Digitale Exzellenz
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Deutschlands Zukunft als KI-Nation

, 6. November 2024

Fotocredit: Sopra Steria Next

Lesezeit: 5 Minuten

Deutschlands Zukunft als KI-Nation

Weltweit werden derzeit KI-Claims abgesteckt. In den USA und China dominiert das Wettrennen um die beste Technologie mit Milliardeninvestitionen in die Entwicklung von Large Language Models (LLMs) wie GPT-4 oder BERT. Auch in Deutschland gibt es Bestrebungen, sich als starke KI-Nation zu etablieren und ein Ökosystem zu schaffen, das Unternehmen und Forschungseinrichtungen vernetzt und die wirtschaftliche Stärke des Landes weiter festigt. Doch eines ist wahrscheinlich: Weltlieferant der besten GenAI-Sprachmodelle werden wir nicht – müssen wir auch nicht.

In den nächsten zehn Jahren könnte generative Künstliche Intelligenz (GenAI) das Bruttoinlandsprodukt um jährlich bis zu 1,1 Prozent steigern  – in der Schweiz wohlgemerkt. Für Deutschland sind immerhin bis zu 0,7 Prozent GenAI-basiertes BIP-Wachstum oder 220 Milliarden Euro  pro Jahr drin, sagt eine andere Studie. So einen Konjunktur-Booster könnte die Wirtschaft hierzulande gut gebrauchen. Den gibt es allerdings nicht mit einem ChatGPT-Prompt. Für das KI-basierte Wachstum müssen sich Wirtschaft und Verwaltung entsprechend strategisch aufstellen und in zu ihnen passende KI-Anwendungsfelder investieren.

Die Chancen, die KI-Rendite einzufahren, stehen in Deutschland besser, als häufig berichtet wird. Unternehmen hierzulande haben immer wieder Technologien aufgegriffen, sie verfeinert und in konkrete, wertschöpfende Anwendungsfälle überführt. Vom Maschinenbau über die Automobilindustrie bis hin zur Chemie – Deutschlands Stärke lag nie allein in der Erfindung, sondern in der exzellenten Anwendung von Technologie.

Dasselbe Potenzial sehen wir im Bereich der Künstlichen Intelligenz, insbesondere bei der Nutzung von Generative AI (GenAI). Und die Bedingungen sind günstig: Die Ergebnisse unserer Sopra-Steria-Next-Studie „Navigating the AI Era“ zeigen klar, dass der KI-Markt dreimal schneller wachsen wird als der gesamte IT-Sektor. In den kommenden Jahren wird KI mehr als zehn Prozent der globalen IT-Ausgaben ausmachen.

Doch entscheidend ist: Das größte Wachstumspotenzial liegt nicht im technologischen Fortschritt selbst, sondern in der Fähigkeit, KI gezielt zur Wertschöpfung einzusetzen.


Banner Studie "Navigating the AI Era"


Von der Technologie zur Wertschöpfung: Geschäftsmodelle für eine KI-Power-User-Nation

Orientierung bieten vier zentrale „AI for Business“-Archetypen aus der Sopra-Steria-Next-Studie. Sie eignen sich als eine Art Investitionskompass, um technologische Innovation in Anwendungen und Geschäftsmodelle zu verwandeln:

AI for Machines

GenAI-Modelle können eingesetzt werden, um Maschinen und ganze Produktionslinien intelligenter zu steuern. Der Einsatz von digitalen Zwillingen und das industrielle Metaverse schaffen völlig neue Möglichkeiten für die Optimierung von Produktionsprozessen. Damit können deutsche Maschinenbauer ihre Vorreiterrolle weiter ausbauen und ihre Kunden durch maßgeschneiderte digitale Services unterstützen. Ein neues Geschäftsmodell könnte beispielsweise darin bestehen, Predictive Maintenance nicht nur als Zusatzleistung, sondern als vollwertiges Abonnement-Modell anzubieten.

AI for Processes

Mit der Integration von Intelligent Process Automation (IPA) und GenAI in Geschäftsprozesse können Unternehmen repetitive, administrative Aufgaben weiter automatisieren und die Effizienz steigern. Ein Anwendungsbeispiel könnte die Automatisierung von Finanzabteilungen sein, bei der Rechnungen nicht nur digital verarbeitet, sondern durch GenAI automatisch validiert, kategorisiert und in Echtzeit verbucht werden. Dies eröffnet nicht nur Effizienzpotenziale, sondern auch neue Dienstleistungen, die deutschen Unternehmen helfen, ihre Expertise im Prozessmanagement weiter zu monetarisieren.

AI for Humans

Virtuelle Assistenten und Entscheidungshilfesysteme werden immer stärker genutzt, um die Zusammenarbeit von Menschen in komplexen Arbeitsumgebungen zu verbessern. Ein konkreter Use-Case könnte der Einsatz von KI im Wissensmanagement sein, um Ingenieure in der Automobilentwicklung bei der Identifikation von Materialeinsparungen zu unterstützen. Statt lediglich KI-Modelle zu entwickeln, liegt die Chance darin, diese KI-Lösungen als Plattform für Engineering-Services anzubieten.

AI for Software

GenAI kann den gesamten Entwicklungszyklus von Software – von der Anforderungsanalyse bis zum Rollout – beschleunigen und automatisieren. Ein weiteres Geschäftsmodell für deutsche Unternehmen könnte darin bestehen, spezialisierte „AI for DevOps“-Plattformen zu entwickeln, die bestehende IT-Landschaften modernisieren. Mit einem solchen Angebot könnten Unternehmen anderen IT-Organisationen helfen, ihre Entwicklungsprozesse zu automatisieren und die Produktivität zu steigern.

Deutschlands Weg zur KI-Nation: ein strategischer Imperativ

Eine nachhaltige Positionierung als KI-Power-User erfordert eine umfassende Strategie, die nicht nur die technologische Infrastruktur fördert, sondern auch ein starkes Ökosystem aufbaut. Das Ziel sollte sein, Konzerne und Startups stärker miteinander zu vernetzen, um Open-Innovation-Projekte zu fördern und die Kompetenzen beider Welten zu bündeln.

Sopra Steria Ventures ist hier bereits aktiv und unterstützt in Deutschland unter anderem im Heidelberger KI-Ökosystem die Vernetzung von etablierten Unternehmen mit aufstrebenden Startups. Gemeinsam werden in praxisnahen Umgebungen neue Anwendungsfälle entwickelt und getestet. Auch die Beteiligung am GovTech Campus Deutschland zeigt, wie wichtig es ist, verschiedene Akteure zusammenzubringen. Hier arbeiten wir mit dem öffentlichen Sektor zusammen, um KI-gestützte Lösungen für die Verwaltung der Zukunft zu entwickeln – etwa durch intelligente Dokumentenverarbeitung oder den Einsatz von virtuellen Assistenten zur Bürgerkommunikation.

Kooperationen sind ein wichtiger Faktor, um Deutschlands Position als Power-User im globalen KI-Wettbewerb zu festigen und gleichzeitig als Inkubator für neue Geschäftsmodelle zu fungieren.

Vom Anwender zum Innovationsführer – Deutschlands Chance als KI-Nation liegt im Power-User-Ansatz

Der Weg zur KI-Nation führt über den Aufbau eines starken Ökosystems zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, die auf der Nutzung von GenAI basieren. Unternehmen, die sich gezielt als Power-User positionieren und ihre Stärken in der industriellen Anwendung von Technologie ausspielen, werden die größten Wachstumschancen realisieren.

Deutschland kann sich so als globales Zentrum für angewandte KI etablieren – ein Ort, an dem Technologie nicht nur entwickelt, sondern in wertschöpfende Geschäftsmodelle transformiert wird.