Versicherer und ihre Vermittler stecken in einem Dilemma. Sie kommen zu weniger Abschlüssen, als potenziell möglich wären, weil Fachpersonal und Zeit fehlen und die verbliebenen Vertriebsexperten mehr Unterstützung bei der Vorbereitung von Kundenberatungen benötigen. Einen Ausweg aus dem Dilemma eröffnet generative Künstliche Intelligenz (GenAI) – in der Rolle einer vielseitig einsetzbaren KI-Assistenz im Vertrieb.
Die Auslastung der Mitarbeitenden in der Versicherungsbranche ist hoch – und die Lage spitzt sich zu. Bis zu 30 Prozent der Beschäftigten stehen in den kommenden fünf bis zehn Jahren allein durch den demographischen Wandel nicht mehr zur Verfügung, neue Fachkräfte sind schwer zu finden. Gleichzeitig sorgen die Erfüllung der Regularien und die Konkurrenz durch neue Player wie InsureTechs für noch mehr Druck im Vertrieb.
Wenn Vermittler komplexere Fragen ihrer Kunden beantworten wollen, gestaltet sich die Suche nach adäquaten Informationen als besonders zeitintensiv. Nicht immer haben sie Deckungsumfänge und Spezifika bei Tarifunterschieden und Bedingungswerken sofort parat. Lange Unterbrechungen des Telefonats oder E-Mail-Pingpong sind alles potenzielle Ursachen für Unzufriedenheit oder Verhinderer für Neugeschäft. Jeder Rückruf birgt das Risiko, dass der Kunde nicht mehr erreichbar ist oder beim Konkurrenten abgeschlossen hat. Und alles nur, weil relevante Infos nicht gleich vorlagen oder keine Zeit für eine ausreichende Recherche vorhanden war.
KI-Assistenz liefert ad hoc Antworten
Die technologischen Möglichkeiten, diesen Umstand zu beseitigen, haben sich mit dem Durchbruch GenAI-basierter Tools signifikant verbessert. Mitarbeitende übertragen Anfragen ihrer Kunden als Prompt in eine KI-Recherche-Assistenz, und diese formuliert aus einer Vielzahl von Dokumenten und gespeichertem Wissen eine exakte, dokumentierte Antwort im gewünschten Format.
Eine von Sopra-Steria-Versicherungsexperten entwickelte KI-Assistenz geht so vor: Die Software greift auf eine Plattformarchitektur zurück, über die viele verschiedene relevante Daten verfügbar sind – unter anderem aus Policen, Bedienungswerken und Historien –, abgelegt und gut gepflegt auf Servern und in der Cloud.
Die KI-Lösung ermöglicht,
- unternehmensspezifische Daten anonymisiert zu verwenden,
- eigene Tools zur Validierung der richtigen Antworten ohne „Halluzinieren“ zu erweitern,
- ein besseres Verständnis über Sachverhalte und Kundensituationen mittels selbststrukturierender Datenbanken zu erlangen und
- Antworten strukturiert als Wissen zu dokumentieren.
Eine derartige KI-Assistenz spart beim Versicherungsunternehmen wie auch beim Makler somit Zeit und Kosten, da die vielen manuellen Rechercheaufgaben wegfallen. Die Plattform wurde auf Basis einer Architektur entwickelt, die es ermöglicht, Large Language Models (LLMs) beliebig auszutauschen und Versicherungsspezifika gezielt zuzuführen, ohne die Gefahr, dass unternehmensspezifische Daten zum Training der LLMs genutzt werden. Diese Lösung lässt sich innerhalb von zwei bis drei Monaten in eine Versicherungsarchitektur integrieren und rentiert sich bereits ab dem zweiten Jahr.
Bis zu 50 Tage mehr Zeit für echten Vertrieb – pro Jahr
Die Zeitersparnis durch die Recherche-Assistenz beträgt im Durchschnitt drei bis vier Minuten pro Standardanfrage, wenn es etwa um das Heraussuchen deckungsrelevanter Fragen geht, zeigen Berechnungen von Sopra Steria. Die Schwankungsbreite ist allerdings groß. Für spezifische Anfragen benötigen Mitarbeitende ohne KI-Unterstützung zwischen 30 Minuten und einem halben Tag.
Bei einer angenommenen Anzahl von 2.000 Anfragen pro Monat und einer durchschnittlichen Einsparung von drei Minuten in einer Sparte für ein Produktsegment lassen sich für ein Versicherungsunternehmen oder einen größeren Makler Einsparungen von 72.000 Minuten oder 50 Tagen pro Jahr erzielen.
Bei einer spartenübergreifenden Betrachtung mit angenommenen 150.000 Anfragen pro Jahr werden rein rechnerisch mehr als vier Vollzeitstellen entlastet, die nun mehr Vertriebsgespräche führen und dem steigenden Anfragevolumen gerecht werden können.
Eine KI-Assistenz kann Versicherer darüber hinaus auch bei der Sachbearbeitung entlasten. Die Lösungen verbessern das Wissensmanagement und halten die Qualität trotz unterschiedlicher Skills der Mitarbeitenden auf einem konstant hohen Niveau. Eine KI-Assistenz hilft beispielsweise, Unvollständigkeit in der Schadenbearbeitung zu kompensieren, indem sie fehlende Positionen aufzeigt, Mitarbeitende mit klaren Arbeitsanweisungen unterstützt und weitere Automatisierung anstößt. Die Folge: weniger Fehler, zufriedenere Kunden und ein besseres Branchenimage.
Die Assistenz-Lösungen können außerdem darauf trainiert werden, Dokumente nach einem vorgegebenen Muster automatisiert und schnell zu analysieren. Bei einem Krankenversicherer kann das ein OP-Bericht sein, bei dem die KI-Assistenz die Arztrechnung mit der umfangreichen Gebührenverordnung abgleicht. Das erspart den Mitarbeitenden die Mühe, die vielen Seiten der Verordnung zu durchforsten oder entsprechende Vertragsärzte zu kontaktieren. Die Lösung hilft zudem beim Input Management. Die Technologie ist immer dann nützlich, wenn klassische Optical-Character-Recognition-(OCR-)Lösungen an ihr Limit stoßen.
Ansatzpunkte einer KI-Assistenz für Verbesserungen im Vertrieb
Als Mafo-Assistenz kann Künstliche Intelligenz auch Verbesserungen im Vertrieb voranbringen. Simple Performance-Fragen lassen sich per Chat klären, beispielsweise wie das Unternehmen hinsichtlich Produktportfolio, Erreichbarkeit oder Servicequalität im Branchenvergleich dasteht. Ein Social-Media-Crawling zeigt die Schwachstellen im Markt, und das sogar, wenn gewünscht, auf Kunden-, Vermittler- und Standortebene. Mit diesen Erkenntnissen lassen sich Optimierungen anstoßen und Vertriebsanlässe für Kundengespräche erkennen.
Eine Graph-Knowledge-Datenbank bringt die Produkte und externe Versicherungsdatenbanken mit Menschen zusammen. Google- und Social-Media-Ergebnisse sowie statistische Daten oder Veröffentlichungen können ebenfalls einfließen, genauso Informationen aus dem Customer-Relationship-Management-(CRM-)System wie Salesforce, SAP oder Microsoft Dynamics.
GenAI-Strategie: mit abgegrenzten Produkten starten
Die Beispiele zeigen: GenAI kann helfen, einige Herausforderungen im Versicherungsvertrieb zu meistern. Investitionen in eine KI-Assistenz rechnen sich in der Regel bereits nach einem Jahr. Sinnvoll ist es, mit der Recherche-Assistenz für ein bestimmtes Produkt wie etwa Kfz-Versicherungen zu starten und den Einsatz sukzessive auf weitere Sparten oder Kontaktkanäle auszudehnen.
Ist das System flächendeckend im Einsatz, kann es Kundenanfragen direkt beantworten. Der nächste Ausbauschritt ist die umfassende Verknüpfung der Lösung mit einer Voice-Funktion, so dass Kunden den KI-Assistenten direkt befragen können. Der Einsatz als Mafo-Assistenz sollte am Ende einer Roll-out-Strategie stehen.
Für weitere Informationen zur KI-Assistenz oder zu weiteren Effizienzverbesserungen in Ihrem Versicherungs- oder Maklerunternehmen sprechen Sie uns gerne an!
Lesetipp der Redaktion: Mehr erfahren über die strategische Bedeutung von GenAI für Unternehmen.