Übersetzungstool, das jede Sprache simultan ins Deutsche übersetzen kann. Eine vergleichbare Lösung kam beispielsweise bei den Olympischen Spielen in Paris zum Einsatz – hier allerdings bei der französischen Bahn SNCF.
Zusätzlich unterstützt eine KI-Software Ärzte, per Computertomografen (CT) erstellte Bilder auszuwerten. Ein KI-Algorithmus entdeckt beispielsweise auf CT-Scans automatisiert Blutungen im Kopf. Während der 16 Wiesn-Tage wird eine dreistellige Zahl radiologischer Scans vor Ort vorgenommen, mithilfe von KI deutlich effizienter.
Künstliche Intelligenz schafft Sicherheit – zumindest perspektivisch
Abseits der Medizin sind KI-Lösungen auf dem Oktoberfest noch rar gesät, zumindest werden sie nicht offiziell kommuniziert. Ein wichtiges Einsatzgebiet mit Potenzial wäre die Sicherheit: Mit KI-Software kombinierte Kameras und Sensoren könnten Menschenströme anonymisiert in Echtzeit auswerten und so Polizei und weitere Sicherheitskräfte unterstützen, potenzielle Gefahrensituationen frühzeitig zu erkennen. Auf diese Weise wäre es zudem möglich, Besucherströme besser zu steuern und Massenpaniken zu vermeiden.
Ein Weg in diese Richtung existiert bereits: Im vergangenen Jahr wurde beispielsweise im Festzelt Schottenhamel erstmals die SafeNow-App eingesetzt. Feiernde genauso wie Mitarbeitende können hier mit einem Fingerdruck auf einen blauen Punkt in der App das lokale Sicherheitspersonal rufen. Der Standort wird sofort übermittelt, so dass die Security-Profis schneller helfen können.
Ein weiteres Sicherheitstool ist das Wiesn-Barometer. Es zeigt auf Basis von Vergangenheitsdaten an, wann die Zelte voraussichtlich gut besucht, voll oder sehr voll sind und sich der Weg zur Theresienwiese womöglich nicht lohnt. Perspektivisch könnte eine KI, mit Echtzeitdaten gefüttert, noch mehr Sicherheit und besseren Info-Service bieten, beispielsweise für die Planung des Besuchs und eine gleichmäßigere Auslastung der Zelte.
7 Use Cases mit Wiesn-Potenzial (partly AI-generated)
Das Oktoberfest bietet somit noch reichlich Potenzial für KI-basierte Optimierung, aber auch für Innovationen mithilfe der Technologie. Ein paar Vorschläge aus unserer Redaktion:
- KI-basierte Personalplanung
Echtzeitdaten und KI-generierte Vorhersagen ermöglichen den Wirten, Schaustellern und Putzteams eine bessere Einsatzplanung der rund 13.000 Arbeitskräfte. Technologie kann automatisiert und laufend abschätzen, zu welchen Zeiten und an welchen Stellen die Köche, Kellner, Sicherheitspersonen und Reinigungsdienste besonders stark benötigt werden. Pläne lassen sich so schneller anpassen und Engpässe vermeiden.
- KI im Dienst der Nachhaltigkeit
Die Wiesn verschlingt etwa drei Millionen Kilowattstunden – in der Spitze wird so viel Energie verbraucht wie in einer Kleinstadt mit 21.000 Bewohnern. KI-Systeme sind in der Lage, in komplexen Netzen Einspar- und Optimierungschancen aufzudecken. Auf ähnliche Weise könnte KI die Müllproduktion überwachen und Vorschläge entwickeln, wie sich die Wiesn nachhaltiger gestalten lässt.
- Generative Künstliche Intelligenz für Oktoberfest-Musik
Heute schon möglich, wie die BR24-Redaktion zeigt: GenAI arrangiert traditionelle Oktoberfest-Lieder auf neue und kreative Weise oder komponiert sogar automatisch neue „Wiesn-Hits“. Diese könnten auf den Vorlieben der Besucher basieren oder für spezielle Events designt werden. Oder noch visionärer: spontan generierte Lieder, die auf der Stimmung in einem Festzelt basieren.
- Virtueller Wiesn-Assistent
Eine KI-basierte App könnte als personalisierter Guide fungieren, der den Besuchern bei der Navigation durch das Gelände hilft, Tipps zu Zelten und Ständen gibt sowie Echtzeit-Updates zu Warteschlangen und Events liefert. Sie könnte sogar Routenvorschläge machen, um den maximalen Spaßfaktor zu gewährleisten. Der Assistent könnte perspektivisch um AR-Brillen erweitert werden, die den Weg visuell weisen und Informationen über historische Traditionen geben.
- KI-optimierte Schankautomaten
KI könnte den Ausschank von Bier automatisieren und durch maschinelles Lernen die Füllmengen optimal kalibrieren. Dies würde für gleichmäßige Qualität sorgen und Verschwendung minimieren, während der Prozess gleichzeitig schneller und effizienter würde. Oder noch visionärer: eine KI-unterstützte Roboterbar, die perfekt nach Maß zapft, den Krug dreht und sogar „Prost“ sagt.
- Traditions-KI für Maßkrug-Heben
Um den beliebten Wettbewerb im Maßkrug-Stemmen noch spannender zu machen, könnte eine KI-gestützte Kamera das Gewicht und die Haltung des Krugs überwachen und die Leistung der Teilnehmer in Echtzeit analysieren. Eine AR-Anwendung könnte sogar die historische Bedeutung dieser Tradition in einem interaktiven Format zeigen.
- Personalisierte Bierempfehlungen
Mithilfe von KI-gestützten Apps könnten Besucher auf ihre Vorlieben und Geschmacksprofile maßgeschneiderte Bierempfehlungen erhalten. Die App könnte den Geschmack analysieren, den Lieblingsstil vorschlagen oder den nächstgelegenen Stand empfehlen, der das perfekte Bier serviert. Die KI könnte sogar durch Sprachassistenten auf den Bierbänken dazu dienen, spontane Empfehlungen zu geben, basierend auf dem, was andere Personen an einem Tisch trinken.
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Die Digitalisierung auf dem Oktoberfest lässt sich bereits an vielen Stellen beobachten. Der Einzug der KI ist ein nächster logischer Schritt, denn Anwendungsfelder gibt es reichlich.
Zugegeben: Bei der Erstellung der Vorschläge hat uns teilweise eine KI geholfen. Wenn euch weitere Einsatzfelder für KI auf dem Oktoberfest einfallen, schreibt an nils.ritter@soprasteria.com.