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Anti-Financial Crime: traditionelle Compliance mit Fintech-Bedarf in Einklang bringen

, 19. März 2025

Fotocredit: Getty Images

Lesezeit: 6 Minuten

Anti-Financial Crime: traditionelle Compliance mit Fintech-Bedarf in Einklang bringen

Traditionelle Banken und Fintechs verfolgen im Bereich Anti-Financial Crime (AFC) unterschiedliche Ansätze bei ähnlichen Herausforderungen. Die klassischen Finanzinstitute setzen auf bewährte Prozesse und umfangreiche Compliance-Teams. Fintechs verlangen demgegenüber agile, technologiebasierte Ansätze. Daraus ergibt sich ein Spannungsfeld zwischen Regulierung und Innovation, das sich aber auflösen lässt.

Für Fintechs ist das Spannungsfeld zwischen technischen Neuerungen und bestehenden Compliance-Anforderungen nicht neu. Das zeigt ein Einblick in die unterschiedlichen Compliance-Organisationen. Innovative Technologien wie Blockchain, Kryptowährungen und Künstliche Intelligenz ermöglichen Fintechs zwar enorm viel Effizienz und neue Geschäftsmodelle, die bestehenden regulatorischen Rahmenbedingungen werden aber oftmals nicht ausreichend berücksichtigt.

Viele Fintechs argumentieren gerne, dass sie primär Technologieunternehmen sind und daher nicht den gleichen Regeln unterliegen sollten wie traditionelle Finanzinstitute. Für Aufsichtsbehörden sind außerdem die Definition und die Kategorisierung der technologischen Neuerungen innerhalb bestehender regulatorischer Rahmenwerke zentrale Probleme. Denn diese Zuordnungsdiskrepanz führt zu regulatorischen Grauzonen.


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Ein gutes Beispiel für das Spannungsfeld zwischen Compliance und Innovation bietet der regulatorische Rahmen von Kryptowährungen und Blockchain-Technologien. Finanztransaktionen werden einerseits effizienter und kostengünstiger durchgeführt, bringen andererseits aber neue Geldwäscherisiken mit sich. Die Regulierungsbehörden stehen vor der Herausforderung, ein Gleichgewicht zwischen der Förderung von Innovation und der Sicherstellung der Einhaltung von AML-Vorschriften (Anti-Money Laundering) zu finden. Künftig braucht es dynamische Regelwerke, die sowohl die Bedürfnisse der Fintechs als auch die Anforderungen der Regulierungsbehörden berücksichtigen.

Von strukturellen Problemen in den USA lernen

Ein Blick in die USA verdeutlicht den Handlungsbedarf: Viele Fintechs sehen sich dort, wie gesagt, nicht als Finanzdienstleister, sondern als Technologieunternehmen. Das führte sie zu einer strukturellen Loslösung von der Finanzindustrie mit der Folge, dass AML-Vorschriften seltener beachtet wurden, weshalb es zu mehreren Rechtsstreitigkeiten kam, die teilweise in horrenden Strafen für die Fintechs mündeten.

Der Gründer von Liberty Reserve wurde beispielsweise wegen massiver Verstöße gegen die AML-Gesetze verurteilt. Das Start-up Ripple Labs musste 2015 eine Strafe von 700.000 US-Dollar zahlen, weil es ebenfalls wiederholt gegen Bundes-AML-Vorschriften verstoßen hatte. 2023 wurde sogar eine Strafe von 4,3 Milliarden US-Dollar gegen die weltweit größte Kryptobörse Binance verhängt. Der Eigentümer muss zudem für vier Jahre ins Gefängnis, weil Verstöße gegen geltende Geldwäschegesetze bekannt wurden.

Europa möchte Compliance und Innovationen nicht gegeneinander ausspielen

In Deutschland liegt der Fokus darauf, sich als führender Standort für tokenisierte Finanzdienstleistungen zu etablieren. Dazu gehören die Integration von Technologien wie Blockchain und die Schaffung eines rechtlichen Rahmens für Euro-Stablecoins. Die Aufsichtsbehörden betonen dabei, dass eine wirksame und benutzerfreundliche Regulierung notwendig sei. Nur so ließen sich Innovationen fördern und gleichzeitig die Sicherheit und Integrität des Finanzsystems gewährleisten.

Dafür wurde 2023 die EU-Verordnung über Märkte für Kryptowerte (MiCA) eingeführt. Sie schafft einen umfassenden regulatorischen Rahmen für den Sektor. Diese regulatorischen Maßnahmen sind entscheidend, um das Vertrauen der Verbraucher und der Investoren zu stärken und gleichzeitig die Innovationskraft der Fintech-Branche nicht zu bremsen. Wer den Kryptomarkt fördern möchte, braucht Fintechs und ihre Innovationen.

Anti-Financial Crime und Tech müssen zusammenrücken

Die skizzierten Probleme in den USA und die Regulierung des Geschäfts mit Kryptowährungen in Europa verdeutlichen, wie wichtig es in einer Tech-basierten Finanzwirtschaft ist, innovative Technologien mit bestehenden regulatorischen Anforderungen in Einklang zu bringen.

Es gilt, zwei Welten auszubalancieren. Traditionelle Banken haben oft umfangreiche Compliance-Teams und etablierte Prozesse zur Einhaltung der AML-Vorschriften. Fintechs hingegen setzen auf technologische Lösungen wie Künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen, um verdächtige Aktivitäten schneller und präziser zu erkennen. Die Tech-Ansätze bieten zwar erhebliche Vorteile, bringen hinsichtlich der Genauigkeit und der Zuverlässigkeit der Algorithmen aber auch neue Herausforderungen mit sich.

Ein möglicher Balance-Regler sind Regtech-Anwendungen. Sie ermöglichen Compliance-Prozesse auf Basis neuster Technologien. Sie haben das Potenzial, die Compliance-Kosten zu senken und die Effizienz zu steigern – Compliance durch die Fintech-Brille entwickelt sozusagen. Regtech-Lösungen nutzen fortschrittliche Datenanalyse, Blockchain und Automatisierung, um Compliance-Prozesse zu verbessern und gleichzeitig die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften sicherzustellen.

Von Regtechs könnten klassische Finanzinstitute und Fintechs gleichermaßen profitieren. Banken und Sparkassen könnten ihre gewachsenen Anti-Financial-Crime-Strukturen deutlich effizienter gestalten und Fintech-Innovationen könnten trotz Regulierung durchstarten. Vorausgesetzt, es gibt adäquate Kontrollmechanismen, die sicherstellen, dass Regtech-Anwendungen nicht missbraucht werden.


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Internationale Zusammenarbeit und Regulierungsinitiativen

Die Implementierung von Tech-Lösungen in der bestehenden Compliance-Welt ist wichtig. Darüber hinaus bedarf es aber auch verstärkter internationaler Zusammenarbeit. Fintechs sind physisch, sozial, monetär und damit auch regulatorisch weniger stark in lokale Strukturen eingebunden und operieren agiler über Rechtsräume hinweg. Organisationen wie die Financial Action Task Force (FATF) setzen deshalb mittlerweile globale Standards und sprechen Empfehlungen aus, die von den Mitgliedsländern umgesetzt werden müssen. Diese Standards umfassen beispielsweise auch den Umgang mit virtuellen Vermögenswerten und die Anforderungen an Kryptowährungsdienstleister.

Ein Beispiel für erfolgreiche internationale Zusammenarbeit ist die Einführung des EU-Anti-Geldwäsche-Pakets (Regulation (EU) 2023/1113). Dieses Paket enthält eine umfassende Überarbeitung der bestehenden Richtlinien, vor allem bezogen auf Kryptowährungen, und zielt darauf ab, Finanzkriminalität in Europa effektiver zu bekämpfen. Es bietet Unternehmen die Möglichkeit, führend in der Prävention von Finanzkriminalität zu sein und gleichzeitig Innovationspotenziale zu nutzen.

Ein zweites Beispiel ist die Entwicklung gemeinsamer Regulierungsstandards für Kryptowährungen und Blockchain-Technologien. Diese Standards sollen sicherstellen, dass Fintechs weltweit unter ähnlichen Bedingungen operieren können. Das fördert den globalen Wettbewerb und erleichtert gleichzeitig die Einhaltung von AML-Vorschriften. Durch die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Ländern und Regulierungsbehörden können Best Practices ausgetauscht und gemeinsame Lösungen für die Herausforderungen der Finanzkriminalität entwickelt werden.

Fazit: Anti-Financial Crime geht auch Fintech-freundlich

Die Balance zwischen den traditionellen Anti-Financial-Crime-Ansätzen und den Bedürfnissen der Fintechs erfordert eine flexible und innovative regulatorische Herangehensweise. Während traditionelle Banken auf bewährte Methoden setzen, müssen Fintechs Wege finden, ihre innovativen Technologien in Einklang mit den regulatorischen Anforderungen zu bringen. Dabei können die Compliance-Organisationen der Banken auch von den technologischen Neuerungen profitieren, wenn die Möglichkeit besteht, diese Lösungen aufsichtskonform zu nutzen. Die Zukunft liegt somit in der Schaffung eines harmonisierten regulatorischen Rahmens, der sowohl Innovation als auch Sicherheit fördert.

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